Bürgerversammlung Moosach:Angespannte Ruhe

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Bei der Bürgerversammlung im Gasthof Neuwirt legt Moosachs Bürgermeister Eugen Gillhuber Rechenschaft ab. (Foto: Hinz-Rosin)

Bei der Bürgerversammlung in Moosach spielt der schwelende Konflikt um die Asylbewerberunterkunft kaum eine Rolle - ganz umschiffen lässt er sich aber nicht.

Von Wieland Bögel, Moosach

Es ist ein Elefant im Raum. Im Amerikanischen, dem diese Formulierung entlehnt ist, bedeutet sie, dass sich alle Anwesenden bemühen, eine offensichtliche Sache zu übersehen. Auch bei der Moosacher Bürgerversammlung am Freitagabend im Neuwirt war neben den gut 50 Moosachern ein Elefant zu Gast - die geplante Asylbewerberunterkunft an der Grafinger Straße. Offen darüber sprechen, ob und warum sie gebaut oder eben nicht gebaut werden soll, wollten weder Bürgermeister Eugen Gillhuber (CSU) noch die Besucher der Bürgerversammlung - dennoch schien das Thema immer wieder auf.

Etwa als der Bürgermeister die Finanzplanung und die anstehenden Vorhaben der Gemeinde vorstellte. Aktuell stehe Moosach sehr gut da, konnte Gillhuber vermelden, liege bei der Umlagekraft, "im guten Mittelfeld" nämlich auf Platz elf von 21 Landkreisgemeinden. Die 1667 Einwohner und 239 Gewerbebetriebe leisten ihren Beitrag zur Gemeindekasse: 350 000 Euro Gewerbesteuer und 1,06 Millionen Euro Einkommensteuer kann Moosach einnehmen. Zum Jahresbeginn lagen die Gemeindeschulden bei 649 000 Euro, knapp 50 000 weniger als ein Jahr zuvor. Dem stehen Rücklagen von 880 000 Euro gegenüber - die Gemeinde hat also unterm Strich ein Netto-Vermögen von mehr als 200 000 Euro.

Eine Rekordverschuldung könnte bevorstehen

Doch mit diesen guten Zeiten könnte es bald vorbei sein, warnte der Bürgermeister. Denn schon zum Jahresende könnte dem kleinen Ort eine Rekordverschuldung und ein gewaltiger Rücklagenschwund bevorstehen. So rechnet man im Rathaus, dass man Anfang 2017 eine Gesamtverschuldung von 1,765 Millionen Euro zu schultern hat, gleichzeitig werden die Rücklagen bis auf 112 000 Euro aufgezehrt sein. Und das ist wohl erst der Anfang: Die Schulden könnten im kommenden Jahr erstmals die Zwei-Millionen-Marke überschreiten, 2018 sogar auf bis zu 2,2 Millionen Euro steigen. Erst danach, so Gillhuber, sei eine Entspannung in Sicht - aber eine eher langsame; noch im Jahr 2022 wird die Gemeinde rund 1,4 Millionen Euro Verbindlichkeiten haben, gut das Doppelte des aktuellen Standes.

Und hier kam der Elefant kurz ins Spiel. Denn Auslöser für die finanziellen Verwerfungen der kommenden Jahre sind die 1,2 Millionen Euro, welche "das Asylheim an der Grafinger Straße", so Gillhuber, kosten werde. Durch diese große Investition in ein einziges Projekt in Verbindung mit weiteren kleineren Vorhaben bis 2018 "ist ein kontinuierlicher Schuldenabbau in den kommenden Jahren nicht möglich", erklärte der Bürgermeister. Denn bis übernächstes Jahr will Moosach unter anderem für rund 361 000 Euro sein Rathaus energetisch sanieren, für 480 000 Euro in den Hochwasserschutz investieren sowie mit fast 100 000 Euro das Glasfasernetz ausbauen.

Zudem treiben Straßenbauprojekte die Gemeindekosten in die Höhe

Ebenfalls auf der Agenda stehen Straßenbauprojekte, etwa die Erweiterung der Parkplätze an der Wallfahrtskirche Maria Altenburg, und der Gehweg nach Gutterstätt. Noch unklar ist derzeit, ob und in welchem Umfang sich die Gemeinde an dem von der Energiegenossenschaft des Landkreises (REGE) geplanten Nahwärmeprojekt beteiligen wird. Für Gillhuber ist eine solche Beteiligung aber durchaus sinnvoll, so könnte man etwa das Netz errichten und an die REGE verpachten - Kostenpunkt etwa eine Million Euro, also in etwa die Summe, die man für das Wohnheim an der Grafinger Straße ausgeben muss.

Angesichts dieser Belastungen, so Gillhuber, habe die Kommunalaufsicht im Landratsamt der Gemeinde eine "angespannte Haushaltslage" bescheinigt und klar gemacht, dass die Schulden für die Unterkunft als nicht rentierlich zu werten seien, also nicht durch regelmäßige Einnahmen gegenfinanzierbar sind, wie es bei Investitionen in ein Wärmenetz der Fall wäre, durch die Gebühren erwirtschaftet werden.

Bei der anschließenden Fragerunde ging es zunächst um den Zeitplan für die Nahwärme - nicht vor 2017 -, die unpraktischen neuen Papiercontainer - für die leider der Landkreis zuständig ist - und die - besonders bei Großveranstaltungen wirklich nötigen - Parkplätze bei Maria Altenburg.

Am Ende gibt es doch noch Fragen zur Unterkunft

Schließlich gab es dann doch noch Nachfragen zur Unterkunft. Eine Zuhörerin wollte wissen, was denn aus dem Kindergarten werde, wenn das Gebäude an der Grafinger Straße nicht errichtet wird. Die aktuelle Planung sieht nämlich vor, das Haus, wenn es nicht mehr für Asylbewerber benötigt wird, zu einem Kindergarten umzubauen. Man habe noch viel Zeit, sich Alternativen zu überlegen, so Gillhuber, schließlich laufe der Mietvertrag für die derzeitigen Kindergartenräume in Altenburg noch bis 2021.

Möglich sei etwa ein bereits von einem Planer vorgeschlagener Kindergartenneubau an der Bahnhofstraße. Wofür dann aber ein biotopartiges Grundstück gerodet werden müsste, kritisierte eine andere Besucherin. "Natürlich stehen da ein paar Bäume drin", meinte Gillhuber, aber auch für den Fall, dass das Wohnheim wie geplant gebaut werde, sei längst nicht klar, dass dieses bis 2021 für andere Nutzungen zur Verfügung stehe - und in welchem Zustand es dann sei.

Bevor der Elefant aber zu sichtbar wurde, griff Zweiter Bürgermeister Willi Mirus (AMB) ein. Eine Bebauung des Grundstücks an der Bahnhofstraße sei nicht unproblematisch, das habe auch die Untere Naturschutzbehörde bereits erklärt. Dennoch sei eine Debatte über alternative Standorte des Kindergartens verfrüht: "Es bringt nichts, heute darüber zu diskutieren." Zunächst müsse man das Ergebnis des Bürgerentscheides am Sonntag in einer Woche abwarten.

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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