Offener Brief an den Bürgermeister:Um die Ecke gehängt

Münchner Künstlerpaar beklagt sich über Hängung bei Jahresausstellung des Ebersberger Kunstvereins.

Rita Baedeker

Ebersberg Wer, wenn auch schweren Herzens, einem Kompromiss zustimmt, nur um sich dann öffentlich und mit teils beleidigenden Worten über das gemeinsam gefundene Ergebnis zu beschweren, handelt, vorsichtig ausgedrückt, unfair. So geschehen drei Tage vor Eröffnung der Jahresausstellung des Kunstvereins Ebersberg. Zu dieser bayernweit ausgeschriebenen Ausstellung hatte auch das renommierte Künstlerpaar Barbara Trommeter und Georg Szabó vom Studio 04 in der Münchner Domagkstraße eine Arbeit eingereicht: "München 72. Das Attentat", eine Serie von neun Fotografien, auf denen die Schauplätze des terroristischen Anschlags bei den Olympischen Spielen vor vierzig Jahren zu sehen sind.

Der zur Ausstellung "Olympia und Kunst 1972 bis 2012" erstmals gezeigte Zyklus wurde von einer Jury professioneller Künstler für die Ebersberger Schau angenommen, musste aber aus Platzgründen um vier Bilder "gekürzt" werden, womit Trommeter und Szabó eigenen Worten zufolge einverstanden waren. Nun aber haben sie in einem offenen Brief an Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer schweres Geschütz gegen den Kunstverein, dessen Vorsitzende Karin Dohrmann und die Jury aufgefahren. Nicht der knappe Platz sei der Grund für ihre Verärgerung, schreiben sie. "Vielmehr beschämt uns, wie in der diesjährigen Ausstellung und bei diesem bayernweit ausgelobten Preis mit Kunst und geschichtlichem Inhalt verfahren wurde." Nur noch im "oberen Kämmerchen zwischen Chiffonvorhängen und halb unter der Dachbodentreppe" habe man ihnen ein Plätzchen eingeräumt, und das auch noch über Eck. So werde die fotografische Reihe, die einen zeitlichen Ablauf darstelle, bis zur Unkenntlichkeit zerrissen. "Kann sich Ebersberg das leisten?", fragen die Künstler. Bürgermeister Walter Brilmayer möchte zu dem Brief nicht Stellung nehmen. "Wir von der Stadt mischen uns nicht in die Angelegenheiten des Kunstvereins ein", sagte er der SZ. "Der Verein hat unser volles Vertrauen." Die Frage, warum Trommeter und Szabó unter diesen Umständen nicht auf eine Präsentation ihres Werks verzichtet haben, beantworten sie selbst. "Wir haben unsere Arbeit nicht zurückgezogen, da wir der Meinung sind, Besucher und Presse können bei der Vernissage selbst sehen, wie hier mit Kunst und Inhalt verfahren wurde."

Die unabhängige Jury von professionellen Künstlern, in deren Hand die Verantwortung für die Ausstellung liege, habe "die gewichtige Aufgabe, aus den 282 Werken, die eingereicht wurden, die künstlerisch hochwertigsten Arbeiten auszuwählen und für unsere zugegeben räumlich anspruchsvolle Ausstellungsarchitektur ein Konzept zu erstellen", erklärt Karin Dohrmann zu dem Brief. Schwierig sei dabei auch die Fotoserie "Das Attentat" gewesen. Auch fünfteilig brauche sie eine fünf Meter lange Wand. Daher habe sich die Jury nach langer Diskussion für eine "architektonische Lösung" entschieden. Der Knick um die Ecke erzeuge eine optische Zäsur - eine Gliederung von Außen- und Innenaufnahmen. "Dass nun der von der Jury gewählte Standort, an dem die Künstler selbst ihre Werke ohne Diskussion um die Lesbarkeit gehängt haben, die Kompetenz der Jury und meine eigene kurz vor der Eröffnung in Frage stellt, drängt einem schon den Eindruck gezielter Öffentlichkeitsarbeit nach dem Motto "bad news are good news" auf", sagt Dohrmann.

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