Mitten in Haar:Nur nicht hudeln

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Eigentlich sollten die Menschen warten gewöhnt sein. Sie warten im Wartezimmer beim Arzt, sie warten zu Hause auf den Handwerker - und Kinder warten schon jetzt aufs Christkind. Geduld haben alle. Nur nicht die Berufspendler, die jeden Morgen an der Kreuzung der Andreas-Kasperbauer-Straße zur B471 in Ottendichl stehen und auf eine Ampel warten.

Kolumne von Bernhard Lohr

Für Tausende beginnt der stressigste Abschnitt des Arbeitstags kurz nach dem Verlassen des Hauses. Sie machen sich auf den Weg in die Arbeit und tappen in die Zeitfalle. Sie warten am Bahnhof auf den Zug, der Verspätung hat. Sie warten auf der Autobahn, dass sich der Stau auflöst. Es gibt viele Orte, an denen morgens im Landkreis München Stillstand herrscht und bei den Menschen der Puls rast, weil nichts vorangeht. Ein solches Eck ist auch die Kreuzung der Andreas-Kasperbauer-Straße zur B 471 in Ottendichl.

Jeden Tag stehen dort Autofahrer erst einmal in der Schlange und riskieren dann Kopf und Kragen, wenn sie nach links zwischen die vorbei brausenden Fahrzeuge auf die Bundesstraße einbiegen. Eine Ampel wäre ein Segen. Das ist schon lange bekannt. Die Ampel wurde oft gefordert, dann von den Behörden sogar befürwortet. Doch seitdem heißt es: warten, warten und warten.

Eigentlich sollten die Menschen warten gewöhnt sein. Sie warten im Wartezimmer beim Arzt, sie warten zu Hause auf den Handwerker. Estragon und Wladimir warteten auf Godot. Und werden nicht die Kinder schon früh entsprechend konditioniert, wenn sie aufs Christkind warten? Vorfreude ist die schönste Freude, sagen die Eltern. Bei denen selbst ist es dann mit der Vorfreude nicht weit her, wenn sie darauf warten, auf die Bundesstraße einbiegen zu können. Woher nur die Ungeduld? Das Aufstellen einer Ampel will vorbereitet sein. Nicht dass das schief geht, wie beim Flughafen in Berlin. Die Preußen mögen hudeln, die Bayern nicht.

Und hat nicht Ludwig Thoma in seinem "Münchner im Himmel" schön aufgeschrieben, was hierzulande für geheime Mächte hinter staatlichem Handeln walten? Der aus dem Leben gerissene Dienstmann Alois Hingerl hadert mit seinem Engelsdasein und kommt mit einer Mission zurück auf die Erde. Im Hofbräuhaus vor einer Mass Bier sitzend vergisst er seinen Auftrag. Und so wartet die bayerische Staatsregierung noch heute auf die göttlichen Ratschläge. So geht es halt manchmal a bisserl langsam - und manchmal arg langsam. Zefix.

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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