Pliening:Lauter Hörenswürdigkeiten

Pliening: Rudi Zapf, Hackbrettspieler sowie Betreiber des Ottersberger Kulturstadls, und die Gitarristin Ingrid Westermeier stehen seit 35 Jahren gemeinsam auf der Bühne. Doch werden sie nicht müde, musikalische Schätze zu heben und sie dann virtuos zu präsentieren.

Rudi Zapf, Hackbrettspieler sowie Betreiber des Ottersberger Kulturstadls, und die Gitarristin Ingrid Westermeier stehen seit 35 Jahren gemeinsam auf der Bühne. Doch werden sie nicht müde, musikalische Schätze zu heben und sie dann virtuos zu präsentieren.

(Foto: Christian Endt)

Rudi Zapf am Hackbrett und Ingrid Westermeier an der Gitarre begeistern im Ottersberger Kulturstadl mit einer Klangreise um den Globus und durch die Epochen

Von Rita Baedeker, Pliening

Als erfahrene Guides einer Klangreise, die von Europa nach Südamerika und im Zickzackkurs einmal um den Erdball führt, haben sich Rudi Zapf und Ingrid Westermeier einmal mehr empfohlen: Der Hackbrettvirtuose und die Gitarristin haben am Sonntag im Ottersberger Kulturstadl ihre 35 Jahre währende Bühnen-Partnerschaft gefeiert - und ihre fünfte gemeinsame CD vorgestellt.

Die Reiseroute, die zu zahlreichen "Hörenswürdigkeiten" führt, könnte umwegiger nicht sein, aber schließlich ist die Fantasie ein Verkehrsmittel, das keine Entfernung scheut und für das man weder Zeit, noch Tickets oder gar Reservierungen benötigt. Ein Stadl aus Holz, ein paar Sitzkissen, eine Bühne und Instrumente wie Hackbrett, Gitarre und Vibrandoneon genügen.

Über dem Selmerhof tobt ein heftiges Gewitter, Regen prasselt auf den soliden Holzbau, Donnerschläge krachen aus schwarzem Gewölk. Zunächst geht es passenderweise nach Irland, wo es ja auch häufig regnet. Besonders die Traditionals des blinden irischen Komponisten und Harfenisten Turlough O'Carolan (1670 bis 1738), der als Barde an reichen Höfen aufspielte, gehen unmittelbar in Herz und Ohr. Man möchte die Melodien sogleich mitsummen oder dazu tanzen, so wie Zapfs Schlägel auf den Saiten des Hackbretts.

Der große Sprung nach Südamerika, etwa zu dem Lied "Amando sobre o mar", ein Liebeslied an das Meer des brasilianischen Komponisten Zequinha de Abreu, entführt in eine andere Welt. Tropische Temperaturen im Stadl, Nachtfalter, die sich lichttrunken in Scheinwerfer stürzen, lassen das Bild der grünen Insel verblassen. Umso mehr, als jetzt die Musiker Tempo aufnehmen. Bei einem Zwischenstopp in Sankt Petersburg und bei einer "Zigeunermusik", Zapf spricht aus Gründen politischer Korrektheit von "mobiler Gesellschaftsreise", vollführt er artistische Kunststücke auf seinem Hackbrett, dem er unglaubliche Kapriolen zu entlocken vermag, perkussive Schläge im Stakkato, Flüstern, Streicheln, Seufzen und Singen. "Wirkungsvoll, aber halb so wild", sagt er nach dem tosenden Beifall, der nun aufbrandet. Der Zickzackkurs, Zeitreise inbegriffen, führt nun in das Spanien der Renaissance zur "Fantasia X" von Alonso Mudarra, Kapellmeister an der Kathedrale von Sevilla, dann nach Finnland, aus dem Zapf und Westermeier einen Schmetterlingswalzer mitgebracht haben.

Hörenswert auch die Geschichten zu den Liedern. So kann Westermeier etwa von einer denkwürdigen Irlandreise erzählen: Man wollte zu einer Insel übersetzen, doch die beiden am Hafen wartenden Skipper seien betrunken gewesen und hätten sich um die Passage geschlagen. Dann sei auch noch die Polizei erschienen und habe sich an der Rauferei beteiligt. Die Insel habe man aber doch noch erreicht - und dort ein wunderschönes Lied entdeckt. Die Mühen der Überfahrt und die blauen Flecken der Skipper haben sich also gelohnt.

Auch aus Italien hat die Gitarristin Stücke mitgebracht, "Canzoni della Strada". "Dort haben dir die Italiener hinterher gepfiffen, und du hast die Melodien gleich aufgeschrieben", frotzelt Zapf seine Partnerin. Eher wehmütig klingt das zu Herzen gehende Liebeslied aus Spanien, bei dem Zapf sein melodisches Vibrandoneon zum Einsatz bringt. Damit nun keine Traurigkeit aufkommt, folgt gleich darauf der von Zapf "Nokiawalzer" genannte "Grand Valse" von Francisco Tarrega, ebenfalls aus Spanien. Der Großteil der Handybesitzer im Stadl lacht an der richtigen Stelle.

Die hohe Kunst der spanischen Gitarre mit perlendem Klang und rasantem Tempo demonstriert Westermeier bei einem der Lieblingsstücke des Duos: "Malageña"; auch perkussive Passagen sowie filigrane Akkorde verschmelzen wie von Zauberhand mit den Klängen des Hackbretts. So geht es hin und her, in alle vier Winde. Ob argentinische Milonga, ob Choro oder Samba, die Musiker steigern sich zu einer Sinfonie der Klangfarben und Rhythmen. Und schenken dem Publikum ein kleines Universum neu entdeckter Schätze. Etwa das romantische Lied "Der weiße Mond" der brasilianischen Komponistin Chiquinha Gonzaga oder ein japanisches Meditationsstück, das nach der Raserei auf Hackbrett und Gitarre beruhigend wirkt.

Bei brasilianischen Titeln besorgt sich Zapf, wie er lachend erzählt, die Übersetzung jeweils von seiner Friseurin, einer Brasilianerin. Bei einem Stück zweifele er allerdings an der Sinnhaftigkeit ihrer Version, die da lautet: "Die Küken sind nicht im Hof". Trotzdem macht er das Piepsen der kleinen Vögel mit einer Serie zweier hoher Töne hörbar. Auch auf Wetterhexerei scheint Zapf sich übrigens zu verstehen. Kriegt er es doch mittels einer klangzauberischen Melodie zum, wie er sagt, wiederholten Mal hin, dass der Regen aufhört. In diesem Fall: pünktlich zur Pause.

Rudi Zapf & Ingrid Westermeier: CD "Von Europa nach Südamerika", zu beziehen unter www.rudi-zapf.de

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