Model "Wolfsschlucht":Nur ein Grafinger kann sich's leisten

Lediglich ein Bewerber kauft eine der Doppelhaushälften im Einheimischenmodell "Wolfsschlucht". Für den Bauträger ist die geringe Nachfrage keine Überraschung. Er bietet die Immobilien nun auf dem freien Markt an.

Von Isabel Meixner, Grafing

Nur ein Grafinger hat für eines der elf Doppelhaushälften, die in der "Wolfsschlucht" im Einheimischenmodell angeboten wurden, den Zuschlag bekommen. Ein weiterer hat laut Bauträger Interesse signalisiert, eine Entscheidung steht aber aus. Die restlichen knapp 40 Grafinger, die ihr Interesse signalisiert hatten, haben dagegen ihre Bewerbung nach Bekanntgabe der Preise zurückgezogen.

Diese waren im vorigen Jahr mit 700 000 Euro für das günstigste bebaute Grundstück deutlich höher ausgefallen als erwartet. "Der Stadtrat, die Verwaltung und ich sind uns einig, dass es dieses Modell der Bauträgerhäuser nicht mehr geben wird", sagt Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). Schärfer will sie den Vorgang, der bereits im Kommunalwahlkampf eine große Rolle spielt, nicht mehr bewerten.

Der Bauträger, die Frei und Essler Baumanagement GmbH aus Starnberg, zeigt sich nicht überrascht, dass die Nachfrage so gering ausfallen würde. "Ich hatte mir schon gedacht, dass es nicht so einfach ist, das Ganze im Einheimischenmodell an den Mann zu bringen", sagt Sven Radtke. Als Grund für die hohen Preise sieht der Geschäftsführer die Größe der Grundstücke, die zwischen 400 und 600 Quadratmetern statt üblicherweise 150 bis 200 Quadratmetern liegen. Das sei von der Stadt so gewünscht gewesen, sagt Radtke: "Wir hatten versucht, eine weitere Baureihe aufzunehmen. Dann wäre es billiger geworden."

Ausgewiesen wurden letztlich 22 Doppelhaushälften, von denen die Hälfte mit einem Abschlag von 20 Prozent im Einheimischenmodell und der Rest auf dem freien Markt angeboten wurde. Zehn sind bereits verkauft oder reserviert. Den Vorwurf, eine Millionärssiedlung errichtet zu haben, weist Radtke zurück: "Kein Haus geht an die Million."

Die bisherigen Käufer stammten alle aus dem "soliden Mittelstand", die meisten seien Grafinger, die aus diversen Gründen die Kriterien für das Einheimischenmodell nicht erfüllten. Auch seien im Sonnenanger, wie Frei und Essler das Projekt Wolfsschlucht nennen, keine Luxus-Häuser gebaut worden, findet der Geschäftsführer. Er spricht von einer "ganz soliden Sache": "Wir haben mit ökologischem Anspruch gebaut. Wenn man Ökologie will, wird es teurer."

Model "Wolfsschlucht": Die Bauarbeiten im Einheimischengebiet Wolfsschlucht sind im vollen Gang - Einheimische werden hier wohl allerdings nur wenige einziehen.

Die Bauarbeiten im Einheimischengebiet Wolfsschlucht sind im vollen Gang - Einheimische werden hier wohl allerdings nur wenige einziehen.

(Foto: Christian Endt)

Die hohen Preise in der Wolfsschlucht hatten im vergangenen Jahr einige Empörung in Grafing ausgelöst und vor allem die CSU in Misskredit gebracht. Profiteur der Bauland-Ausweisung war nämlich der Fraktionsvorsitzende der Christsozialen im damaligen Stadtrat, Max Josef Schlederer. Er hatte mit Frei und Essler einen Vertrag geschlossen, in dem er das Grundstück an den Starnberger Bauträger verkaufte, allerdings unter der Maßgabe, dass es zu Bauland wird. Kritik riefen auch diverse Passagen im städtebaulichen Vertrag zwischen Bauträger und der Stadt Grafing hervor, der Frei und Essler unter anderem gestattet, die Grundstücke mitsamt Häusern zu verkaufen. "Dadurch entfiel die Möglichkeit, günstig zu bauen", bedauert Obermayr.

Das alles geschah unter dem alten Stadtrat und dem früheren Bürgermeister. Die Quittung für die CSU folgte bei der Kommunalwahl prompt: Schlederer wurde von einem sicheren Listenpreis nach hinten gereicht und flog aus dem Stadtrat, die CSU verlor viele Stimmen.

In der Wolfsschlucht wird bereits gebaut. Im Stadtrat ist man derzeit dabei, das Baugebiet "Aiblinger Straße" südlich des Aldi-Marktes auszuweisen. Diesmal soll unbebauter Grund an Grafinger Familien verkauft werden, auch soll es kleinere Grundstücke und Wohnungen geben. Wie hoch der Abschlag für Einheimische ist und wie viel Prozent der Fläche vergünstigt angeboten werden muss, ist noch nicht entschieden. "Für den normalen Geldbeutel müsste etwas dabei sein", sagt Bürgermeisterin Obermayr.

Dass sein Unternehmen auf den Häusern sitzen bleibt, fürchtet Sven Radtke freilich nicht: "Die Nachfrage ist gut." Er sei auch nicht abgeneigt, einem Grafinger, der die Einheimischen-Kriterien erfüllt, trotz abgelaufener Frist eine Doppelhaushälfte zu den günstigeren Konditionen zu verkaufen. So großzügig das klingt: Der Bauträger darf bei den zehn verbleibenden Häusern ohnehin nur den Betrag behalten, den er auch im Einheimischenmodell erhalten hätte. Den Rest muss er an die Stadt Grafing überweisen.

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