Öko-Anbau:Erbsen pulen, Kürbis ernten

Sonnenäcker 20 Jahre EBE Land

In den Salat: die Gurke, die Norbert Wiefarn auf seinem Ebersberger Sonnenacker gezogen hat. Mit ihm freut sich: Sabine Grimm, die die Parzellen für die Solidargemeinschaft "Ebersberger Land" betreut.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit 20 Jahren gibt es die Solidargemeinschaft "Ebersberger Land". Zu den beliebtesten Projekten gehören die Sonnenäcker, auf denen Hobbygärtner Gemüse selber ziehen

Von Jessica Schober

Ebersberg - Eine Zucchini groß wie ein Unterschenkel, so etwas gibt es im Supermarkt wohl eher selten zu sehen. Norbert Wiefarn hat erst kürzlich so eine geerntet, auf seiner kleinen Anbauparzelle auf dem Ebersberger Sonnenacker. Dort bewirtschaftet er einen von 13 sogenannten Bifängen, kleine landwirtschaftliche Nutzflächen, auf denen er sein eigenes Gemüse anbaut. "Ich wohne im zweiten Stock, da habe ich Zuhause keine Chance, selber etwas anzupflanzen", sagt der 69-jährige Ebersberger, der vergangenes Jahr mit dem Garteln begonnen hat. Nun gedeihen Erbsen, Kartoffeln, Karotten, Gurken, Lauch, Petersilie und eben Zucchinis auf einer Fläche von 50 Quadratmetern hinter der evangelischen Kirche. Ein kleines Holzschild mit seinem Namen markiert Wiefarns persönlichen Sonnenacker, der ihm inzwischen den Gang durch das Gemüseregal im Supermarkt erspart. Bloß die Riesen-Zucchini neulich hat er lieber nicht verzehrt, denn Wiefarn weiß inzwischen: "Die kleineren Zucchini schmecken am besten."

Mit dem Angebot der Sonnenäcker hat die Solidargemeinschaft "Ebersberger Land" 2004 eines ihrer Erfolgsprojekte gestartet. Die Flächen für Hobbygärtner und Amateurlandwirte sind begehrt, jedes Jahr im Januar können sich Interessierte bei der Sonnenacker-Beauftragten Sabine Grimm melden. Die Parzellen werden von einem Landwirt gepachtet und Anfang April "sähfertig" übergeben. Die Sonnenackergärtner müssen dann nur noch sähen, hacken und ernten. "Das Beikraut zu jäten macht schon Arbeit", sagt Grimm, "man muss halt dranbleiben". Dafür schmecke Selbstangebautes aber unvergleichlich, sagt Wiefarn. Wer einmal selbstgesähte Erbsen frisch am Feld aus der Schote gepult habe, der wolle wohl kaum wieder Tiefkühlkost essen, stimmt Grimm zu.

Das Projekt ist neben Kinderkochkursen, Imkerexkursionen und Backstubenbesuchen eine von vielen Initiativen, mit denen die Solidargemeinschaft ein neues Bewusstsein für Lebensmittelanbau schaffen will. Seit 20 Jahren gibt es diese Solidargemeinschaft nun im Ebersberger Land, Flächen zur Anmietung für Sonnenäcker stehen in Glonn, Lindach, Zorneding und der Kreisstadt zur Verfügung. "Es wäre toll, wenn wir noch Felder in Kirchseeon anbieten könnten", sagt die Sonnenacker-Beauftragte Sabine Grimm. Es sei jedoch gar nicht so leicht Landwirte zu finden, die dafür Flächen verpachten würden, weil Ackerböden hier so kostbar seien. Dabei sei die Nachfrage groß.

"Die Bevölkerung legt inzwischen viel mehr Wert darauf, dass Nahrungsmittel ohne Gentechnik und Zusatzstoffe auskommen und die Landwirte faire Preise bekommen. Da hat sich einiges getan in den vergangenen 20 Jahren", erzählt Luise Braun, die Vorsitzende der Solidargemeinschaft. Auch Unverträglichkeiten brächten viele Menschen dazu, sich für regionale Produkte zu interessieren. Das Ziel des Netzwerkes "Unser Land" sei daher schon von Beginn an, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Vom Natursauerteigbrot aus regionalem Weizen bis hin zum Apfelsaft von der Streuobstwiese. Wenn ein Landwirtschaftsbetrieb das "Unser Land"-Siegel im Namen führe, dürfe zum Beispiel für Legehennen nur Futter aus dem Netzwerkgebiet verwendet werden. Deshalb bauten viele Landwirte nun Soja an, um ihre Legehennen damit zu füttern, berichtet Braun.

Vor dem Sonnenblumenfeld am Ebersberger Acker prüft Norbert Wiefarn gerade noch mal die stattliche Größe seiner Gurken. Auch bei Regenwetter schaut er auf seinem Sonnenacker vorbei, drei Mal in der Woche ist er hier, inzwischen kennt er auch seine Parzellennachbarn ganz gut. Neben Familien und Privatpersonen haben auch eine Spielgruppe und eine Heilpädagogische Tagesstätte Flächen übernommen. Ein Bifang von 50 Quadratmetern Größe kann für 45 Euro im Jahr gemietet werden. Die einzige Vorgabe beim Anbau lautet: Keine mineralischen Dünger und keine chemischen Pflanzenschutzmittel. Darauf verzichtet Wiefarn gern und sammelt die Kartoffelkäferlarven von Hand von den Pflanzen. Bloß bei einem Arbeitsschritt ist der Selbstversorger nicht ganz autark: Bevor er später im Jahr Kürbisse erntet, muss er seiner elfjährigen Enkelin Bescheid sagen. "Sie will unbedingt dabei sein und dann selber eine Kürbissuppe kochen", erzählt Wiefarn. Die Solidargemeinschaft "Ebersberger Land" feiert ihr 20-jähriges Bestehen am Freitag, 13. Juli, auf dem Zehmerhof in Gelting. Ab 17 Uhr werden bei freiem Eintritt Betriebsführungen angeboten, die einen Einblick in den Landwirtschaftskreislauf vom Futtermittelanbau bis zum Hühnerei geben sollen. Ab 19 Uhr ist ein regionales Schmankerlbuffett mit bayrischer Musikbegleitung angekündigt.

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