Nachbarschaftshilfe:Fast wie Zuhause

Marcus Matkins

Marcus Matkins ist 22 Jahre alt und stammt aus Georgia in den USA. Derzeit macht er ein Praktikum bei der Nachbarschaftshilfe Vaterstetten.

(Foto: privat)

Ein BWL-Student aus Georgia absolviert ein Praktikum bei der Nachbarschaftshilfe Vaterstetten und entdeckt einige Ähnlichkeiten zwischen den USA und Bayern

Interview von Sara Kreuter, Vaterstetten

Marcus Matkins ist seit knapp einem Monat Praktikant bei der Nachbarschaftshilfe Vaterstetten, Zorndeding, Grasbrunn (NBH). Mit der SZ plaudert der 22-jährige Student aus Georgia/USA über deutsche Pünktlichkeit, kulturelle Unterschiede und bayerisches Bier.

SZ: Sie studieren im Hauptfach BWL. Inwiefern hilft Ihnen das bei Ihrer Arbeit für die Nachbarschaftshilfe?

Marcus Matkins: Bei der NBH geht es darum, anderen zu helfen, dass kann jeder machen, egal welche Ausbildung er hat. Ich bin viel mit Essen auf Rädern unterwegs, da kann ich überall mit anpacken. Nachmittags helfe ich oft beim Lebensmittel einkaufen oder in der Altenpflege. Meine Tätigkeiten ergänzen mein Studium.

Warum haben Sie sich für Deutschland, warum für ein Praktikum im Bereich soziale Arbeit entschieden?

Neben BWL studiere ich noch Deutsch. Das Praktikum soll mir helfen, Deutschland über die Menschen kennen zu lernen, und nicht über Daten und Zahlenanalysen aus dem BWL-Studium. Das Land selbst interessiert mich wegen seiner spannenden Geschichte. Die USA ist im Vergleich dazu ja noch sehr jung.

Gibt es etwas Vergleichbares wie die NBH in Atlanta?

Da bin ich mir nicht sicher. Mein Eindruck ist, dass Familien und ältere Menschen bei uns oft auf sich allein gestellt sind. Ein so enges soziales Netzwerk wie die NBH, das auch Familien mit Kindern in Krisen zuverlässig unterstützt, kenne ich aus den Staaten nicht.

Konnten Sie neben dem Sozialsystem noch weitere Unterschiede zwischen den beiden Ländern feststellen?

Sonntags sind hier die Geschäfte zu. Außerdem interessieren sich die Deutschen für Außenpolitik. Das machen wir in Amerika nicht. Wir sind ja groß genug. Ansonsten ist sehr viel ziemlich ähnlich. Aber einige Dinge haben mich an Deutschland trotzdem überrascht. Beispielsweise, dass es hier so viele evangelische Kirchen gibt, ich dachte, ihr wärt in Bayern alle katholisch. Und natürlich das lokale Bier, das schmeckt super, very good.

Biertrinker, Arbeitstiere, rasante Autofahrer: Haben sich die Klischees über die Deutschen in Ihren Augen bestätigt?

Zum Teil. Ihr seid oft sehr förmlich, aber auch hilfreich. Deutsche mögen Spaß, und in ihrer freien Zeit bleiben sie nicht im Haus - wie das bei uns oft ist - sondern gehen in den Biergarten. Das ist sehr schön. Aber ihr seid nicht so pünktlich und diszipliniert, wie alle immer sagen. Seitdem ich hier bin läuft fast nichts nach Zeitplan: die Züge streiken, die Kindergärten streiken, die Postboten streiken.

Zur Zeit ist die allgemeine Haltung im Landkreis Ausländern gegenüber teilweise angespannt. Hatten Sie mit Rassismus zu kämpfen?

Überhaupt nicht. Ich bin schwarz, aber das ist hier kein Problem. In den Staaten ist es sogar manchmal schlimmer als hier, zumindest ist das mein Eindruck. Die Deutschen haben ein hohes Verständnis für andere Kulturen. Außerdem habe ich den Eindruck, ihr Deutschen mögt uns Amerikaner. Sobald ich gesagt habe, woher ich komme, waren alle immer sehr zuvorkommend.

Sie sprechen sehr gut Deutsch. Wie klappt es mit dem Bairischen?

Das ist gar nicht so einfach für mich, weil es sehr anders klingt, als das, was ich an der Universität in meinen Kursen gelernt habe. Bairisch ist eine komische Sprache. Servus zum Beispiel ist ein lateinisches Wort, aber ihr sagt das trotzdem. Ich hoffe, dass ich die Sprache noch besser verstehen lerne in den zwei Monaten, die ich noch in Deutschland bin.

Was haben Sie nach dem Praktikum vor?

Ich werde meine Ausbildung an der Uni fortsetzen. Außerdem würde ich gerne dazu beitragen, dass die amerikanische und die deutsche Kultur enger zusammen kommen. Ich denke, dass in Zukunft deutsche Firmen zunehmend Standorte um Atlanta aufbauen werden. Dort werden dann Deutsche und Amerikaner eng zusammenarbeiten - vielleicht gehöre ich ja eines Tages zu diesen Leuten.

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