Mitten in Eglharting:Ja, wo laufen sie denn

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Ein Sportartikelladen hat ein großartiges Konzept gegen Zivilisationskrankheiten aller Art. Nur leider macht der Winter in diesem Jahr dabei nicht so recht mit

Kolumne von Wieland Bögel

Der Winter ist da. Gut, Eis und Dauerfrost sucht man vergebens, und was an Flocken herunterkommt, ist meist wenige Tage später weggeschmolzen. Dennoch gibt es ein untrügliches Anzeichen, dass doch ganz echt Winter ist: Schließlich wird die Unterhaltungsindustrie seit Wochen nicht müde, auf allen denkbaren Kanälen Menschen zu präsentieren, die mit Brettern und Kufen an den Füßen und unter den Hintern noch schneller sind als andere Menschen mit Brettern und Kufen und Füßen und Hintern. Diese Aktivitäten benennen Experten mit dem Begriff "Wintersport" - daher der Verdacht, es könne wirklich Winter sein - und sie überfordern den Nicht-Experten durch ihre scheinbar unendliche Vielfalt. Da gibt es unter anderem Eislauf und Eisschnelllauf, Abfahrtslauf, mancherorts den Riesentorlauf außerdem Langlauf - und neuerdings Auslauf.

"Auslauf?", fragt der Laie und der Fachmann wundert sich. Ganz recht, Auslauf. Das scheint der neueste Trend im Wintersport zu sein. Zumindest, wenn man dem großen Plakat eines Wintersportgerätefachhandelsgeschäftes glaubt, das neben der Wasserburger Landstraße eben genau dafür wirbt: In dem Laden, so verspricht die großflächige Reklame, werden "Auslauf-Ski" angeboten. Eigentlich, so der täglich daran vorbeifahrende ausgewiesene Nicht-Sport-Experte, gar keine schlechte Idee. Während die Vorfahren mangels selbstfahrender Verkehrsmittel noch jeden Tag stundenlang durch Wälder und Felder gewandert sind, hat doch der moderne und meist gar nicht artgerecht gehaltene Büromensch grundsätzlich und immer viel zu wenig Auslauf.

Die Folgen, so werden andere Experten nicht müde zu betonen, sind erheblich und immer negativ für Körper und Geist. Wer trotz chronischen Auslaufmangels überhaupt noch am Leben und nicht komplett depressiv ist, hat einfach nur großes Glück. Da man dieses ja bekanntlich nicht herausfordern soll, so denkt der moderne Büromensch, wäre es vielleicht keine ganz schlechte Sache, sich durch eigene Bretter an den Füßen etwas mehr Auslauf zu verschaffen - wenn sich da nicht ein kleines Problem auftäte: Dazu bräuchte es halt dann doch einen richtig echten Winter, so mit Schnee und Eis und Dauerfrost ...

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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