Moosach:Verbindender Erzählgesang

Pansori Gesänge im Metatheater

In Korea ist der Pansori-Gesang, begleitet von Trommeln, eine traditionelle und zugleich alltägliche Form des Erzählgesangs.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der koreanische Pansori-Abend im Moosacher Meta-Theater beweist, dass sich eine fremde Sprache auch ohne Worte verstehen lässt - nämlich über den Geist und die Sinne

Von Ulrich Pfaffenberger, Moosach

In deutschen Landkarten sollte man den Ortsnamen von Moosach künftig auch in japanischer, chinesischer und koreanischer Schrift eintragen. Denn das dort angesiedelte Meta-Theater entwickelt sich mehr und mehr zu einem Ort, an dem aus Asien gebürtige Menschen unmittelbaren Zugang zu vertrauter Kultur finden. Auch am Wochenende, beim Auftritt einer koreanischen "Pansori"-Gesangstruppe, war der Anteil von Zuhörern aus der koreanischen Gemeinde Münchens wieder beachtlich. Ähnliches war schon bei früheren Auftritten aus anderen Kulturen zu beobachten.

Der Atmosphäre im intimen Rahmen des Meta-Theaters tut das nur gut. Denn für unsere, in europäischer Kultur gereiften Sinne stellen sich die ungewöhnlichen Inszenierungen und Klänge damit viel nahbarer dar, wenn der Dialog zwischen Rang und Bühne auf diese Weise belebt wird. Das wurde vor allem beim letzten Lied des Abends spürbar, einem koreanischen Gassenhauer namens "Jindo Arirang", dessen Refrain das Publikum nach kurzem Üben beherzt mitsang. Das war weit mehr als die gelegentliche Animation, wie man sie mitunter erlebt, das war inspirierte Teilhabe. Es gilt schon an dieser Stelle, vor Würdigung der Details, den Hut zu ziehen vor der Kenntnis und dem Spürsinn Axel Tangerdings.

Seit vielen Jahren arbeitet er überzeugt und gewinnend daran, auf seiner Bühne Zugänge zu den Kulturen und Kunstformen Asiens zu schaffen. Dies führt inzwischen dazu, dass das Meta-Theater, wie in diesem Fall, anfragenden asiatischen Künstlern als geeignete Adresse empfohlen wird. So erwächst Moosach eine interkulturelle Kompetenz besonderer Art, im Schatten einer Weltstadt wohlgemerkt, die oft verkennt, welche Chance sie sich da entgehen lässt. Man erinnere sich nur an die gastierende Peking Oper vor wenigen Jahren, die in den Mauern Münchens keine Auftrittsmöglichkeit fand, in Moosach aber Ort und Umland auf den Kopf stellte.

Der "Pansori"-Abend nun, in Konkurrenz zum Fußballspiel mit guten 30 Besuchern gesegnet, war ein herausragendes Beispiel dafür, wie sich "Sprache" verstehen lässt, auch wenn man sie nicht beherrscht. Nicht nur ein bisschen nicht, sondern überhaupt nicht. Das Wort bezeichnet eine traditionelle, in Korea alltägliche Form des Erzählgesangs. Dabei erzeugt die Musik die Emotionen, in diesem Fall Trommeln und Gesangstöne, während die Sängerinnen und Sänger nicht in Rollen eindringen. Indes zeigen sie Körpersprache, die zu erkennen und anzunehmen dadurch mehr Kraft beim Publikum frei setzt. Stücke wie "Das Lied der treuen Tochter" oder "Der Blinde Shim tröstet seine Tochter" - beide aus "Shimcheongga" entfalten daher eine derart intensive Wirkung, dass sich die Distanz aus nicht vorhandener Sprachkenntnis unvermittelt in Nichts auflöst - noch schneller für jene, die neben einem der koreanischen Besucher Platz genommen haben und dessen Emotionen mitbekommen. Zudem begleitet mit Anna Yates eine Übersetzerin durch den Abend, die zur Co-Erzählerin wird und mit einfachen Worten Welten verbindet.

Nachdenklich macht in diesem Umfeld, mit welcher Leichtigkeit es offenbar Ensembles aus Asien gelingt, Tradition und Moderne in Einklang zu bringen und damit Neues zu schaffen. Überkommene Rituale und Avantgarde scheinen da konfliktlos nebeneinander bestehen zu dürfen. Vielleicht empfinden wir das so, weil koreanische Musik einen freien Raum in unserer Wahrnehmungswelt einnimmt. Vielleicht aber auch aus schierer Begeisterung an der epischen Kraft der ganzheitlichen Kunstform "Pansori". Das Publikum im Meta-Theater jedenfalls war begeistert.

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