Musikschule Vaterstetten:Nach fünf turbulenten Jahren: Neue Leitung für Musikschule

Musikschulen

Die Gitarren können bald wieder voll eingesetzt werden: Die Musikschule in Vaterstetten bekommt im April eine neue Leitung. Jahre der Unruhe gehen damit zu Ende.

(Foto: dpa)
  • Seit beinahe fünf Jahren hat die Musikschule in Vaterstetten keine geregelte Leitung.
  • Grund dafür waren strukturelle wie persönliche Schwierigkeiten.

Von Wieland Bögel

Der Lotse geht von Bord." So der Titel einer zeitgenössischen Karikatur zu Bismarcks erzwungenem Ruhestand. Längst ist sie zur Redewendung für problematische Generationenwechsel geworden - und passt somit hervorragend auf die Vaterstettener Musikschule. Dort verabschiedete man Ende 2013 den langjährigen Leiter Kurt Schneeweis in den Ruhestand - und er dürfte der einzige sein, der in der Zwischenzeit etwas zur Ruhe gekommen ist. In der Musikschule nämlich knirscht es seitdem gewaltig.

Dass es nicht einfach sein würde, einen geeigneten Nachfolger für den immerhin schon seit 1976 amtierenden Musikschulchef zu finden, zeigte sich früh. Eigentlich hätte Schneeweis bereits 2011, mit Erreichen des Rentenalters, seine Aufgabe in jüngere Hände geben sollen - doch solche waren nicht zu finden.

Schneeweis sagte zu, ein Jahr länger im Amt zu bleiben, am Ende wurden es zwei. Denn zunächst schien sich kein geeigneter Kandidat für die Stelle als Musikschulleiter zu interessieren. Zwar gab es Gespräche mit potenziellen Nachfolgern, allerdings nahm keiner das Angebot aus Vaterstetten an.

Doch sogar als dies schließlich der Fall war hatte die Musikschule kein Glück. Immerhin konnte der damalige VHS-Leiter, der die Musikschule damals noch zugeordnet war, Schneeweis 2013 verabschieden - ein Vorgang, der beide sicher nicht unglücklich machte, galt das Verhältnis doch als mindestens schwierig.

Als schwierig erwies sich aber auch die Auswahl der Nachfolgerin: Bei der Amtseinführung noch vom VHS-Leiter und der damaligen Vorsitzenden des VHS-Vereins in den höchsten Tönen gelobt, endete das Engagement der Musikschulchefin nach vier Monaten in einem mehr oder weniger offenen Zerwürfnis.

Ob die Neue hinschmiss oder gefeuert wurde, darüber schwiegen sich alle Beteiligten aus - bekannt ist indes, dass die scheidende Leiterin in einem Prozess noch 5000 Euro erstritten hat, angeblich als Entschädigung wegen übler Nachrede.

Keine üble aber unvorsichtige Rede war dann der Auslöser für die wohl schwerste Krise der traditionsreichen Bildungseinrichtung: Nach der überraschenden Vakanz an der Spitze wurden Anfang 2014 Petra Scheuring und Günter Ebel, beide seit vielen Jahren Lehrer an der Musikschule, zur Doppelspitze erkoren. Und die setzte sich knapp ein Jahr später richtig in die Nesseln. Anlass war der seit Jahren gewünschte Umzug in eigene Räume, da in der Grundschule an der Wendelsteinstraße wegen steigender Schülerzahlen immer weniger Platz war.

Die Lösung schien gefunden, als die Gemeinde für einen neuen Kindergarten ein ehemaliges Bürogebäude in der Baldhamer Straße anmietete. Dort sollte endlich auch Platz für VHS und Musikschule sein. Doch für den Musikunterricht, so wurden die beiden Leiter nicht müde zu betonen, seien die Räume völlig ungeeignet.

Es folgten zähe Verhandlungen mit den sechs Trägergemeinden der VHS. Im Mai 2015 konnte eine Einigung verkündet werden - die allerdings von der Musikschulleitung umgehend und öffentlich kritisiert wurde. Die Gemeinden hätten Druck auf die VHS ausgeübt, dessen Leiter daraufhin die Musikschule zum Umzug genötigt habe, so die Vorwürfe.

Die Retourkutsche gab es wenig später im Vaterstettener Gemeinderat: In seltener Einstimmigkeit votierte das Gremium für ein Ende der Zuschussvereinbarung mit der Bildungseinrichtung. Dem mussten sich laut Satzung auch die übrigen Trägergemeinden anschließen und gemeinsam ein neues Fördermodell finden. Das Ziel dabei: Anstelle eines eigenständig agierenden Vereins, den die Kommunen finanziell unterstützen, sollte eine neue Struktur entstehen - in der anschafft, wer zahlt. Ein Wunsch, den man zumindest in Vaterstetten als größter Gebergemeinde schon länger gehegt hatte, das undiplomatische Verhalten der Musikschulleitung war daher ein willkommener Anlass, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen.

Die Bilanzen des alten VHS-Vereins seien "ein Saustall" gewesen, so ein Insider.

Bis es soweit war, dauerte es allerdings: Mehr als ein Jahr später als geplant, Anfang 2017, wurden VHS und Musikschule aufgeteilt in zwei eigenständige Einrichtungen. Träger ist jeweils ein Verein, in dem allerdings nur die zahlenden Gemeinden Mitglied sein dürfen. Als Vorsitzenden beider Vereine bestimmten die Kommunen Helmut Wörner, der die VHS bereits von 1981 bis 1991 geleitet hatte - und intern durchaus umstritten war.

Als er 2005 von CSU und SPD erneut als Vorsitzender vorgeschlagen worden war, wusste der VHS-Verein dies jedenfalls zu verhindern - auch auf Drängen vieler Mitarbeiter. Eine Möglichkeit, die nun dank der neuen Struktur nicht mehr besteht - Ärger gibt es aber weiterhin. Zwar will sich niemand öffentlich mit Kritik zitieren lassen, hinter vorgehaltener Hand jedoch äußern einige Beteiligte Unmut über den neuen Chef. Er ordne alles der Wirtschaftlichkeit unter, heißt es, wohl auf Druck der nun mächtigeren Gebergemeinden.

Dass der Spardruck wirklich so besteht, wie es Mitarbeiter schildern, mag vielleicht übertrieben sein, sicher ist allerdings, dass der neue Chef ein scharfes Auge auf die Finanzen hat - und haben muss. Nicht weil die Musikschule in finanziellen Schwierigkeiten steckte, sondern aufgrund der desolaten Buchführung der vergangenen Jahre. So verweigerte Ende 2017 Poings Gemeinderat zunächst ein Fünftel des Zuschusses an VHS und Musikschule - jeweils knapp 20 000 Euro - mit dem Verweis, dass keiner der beiden einen Haushalt vorlegen habe können.

Die Bilanzen des alten VHS-Vereins seien "ein Saustall" gewesen, sagte ein Insider. Eine Einschätzung, die, wenn auch in gewählteren Worten, der Vaterstettener Wirtschaftsförderer Georg Kast indirekt bestätigte: Die alten Strukturen von VHS und Musikschule hätten mit deren Wachstum nicht Schritt gehalten, das "Millionenunternehmen" sei bis zuletzt verwaltet worden wie ein kleiner Verein.

Eine andere Kritik lautet, der Umgang mit den Mitarbeitern sei deutlich rauer geworden und die Gestaltungsmöglichkeiten der Fachbereiche wesentlich geringer. Wie viel davon allerdings auf persönliche Animositäten gründet, und wie sich die Arbeitsbedingungen an der Musikschule wirklich verändert oder gar verschlechtert haben, darüber kann man nur spekulieren.

Ebenso ungewiss ist, ob dieses negative Hintergrundrauschen der Grund dafür ist, dass so lange kein Leiter gefunden wurde. Denn ursprünglich sollte die Stelle parallel mit dem Chefposten der VHS besetzt werden - letzteres ist Anfang 2017 mit der Einstellung von Helmut Ertel gelungen.

Nun bekommt auch die Musikschule wieder ein Oberhaupt, und man kann ihr nach vielen turbulenten Jahren nur wünschen, dass endlich wieder ein echter Lotse an Bord kommt.

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