Mitten in Grafing:Heute so, morgen anders

Grafings Freie Wähler wollen einen Wirtschaftsförderer, am liebsten ihre eigene Stadträtin. Für sie versucht man nun, den Weg zu ebnen.

Von Thorsten Rienth

Personalentscheidungen führen in der Lokalpolitik über einen schmalen Grat. Kommen Kandidaten aus dem Kreis der politischen Akteure, gehen sie ihn besser mit Bedacht. Bei öffentlichen Aufträgen mit ordentlichen Honoraren bietet sich dabei auch etwas Demut an. Der Grafinger Gewerbeverband (Bund der Selbstständigen, BdS) und die Freien Wähler als dessen politischer Arm gehen lieber zielstrebig auf die Suche nach einem offiziellen Grafinger Wirtschaftsförderer.

Kümmere sich in der Stadt nicht bald jemand professionell um die Wirtschaftsförderung, sehe es düster aus, malte der Gewerbeverband vergangene Woche die Drohkulisse. Die Zukunft würde gefährdet, Chancen verpasst. Nichts als Floskeln. Denn wie sich herausstellte, sind es weniger die Bedürfnisse der "lebens- und liebenswerten Gemeinde", um die es den Gewerbetreibenden geht, sondern vielmehr ein politisches Ziel: Man hätte gerne die stellvertretende Vorsitzende und Freie Wähler-Stadträtin Gabriela Wischeropp auf dem Posten, hieß es unverhohlen.

Nachdem die Pressemitteilung, in der all das steht, im Stadtrat für Aufregung sorgte, sah sich Wischeropp zu einer Klarstellung veranlasst. "Selbstverständlich" hätte sie sich auf eine Ausschreibung "ordentlich" bewerben wollen, schrieb sie in einem Offenen Brief. Weder beim BdS, noch bei den Freien Wählern hält man den pikanten Zusammenhang für problematisch: Dass jemand an einer Ausschreibung mitwirkt - und eine spätere Bewerbung auf dieselbe in Betracht zieht.

Als der Grafinger Stadtrat am Dienstagabend über die "Schaffung einer Stelle für Wirtschaftsförderung und Klimaschutz" entscheiden sollte, hatte man allerdings eine noch bessere Idee. Es sei doch eigentlich viel förderlicher, die Wirtschaftsförderung an einen externen Experten zu geben, argumentierte Wischeropps Fraktionskollege und BdS-Vorstand Peter Rothmoser. Maßgeschneidert also für die BdS-Favoritin, die in Grafing eine PR-Agentur betreibt. Und die man als Stadträtin schlecht direkt bei der Stadt anstellen könnte.

Gut eineinhalb Jahre ist es her, dass der BdS genau andersherum argumentierte. Am besten wäre es, den Wirtschaftsförderer als eigenständiges Referat bei der Stadt zu installieren - wegen des direkteren Informationsflusses. Was nicht passt, wird passend gemacht.

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