Mitten in Vaterstetten:Obstsalat am Ortsrand

Nicht nur neue Straßen werden nach Früchten benannt, diese sollen bestenfalls auch in den dortigen Gärten wieder wachsen.

Von Wieland Bögel

Quizfrage: Wo findet man Birnen, Kirschen, Mirabellen, Quitten und Nüsse? Natürlich: Im Obstsalat - aber eben nicht nur. Auch im Vaterstettener Ortsplan findet sich künftig viel Gesundes. Der Gemeinderat hat nämlich nun die Straßenbenennung im neuen Wohngebiet Nordwest beschlossen, und die fällt ziemlich fruchtig aus.

So gibt es dort bald einen Mirabellen- und einen Quitten-Hof, außerdem einen Kirsch-, Nuss- und Birnenanger. Die Hauptstraße soll nach dem Pfarrer, Obstbauexperten und Nazigegner Korbinian Aigner benannt werden. Dies ist die Folge eines Vorgangs, den man vielleicht als "Asphaltistische Dialektik" bezeichnen kann. Die von der Verwaltung zunächst vorgestellte These sah nämlich Pflanzennamen vor. Die Antithese formulierten Grüne und FBU/AfD, sie hätten gerne Widerstandskämpfer aus der Zeit des Dritten Reichs geehrt. Die Synthese war nun Pfarrer Aigner, Nazi-Gegner mit Gartenbaubezug, der mehrere Jahre im Konzentrationslager Dachau einsaß, wo er Apfelbäume pflanzte. Und sogar eine neue Art züchtete, die nach ihm benannt wurde.

Einen solchen Korbiniansapfel gibt es sogar in Vaterstetten, informierte Bürgermeister Georg Reitsberger den Gemeinderat. Ohnehin habe der Obstbau in der Region eine lange Tradition, so Reitsberger, die sich mittlerweile auch in den Gärten wieder zunehmend gegen Thujenhecken und Englischen Rasen durchsetze.

Die meisten Gemeinderäte waren mit dem Vorschlag einverstanden - außer Manfred Schmidt (FBU/AfD). Der legte in einem mehrminütigen Vortrag dar, warum Generalfeldmarschall Erwin Rommel erstens ein Widerstandskämpfer gegen die Nazis gewesen sei und zweitens darum auf ein Vaterstettener Straßenschild gehöre. Renate Will (FDP) forderte umgehend, künftig ähnliche Themen nur mit Redezeitbeschränkung zu behandeln. Dass man sicher keine Rommel-Straße haben wolle, meinten Redner mehrerer Fraktionen. Michael Niebler (CSU) nannte Schmidts Ausführungen "eine willkürliche, einseitige Sicht der Dinge", Dritter Bürgermeister Günter Lenz (SPD) sprach sogar von "Geschichtsklitterung" und Roland Meier (FW) meinte: "Ich stelle es Herrn Schmidt frei, seinen Sandkasten nach Rommel zu benennen."

Will stellte noch die Frage, ob die in den Straßennamen verewigten Bäume auch in echt in der neuen Siedlung zu sehen sein werden. Dies sei geplant, so Bürgermeister Reitsberger, vor allem bei der Rand-Eingrünung wolle man auf Obstbäume setzen, die von den neuen Bewohnern in Form von Patenschaften gepflegt werden - und vielleicht abgeerntet, für den Obstsalat vom Ortsrand.

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