Pliening:Saite an Saite

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Ingrid Westermeier, Gitarre, und Rudi Zapf, Hackbrett, treten seit 35 Jahren gemeinsam auf. Die Schaffenskraft des Duos scheint unerschöpflich: Am Sonntag präsentiert es seine fünfte CD

Von Anja Blum, Pliening

Lange Beziehungen haben viele Feinde. Den tristen Alltag, Missverständnisse, unerfüllte Wünsche, Untreue und offene Zahnpastatuben. Ingrid Westermeier, Gitarre, und Rudi Zapf, Hackbrett, sind bereits seit 35 Jahren ein Paar, allerdings nur auf und hinter der Bühne. Dass sie Bett und Tisch nicht teilen, weiß jedoch so mancher Fan gar nicht. "Erst letztens wurde ich wieder mal gefragt, seit wann wir verheiratet sind", erzählt Westermeier in Zapfs guter Stube und lacht.

Wer den Müll rausbringt, darüber streiten die beiden also nicht. Aber über Tempi zum Beispiel. Ist die Milonga schneller als der Tango oder nicht? Und auch das Repertoire oder ein Tourneeplan bieten durchaus Reibungsfläche im kreativen Miteinander. Welches Lied darf rein, welches fliegt raus? Wie viele Konzerte sind in wie vielen Tagen machbar? Insofern ist es durchaus eine Leistung, wenn zwei Künstler es 35 Jahre Saite an Saite aushalten.

Auf der Bühne wird "Hochzeitstag" gefeiert

Das sehen auch Zapf und Westermeier so. "Meiner Erfahrung nach sind sieben Jahre eine magische Grenze", sagt er, schon oft habe er sich nach dieser Zeit von Bühnenpartnern trennen müssen, weil es musikalisch oder menschlich nicht mehr gepasst habe. In manchen Fällen sogar beides. Und ihr ging es genauso. Umso größer ist also nun die Freude des Duos über seine Leinen-Hochzeit, die es am Sonntag, 30. Juli, mit einem Konzert im Ottersberger Kulturstadl, Zapfs Refugium, feiert. Mit der Präsentation einer neuen CD, Nummer fünf, beweisen die beiden Instrumentalisten dabei, dass ihrer Verbindung immer noch viel Schaffenskraft innewohnt - und dass sie es geschafft haben, sich gemeinsam weiterzuentwickeln: Nach "From Ireland to Spain" (CD aus dem Jahr 2007) haben sie sich erneut auf die Reise gemacht, nämlich "Von Europa nach Südamerika".

Obwohl beide Studenten des Richard-Strauß-Konservatoriums sind, haben sich Zapf und Westermeier erst Anfang der 80-er im Münchner Robinson kennengelernt, einer legendären Kleinkunstbühne. "Da habe ich Ingrid gehört", erinnert sich Zapf - und es klingt wie der Anfang einer großen Liebe: "Aber erst nach zwei Bier habe ich mich getraut, sie zu anzusprechen." Ob sie Lust habe auf ein Duo? Mit einem Hackbrettspieler? Das war damals noch eine unerhörte Kombination, doch gerade das reizte Westermeier. "Meine Kollegen haben alle gelästert, aber ich fand diese exotische Verbindung sehr spannend." Also ließ die Gitarristin sich auf das Experiment ein - auf Zapf, sein Hackbrett und seine Lust am virtuosen Spiel. Die ersten Proben fanden bald statt, in Westermeiers Küche. "Das Schlafzimmer wäre mir lieber gewesen", sagt Zapf - "das war größer."

Die beiden haben schon alles gespielt - außer Volksmusik

Am Anfang waren die beiden "ein klassisches Duo mit lustigen Zugaben", das sich mit Bartók, Grieg und Chick Corea durch die Jahrhunderte spielte. Im Lauf der Zeit jedoch wurde das Experimentieren mit Musik aus aller Welt immer wichtiger, die Klassik verblasste. Mit der vierten CD kamen sie dann ganz in Südamerika an, bespielten schwungvoll Argentinien, Brasilien und Paraguay, Zapf begann zu improvisieren. Nur ein Territorium hat das Duo - trotz des passenden Instrumentariums - nie betreten: das der Volksmusik.

"Es ist einfach toll, wenn man musikalisch so gleich schwingt", schwärmt Zapf. "Wir beide haben so viele schöne Momente, gerade bei den leisen Tönen - das kann man nicht lernen, das muss man fühlen". Und auch mit Meinungsverschiedenheiten können die beiden umgehen: "Rudi hat zwar das Sagen, aber wenn mir was nicht passt, tue ich das durchaus kund", so Westermeier, die mittlerweile in Neubiberg lebt. Und dann werde an einem Kompromiss gearbeitet. Ihre Stimmen arrangieren die beiden aber ohnehin jeweils selbst.

Ein Geheimnis des Saitenduos könnte auch sein, dass Untreue keine Rolle spielt: Sowohl Zapf, 59 Jahre alt, als auch Westermeier, die ein bisschen älter ist, haben in den vergangenen Jahrzehnten mit vielen Musikern gespielt und diverse Ensembles gegründet. Doch Eifersucht war dabei nie im Spiel, ganz im Gegenteil: "Es hat unsere Arbeit immer wieder bereichert, wenn einer von uns aus anderen Projekten Ideen oder Stücke eingebracht hat", sagt Zapf.

Wie lange ihre Bühnenehe noch halten wird, wissen Zapf und Westermeier freilich nicht, doch die Marschrichtung ist klar: bis dass der Tod uns scheidet. "Und wenn es schon vorher nicht mehr gehen sollte, hoffe ich, dass du mir das sagst."

Zapf und Westermeier spielen am Sonntag, 30. Juli, im Ottersberger Kulturstadl. Mit Bewirtung geöffnet von 18.30 Uhr an, Beginn um 20.15 Uhr. Karten gibt es beim Buchladen Poing im City Center.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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