Neue Ausstellung:Dionysos und die Dose

Manuel Preuhsler gerät in rauschhafte Zustände, wenn er seine Graffiti sprüht. Dem Glücksgefühl gibt er sich aber nicht ohne Selbstkritik hin. In der SZ-Galerie können Betrachter daran teilhaben

Von Rita Baedeker

Neue Ausstellung: Knalliges Pink, blitzende Sterne: "Love" ist der Titel dieses Graffitibildes von Manuel Preuhsler, der von Freitag an, dem Valentinstag, eine Auswahl seiner Werke in der SZ-Redaktion in Ebersberg zeigt.

Knalliges Pink, blitzende Sterne: "Love" ist der Titel dieses Graffitibildes von Manuel Preuhsler, der von Freitag an, dem Valentinstag, eine Auswahl seiner Werke in der SZ-Redaktion in Ebersberg zeigt.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Hätte der Wartburg aus DDR-Zeiten eine Zulassung - er wäre der Star auf den Straßen im Landkreis. Nicht, weil man in Eisenach so aufregende Flitzer gebaut hätte, sondern weil die Karosse des Veteranen über und über mit Graffiti besprüht ist. Manuel Preuhsler, 18, aus Forstinning hat dieses Auto, das einem Freund gehört, zu einem Kunstwerk gemacht. "Mir gefiel der Name: Wartburg, denn darin steckt das Wort 'art' - also Kunst."

Das Auto ist nicht die einzige Fläche, auf der sich Manuel alias "yoman 111" als Graffitikünstler verewigt. "Forstinnings Bürgermeister Arnold Schmidt hat mir fünf Garagenwände fürs Sprayen zur Verfügung gestellt", berichtet Manuel Preuhsler. Auch eine Bühnenwand durfte er gestalten - als Jahresarbeit für die Waldorf-Schule in Daglfing, die er besucht. Von Freitag an, 14. Februar, zeigt er in der SZ-Galerie in Ebersberg einige seiner Werke.

"Graffiti hat sich längst vom Underground zur angesehenen Museumskunst gewandelt", erklärt Manuel, der nur auf "legalen" Flächen arbeitet, weil er, wie er sagt, niemanden mit seiner Kunst "zwangsbeglücken" möchte und er das Eigentum anderer respektiere. Vor fünf Jahren hat er für sich dieses Medium entdeckt. Gemalt habe er, seit er den Kindergarten besucht hat. Auf Vermittlung des Kunsthandels Boesner und nach einem Telefonat seiner Mutter hat er den bereits arrivierten Salzburger Sprayer "Knarf1" getroffen. Der hat für den jungen Kollegen gleich mal eine Fläche geweißelt und ihm alles Handwerkliche beigebracht - von der Zeichnung und dem Sketch mit Bleistift und Marker bis zum Auftrag auf die Wand. Für die Grundlinien der Schrift nehme man Gelb, erklärt Manuel. Danach fülle man die Buchstaben mit den gewünschten Farben, male Effekte, Blocks und Bubbles oder andere Muster. Am Ende werden die gelben Außenlinien, die "Outlines", in Schwarz nachgezogen, manchmal ziehe man um die erste Außenlinie noch eine zweite, setze Schatten und schaffe weitere Muster und Effekte.

Die in der SZ-Galerie gezeigten Graffiti-Bilder wurden selbstverständlich nicht auf die Wand gesprüht, sondern auf einen Malgrund. In diesem Fall hat Manuel zuerst eine Bleistiftzeichnung gemacht, den Hintergrund gefüllt und die gewünschten Muster abgeklebt. Auf das Sprühen allein beschränkt Manuel sich indes nicht. Eines der Bilder, das den Titel "Somebody do Something" trägt, habe er bei Minusgraden gemacht. Der dabei entstandene Effekt: Die einzelnen Farbschichten vermischten sich. "Das dunkle Rot schluckte das helle Rot nicht ganz." Manchmal gibt er Farbe in den Deckel einer Farbdose und klatscht sie mit Schmackes auf die Leinwand - ein "modernes expressionistisches Experiment", wie er sagt. Ein weiteres Gemälde, "Universe", ist in einem komplett anderen Stil gemalt. Statt des kalligrafischen Motivs bedeckt ein Lichtnebel aus farbigen Punkten die dunkle Leinwand, man denkt an einen Sternenhaufen irgendwo in den galaktischen Weiten.

"Dionysisch" nennt Manuel Preuhsler den Zustand, in den er gerät, wenn er zur Dose greift. "Sprayen ist für mich vergleichbar mit Meditation. Die Ästhetik der Spraydose, die perfekt in meiner Hand zu liegen scheint, das klackernde Geräusch der Kugeln beim Schütteln, die harmonischen Bewegungen bein fließenden Farbauftrag, sogar der Geruch der Farbe, die Freiheit, eine leere weiße Fläche nach meiner Vorstellung füllen zu können, das ist für mich ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Zeit und Raum treten zurück. Ich bin eins mit meiner Zeichnung, meinem Piece", sagt Manuel. Dennoch neige er auch zur Selbstkritik. "Ein Bild gefällt mir einen Tag lang; am nächsten entdecke ich, was ich hätte besser machen können." Die Beschwörung von Dionysos, des griechischen Gottes des Weines, bedeute aber nicht, dass er sich an anderem als an Schönheit und Leidenschaft berausche, versichert Manuel. "Ein Bild will entstehen, ich lasse es entstehen."

Vernissage der Ausstellung von Graffitibildern in der SZ-Redaktion Ebersberg, Ulrichstraße 1, ist am Freitag, 14. Februar, um 18.30 Uhr. Die Ausstellung dauert bis 16. März, geöffnet Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Sonntag 11 bis 18 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: