Nach Insolvenz von Investor:Vaterstettener Ortszentrum vor dem Aus

Der Gemeinderat entscheidet an diesem Mittwoch, ob die Kommune die Planungen fortsetzen soll. Die Verwaltung will offenbar das Ende des Projekts

Von Wieland Bögel

Die Großgemeinde wird auf absehbare Zeit wohl kein neues Ortszentrum bekommen. An diesem Mittwochabend berät der Gemeinderat in einer nichtöffentlichen Sondersitzung, ob man die Planungen für eine neue Mitte nach der Insolvenz eines der möglichen Investoren überhaupt weiter führen soll. Offenbar gibt es bereits einen Antrag der Verwaltung, das Projekt komplett abzusagen.

Als vor einem halben Jahr die ersten Entwürfe für Vaterstettens neues Zentrum öffentlich präsentiert wurden, zeigten sich der damalige Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) und Bauamtsleiterin Brigitte Littke, die sich inzwischen anschickt, Niedergesäß nachzufolgen, sehr optimistisch. "Ich bin einfach zufrieden, sowohl mit dem Finanziellen als auch mit dem Städtebaulichen", lobte Niedergesäß damals die drei vorgestellten Entwürfe. Gebaut werden sollte ein Bürgersaal als Ersatz für das derzeit wegen Brandschutzmängeln für Veranstaltungen nicht nutzbare Rathaus. Dieses, so der Plan aller drei Investoren, hätte abgerissen und neu gebaut werden sollen. Ebenfalls Teil der Planungen war eine neue Bibliothek, da die alte zusammen mit der Schule an der Gluckstraße abgerissen werden soll. Den Rest des Areals hätte der Investor für eigene Projekte, etwa Wohn- und Geschäftsgebäude, nutzen dürfen. Einzige Auflage der Gemeinde war, dass dort ein Supermarkt entsteht. Littke war zuversichtlich, dass man bereits im Juni 2013 einen Vertrag mit einem der Bewerber schließen und ein Jahr später mit dem Bau beginnen könne.

Doch als der Monat der geplanten Vertragsunterzeichnung näher kam, rückte die Unterzeichnung selbst weiter in die Ferne. Im Mai musste Littke einen neuen Zeitplan verkünden, demnach könne man wohl erst zum Jahresende mit einem Vertragsabschluss rechnen. Inzwischen gilt aber auch diese Aussage als zu optimistisch. Dass die Gemeinde heuer noch einem der Investoren einen Auftrag erteilt, gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Dies liegt nun sowohl am Städtebaulichen als auch am Finanziellen. In der vergangenen Woche meldete einer der möglichen Projektpartner, die Firma Alpine Bau, Insolvenz an. Zwar sind damit immer noch zwei Bieter im Rennen, aus städtebaulicher Sicht gibt es aber eigentlich nur einen Vorschlag, der umsetzbar scheint. Denn während einer der Investoren eine kleinteilige, lockere Gestaltung der neuen Mitte umsetzen will, plant sein Konkurrent zwei große, sehr massiv wirkende Gebäude. Bei der Bürgerbefragung im Anschluss an die Vorstellung der Projekte wurde letztere Planung sehr negativ beurteilt. Auch bei Gemeinderäten und im Bauamt wird, zumindest hinter vorgehaltener Hand, diese Einschätzung geteilt.

Zudem würden beide verbleibenden Angebote die Gemeinde deutlich mehr Geld kosten als das Projekt von Alpine. Denn abhängig vom Erlös, den die Investoren aus den von ihren entwickelten Flächen erwirtschaften, hätte sich die finanzielle Beteiligung der Gemeinde bemessen. Alpine hätte, im Gegensatz zu den Mitbewerbern, Wohnungen bauen wollen. Ein Plan, der deutlich mehr Profite verspricht als ein reines Geschäftsviertel.

Wie der amtierende Bürgermeister Martin Wagner (CSU) kürzlich auf eine Zuhörerfrage in der Bürgerversammlung bestätigte, müsste die Gemeinde mit einer Kostenbeteiligung zwischen 15 und 20 Millionen Euro rechnen. Gegenfinanziert werden soll das aus Grundstücksverkäufen im Vaterstettener Norden, den Baugebieten West und Nordwest.

Doch auch hier zeichnet sich ein Problem ab. Offenbar gibt es Unstimmigkeiten zwischen der Gemeinde und mindestens einem Eigentümer von Flächen, die ebenfalls in dem Baugebiet liegen. Gut unterrichteten Personen zufolge soll es darum gehen, dass die Gemeinde für ihre eigenen Flächen eine dichtere Bebauung zulassen will als für die Grundstücke in Privathand. Damit würden die Gemeindegrundstücke nicht nur interessanter für Käufer. Zudem läge auch der Profit pro Quadratmeter deutlich höher. Falls in dieser Sache keine Einigung gelingt, könnten die Privateigentümer unter Umständen sogar die Gemeinde wegen Ungleichbehandlung verklagen. Dies dürfte den Start der Grundstücksverkäufe auf unbestimmte Zeit verzögern.

Auch das von Verwaltung und Bürgermeister vorgebrachte Argument, man brauche das Ortszentrum für die Nahversorgung, ist offenbar so nicht richtig. Bürgermeister Wagner hatte noch auf der Bürgerversammlung erklärt, die Supermarktkette Rewe wolle ihre Filiale am Bahnhof aufgeben. Sie sei zu klein. Gebe es dann keine Alternative, sei die Nahversorgung in Vaterstetten gefährdet. Nach Angaben des Konzerns stellt sich die Lage aber nicht so dringlich da. Zwar sei man grundsätzlich an einer Vergrößerung interessiert, heißt es aus der Pressestelle von Rewe. Dies sei aber eher eine mittel- bis langfristige Planung. Grundsätzlich sei man mit der Situation zufrieden, eine Schließung der Filiale am Bahnhof erwäge man nicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: