Pflege:Gut betreut

Vorstellung der Tagespflege

Das neue Angebot stellten vor: Geschäftsführer Oliver Westphalen (links), angehende Leiterin Marion Reger (2.v.l.), Vorsitzender Franz Pfluger (rechts)

(Foto: oh)

Die Nachbarschaftshilfe für Vaterstetten, Zorneding und Grasbrunn errichtet eine Tagespflege mit 20 Plätzen in Baldham. Das gelingt mit finanzieller Unterstützung von drei Stiftungen

Von Viktoria Spinrad , Vaterstetten

Mit Blick auf die Demografie könnte man sagen: Es ist ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und doch sind die 20 neuen Plätze für Senioren-Tagespflege, die die Nachbarschaftshilfe der Gemeinden Baldham, Zorneding und Grasbrunn vom kommenden Jahr an anbieten will, im landkreisweiten Vergleich bemerkenswert: Denn mit der Tagespflege des gemeinnützigen Vereins werden aus 30 Plätzen im Landkreis immerhin 50 Möglichkeiten für betreute Gastaufenthalte am Tag.

Aufenthalte, für die die ehemalige Caritas-Pflegeschule in Baldham jetzt für mindestens 350 000 Euro umgebaut wird. "Bekommen wir das eigentlich hin? Oder wird uns das an den Rand des Ruins treiben?", habe man sich bei der Nachbarschaftshilfe zunächst gefragt, so Oliver Westphalen, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins, bei der Vorstellung des Projekts am Montag. Dann aber passierte das, was Franz Pfluger, Zornedings Altbürgermeister und Vorsitzender des Vereins, anschließend als "einen großen Glücksfall" bezeichnete: Gleich drei Stiftungen sprangen dem Verein zur Seite - die "Clarissa und Michael Käfer-Stiftung" mit 100 000 Euro, die Truma-Stiftung mit 100 000 Euro und die "August und Babette Simader-Stiftung" mit 50 000 Euro. Von einer Privatspende kamen noch 40 000 hinzu - insgesamt also 290 000 Euro, die der Verein mit 100 000 Euro Eigenkapital aufstockt.

Viel Geld, mit dem in den noch sehr schulischen Räumlichkeiten jetzt "Ambiente geschaffen werden soll", wie es Westphalen ausdrückte. Atmosphäre erzeugen soll der große barrierefreie Garten. Und ein Laden im Eingangsbereich, der nach dem Münchner Viktualienmarkt gestaltet werden soll - inklusive Sitzgelegenheiten und einem Kopfsteinpflaster-Teppich. "Dort kann man dann schön auf die Vergangenheit zurückblicken", so Westphalen.

Bis dahin stehen noch viele Rückbauarbeiten an. "Durchbrüche, Sanitäranlagen, Pflegebad, Ruhebereich, neue Böden, gedämpfte Decken", zählte die zukünftige Leiterin Marion Reger die To-do-Liste bis zum Jahreswechsel auf. Von den Büros sollen auch andere Tätigkeitsfelder der Nachbarschaftshilfe profitieren: In das Gebäude an der Brunnenstraße soll auch die Verwaltung der Tafel und des "Essen auf Rändern" einziehen.

"Da steht man vor einem Thema, wo man nicht mehr weiter weiß", schilderte Clarissa Käfer ihre eigene Erfahrung als Schwiegertochter einer pflegebedürftigen Seniorin und sprach damit ein Thema an, das die angehende Leiterin Reger mehrmals betonte: die Situation der Angehörigen. "Wir wollen auch die Angehörigen einbinden", sagte sie und kündigte Vorträge, Kaffeenachmittage und Gesprächskreise für die an, die man mit der Einrichtung auch vor einer "dauerhaften Überforderung" bewahren wolle. Um Angehörigen mehr Zeit für sich freizuschaufeln, sollen sich die Pforten sporadisch auch außerhalb der regulären Betreuungszeiten (8 bis 17 Uhr) öffnen. "Ich denke zum Beispiel auch an offene Oktoberfest-Samstage", sagte Reger. Da viele Angehörige pflegebedürftiger Senioren gar nicht wüssten, dass Krankenkassen auch die Kosten für eine Tagespflege übernehmen, will sie Angehörige auch dahingehend beraten. Seit Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes zum Jahresbeginn gibt es fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen; beispielsweise beläuft sich der Freibetrag für die Tagespflege eines Senioren mit Pflegegrad III auf 1 298 Euro.

"Wir haben mit allen Mitteln gekämpft", berichtete Altbürgermeister Pfluger von der schwierigen Suche nach einer ebenerdigen Räumlichkeit. Denn: Die Caritas, jetzt Vermieter des Gebäudes und Betreiber des benachbarten Altenheims, habe in ihren alten Schulungsräumen selber eine Tagespflege errichten wollen. Wie man es geschafft habe, den Wohlfahrtsverband anderweitig zu überzeugen? Knapp hinter dem Eingangsschild, das die neue Tagespflege mit einem Bild sportelnder Seniorinnen ankündigt, blieb er stehen und erinnerte sich: "Ich hab denen gesagt: Wir sind näher bei den Leuten." Einen guten Ruf im Landkreis sieht auch Reger als Grund dafür, wieso man - eigentlich eher untypisch im Pflegebereich - jetzt "Personalanfragen ohne Ende" bekomme. Drei Fachkräfte wollen ihre Stunden aufstocken, dazu kommen etwa vier neue Betreuungskräfte und drei bis vier neue Pflegehelfer. Mit denen sollen die Senioren dann Singen, Spielen, Gärtnern, Gymnastik machen und Ausflüge unternehmen. Ein statistischer Tropfen auf den heißen Stein, für die einzelnen Senioren und Angehörigen dann wohl ein Mehr an neugewonnener Lebensqualität.

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