Oberpframmern:"Viele Kinder wissen nicht mehr, was ein Butterbrot ist"

Oberpframmern: Barbara Kronester: Ebersbergs neue Kreisbäuerin.

Barbara Kronester: Ebersbergs neue Kreisbäuerin.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Barbara Kronester aus Oberpframmern ist Ebersbergs neue Kreisbäuerin. Trotz ihrer langen Arbeitstage will sie dazu beitragen, dass die Menschen wieder einen Bezug zur Landwirtschaft bekommen.

Von Johanna Feckl, Oberpframmern

Barbara Kronester kennt dreijährige Kinder, die nicht mit einem Löffel umgehen können. Manch ein Sechsjähriger wisse nicht einmal, wie man sich ein Butterbrot schmiert. "Viele Kinder kennen solche Sachen gar nicht mehr, weil man immer öfter auf Fertigprodukte zurückgreift", sagt Kronester.

Vergangene Woche wurde die 53-Jährige einstimmig zur neuen Kreisbäuerin gewählt. In den vergangenen fünf Jahren war sie die Stellvertreterin der damaligen Kreisbäuerin Andrea Huber. Als nun Vorsitzende der Ebersberger Landfrauen möchte sie dafür sorgen, dass sich die Menschen mit Alltagsthemen wie Ernährung und Lebensmittelproduktion wieder mehr befassen.

"Es ist doch ein Stück Kulturgut, dass man weiß, welches Besteck man für welche Mahlzeit benutzt", sagt Kronester. Zudem ist sie sich sicher, dass viele Menschen, gerade aus den Ballungszentren der Großstädte, keine Ahnung mehr haben, was in landwirtschaftlichen Betrieben eigentlich passiert. Wenn Kinder nicht mehr lernen, dass eine Karotte im Boden wächst, von Landwirten geerntet und gesäubert werden muss, bevor sie in den Supermarktregalen landet, oder wie die Milch in die praktischen Tetrapack-Tüten kommt - "Was für eine Gesellschaft wächst dann da heran?", fragt Kronester.

Sie kennt die Antwort: eine Gesellschaft aus Verbrauchern, die die Zusammenhänge der globalen Produktion von Lebensmitteln und deren Vertrieb gar nicht mehr verstehen kann, wenn sogar solch kleine Dinge völlig fremd geworden sind. Durch diese Unkenntnis sei es für die Lebensmittelindustrie dann ein Leichtes, die Konsumenten gezielt zu steuern oder sogar zu manipulieren, zum Beispiel in der Preispolitik.

"Es geht um die Existenz der Bäuerinnen und Bauern"

Wenn die Menschen immer weniger regionale Produkte zu fairen Preisen kaufen, dann geht es für Bäuerinnen und Bauern um ihre Existenz. "Deshalb ist mir der Verbraucherdialog wichtig; dass die Menschen wissen, was wir auf unseren Höfen überhaupt tun", sagt Kronester. Denn einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, sei harte Arbeit.

Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt Kronester einen Milchviehbetrieb. Der älteste der drei erwachsenen Söhne wird den Hof mit rund 70 Milchkühen einmal übernehmen. Vor 27 Jahren heiratete die 53-Jährige in den Bauernhof ein. Sie wuchs selbst auf einem Milchviehhof auf und wusste daher sehr genau, auf welche Lebensweise sie sich da einließ.

"Man ist natürlich nicht so flexibel." Wenn Erntezeit ist, müsse ein abendliches Fest schon einmal ausfallen. Kronester erinnert sich auch an einen Heiligabend, als ihre drei Söhne noch klein waren. Weil eine Kuh kalbte, kam das Christkind in jenem Jahr eben ein paar Stunden später als üblich. "Die Tiere und die Ernte gehen auf einem Hof immer vor", sagt sie.

Kronesters Tag beginnt um sechs Uhr mit der Stallarbeit: Melken, füttern, ausmisten, Kälber versorgen, anschließend den Melkstand reinigen; alles zusammen mit ihrem Mann. Oft helfen auch die Söhne mit. Meistens dauert die Stallarbeit zweieinhalb Stunden. "Wenn wir viele Kälber haben, brauchen wir auch mal etwas länger", sagt die 53-Jährige. In einem durchschnittlichen Jahr kommen auf dem Hof der Kronesters 90 Kälber auf die Welt. Abends muss dieselbe Arbeit noch einmal getan werden. Wer dabei was für eine Aufgabe erledigt, kann die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin gar nicht so genau sagen. "Das geht bei uns alles Hand in Hand."

Außer der Stallarbeit wartet auf Kronester noch der Haushalt. "So ein Hofhaus ist natürlich größer als eine Mietwohnung. Da dauert auch das Saubermachen länger." Viel wichtiger ist der Landwirtin aber, dass sie einmal pro Tag eine frische warme Mahlzeit zubereitet und die Familie zum Essen zusammenkommt. Auch das kostet Zeit. Aber die nimmt sich Kronester gerne für ein gutes Familienleben und eine gesunde Ernährung.

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