Nachverdichtung:Breitenwachstum

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Die Landkreisbürger werden nicht nur immer mehr, sie brauchen auch immer mehr Fläche pro Person. Es gibt aber Anzeichen dafür, dass sich der Trend umkehrt, weil wieder mehr Mehrfamilienhäuser gebaut werden

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Landkreisbürger lieben es geräumig, dies legt eine neue Studie des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum nahe. Dabei wurden Daten des statistischen Landesamtes ausgewertet - mit dem Ergebnis: Nicht nur die Zahl der Ebersberger wächst stetig, jeder von ihnen verbraucht auch immer mehr Platz.

Im Jahr 1980 entfielen auf jeden Einwohner des Landkreises im Durchschnitt noch 310 Quadratmeter Siedlungs- und Verkehrsfläche. Zwei Jahrzehnte später waren es bereits 400 Quadratmeter, und im vorvergangenen Jahr, aus dem die aktuellsten Daten stammen, zählten die Statistiker stolze 411 Quadratmeter Straßen und Gebäude pro Landkreisbewohner. Dies ergibt einen Zuwachs von immerhin 43 Prozent in den vergangenen 35 Jahren - der in absoluten Zahlen noch deutlich größer ausfällt. Schließlich stieg ja auch die Einwohnerzahl von knapp 90 000 Anfang der 1980er auf mittlerweile 137 000 Ende 2015.

Interessant ist auch, wo dieser Zuwachs beim Flächenverbrauch herkommt. Die Statistiker haben nämlich ebenfalls untersucht, wie hoch der Anteil der Verkehrsfläche daran ist. Mit dem Ergebnis, dass dieser seit 1980 konsequent sinkt. Entfielen damals auf einen Ebersberger noch rund 124 Quadratmeter Straße, Schiene oder Gehsteig, waren es im Jahr 2000 nur noch 120 Quadratmeter - obwohl der Gesamtflächenverbrauch im gleichen Zeitraum um gut 13 Quadratmeter je Einwohner gestiegen ist. Dies entspricht einem Anteil der Verkehrsflächen an den für Siedlung und Verkehr genutzten Flächen von 34 Prozent, ein Wert, der in den vergangenen 15 Jahren nahezu konstant blieb. Zum Vergleich: 1980 lag der Verkehrsflächenanteil noch bei 40 Prozent.

Der Zuwachs beim Flächenverbrauch entfällt also zu einem großen Teil auf die sogenannte Siedlungsfläche. Was nun aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Wohnungen und Häuser der Ebersberger immer größer werden, auch Gewerbegebiete zählen als Siedlungsfläche - und diese wurden in den vergangenen Jahren immer mehr. Laut Statistik wuchs die Zahl der Gewerbebetriebe im Landkreis Ebersberg zwischen 2004 und 2014 um durchschnittlich fünf Prozent pro Jahr. In der gesamten Region München wurden alleine 2015 insgesamt 4500 mehr Firmen an- als abgemeldet.

Den Zahlen aus Ebersberg entsprechen auch die Daten zum Flächenverbrauch der meisten übrigen Landkreise rund um München, der Durchschnittswert liegt bei 378 Quadratmeter pro Einwohner: Spitzenreiter ist Erding, mit 608 Quadratmeter, dicht gefolgt von Starnberg, wo es 578 Quadratmeter sind. Interessant dabei ist, dass der Wert mit zunehmender Nähe zur Landeshauptstadt abnimmt. So liegt der Landkreis Dachau bei 411 Quadratmeter pro Bewohner, in Starnberg sind es 389 und in Fürstenfeldbruck 305 Quadratmeter. Ein Bewohner des Landkreises München verbraucht sogar im Schnitt nur 242 Quadratmeter, in der Landeshauptstadt selbst sind es gerade einmal 100. Dies dürfte an der zunehmenden Verdichtung liegen. Denn zwar ist im vergangenen Jahrzehnt sowohl in Stadt wie Landkreis München die Bevölkerung deutlich gestiegen - um gut 190 000 und um knapp 30 000 Neubürger - aber der Flächenverbrauch pro Einwohner sinkt. So kamen auf einen Bewohner des Landkreises München 2004 noch 261 Quadratmeter Straßen und Gebäude, in der Stadt waren es 117 Quadratmeter.

Auch im Landkreis gibt es Anzeichen dafür, dass in den kommenden Jahren mit zunehmender Nachverdichtung zu rechnen ist: So legt Ebersberg bei der Wohnfläche kräftig zu. Im vorvergangenen Jahr wurden insgesamt 729 neue Wohnungen fertiggestellt. Dies ist ein deutlicher Anstieg, laut Statistik entstanden zwischen 2005 und 2014 pro Jahr durchschnittlich 570 zusätzliche Wohnungen. Etwas gesunken ist dagegen die Zahl der Baugenehmigungen, von 602 im langjährigen Mittel auf 557 im Jahr 2015. Da aber gleichzeitig die Zahl der Wohnungen steigt, bedeutet dies, dass Bauherrn offenbar immer mehr Mehrfamilienhäuser oder Geschosswohnungsbau beantragen. Stand Ende 2015 gab es im Landkreis insgesamt 60 102 Wohnungen - was sowohl Einfamilienhäuser als auch Wohneinheiten in größeren Gebäuden wie auch Ferien-, Sommer- und Wochenendhäuser einschließt. Damit kommt rein rechnerisch eine Wohneinheit auf knapp zwei Ebersberger.

Die im übrigen gerne mal die Wohnung wechseln, wie die Statistiker herausfanden. Pro Jahr ziehen 14,8 Prozent der Bevölkerung entweder aus dem Landkreis fort, oder von außerhalb dorthin zu. Diese Fluktuation entspricht dem Durchschnitt in der Region, Spitzenreiter ist hier der Landkreis München mit 17,2 Prozent, am häuslichsten sind offenbar die Erdinger, hier liegt die Fluktuation bei gerade einmal 13 Prozent und damit knapp über dem bayernweiten Schnitt von 12,4 Prozent.

Auch wer nicht umzieht, ist nicht zwingend im Landkreis anzutreffen, der Arbeitsplatz der Ebersberger ist oft nicht der Wohnort. Der Anteil der vorhandenen Arbeitsplätze im Verhältnis der dort lebenden arbeitenden Bevölkerung liegt bei 68 Prozent. Wobei diese Jobs nicht unbedingt von Ebersbergern erledigt werden, denn den 38 000 Auspendlern, also Landkreisbürger, die etwa in München arbeiten, stehen 20 600 Einpendler aus anderen Landkreisen gegenüber.

© SZ vom 27.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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