Mitten in Ebersberg:Schwarzes Loch im Landratsamt

Nichts geht mehr ohne Vernetzung. Doch gerade die Kreistags-CSU hat im Sitzungssaal da so ihre Probleme

Von Wieland Bögel

Die Vernetzung hat ja, zumindest als Wort, eine erstaunliche Karriere hingelegt. Noch vor wenigen Jahren vielleicht höchstens abfällig als Folge der Tätigkeit lästiger Arachniden in Kellern und Dachböden analog zu "Verschmutzung" gebraucht, geht heute ohne Vernetzung schon gleich gar nichts mehr. Wer es zu etwas bringen will, muss sich vernetzen, ja netzwerken. In der Technik gilt das sowieso, da ist eh alles am Netz. Vom Telefon, das inzwischen schlauer ist als mancher Nutzer, bis zum Kühlschrank, der der Krankenkasse petzt, welche ungesunden Lebensmittel in ihm lagern. Eine Entwicklung, welche als unbedingt heilsbringend anzusehen ist, keine politische Agenda kommt noch ohne Digitalisierung und Netzausbau aus - die Politik selbst dagegen eigentlich ganz gut, wie nun ein Beispiel aus dem Ebersberger Kreistag zeigt.

Dort ging es kürzlich, wie könnte es anders sein, um die Segnungen des Digitalen, konkret um etwas, das sich in der Sprache der Rundumvernetzten "E-Government" nennt und in die Sprache aller anderen übersetzt bedeutet, alles, was bisher auf Papier verteilt wurde, gibt es jetzt nur noch am Bildschirm. Ob es dazu kommt, und wenn ja bis wann, steht noch aus, ein Grund dafür ist auch, dass der Sitzungssaal ganz offensichtlich noch nicht in der Zukunft angekommen ist. So erklärten einige Kreisräte, sie würden ja gerne den digitalen Sitzungsdienst in Anspruch nehmen - wenn sie denn könnten. Das Problem der Kreisräte ist dasselbe, wie es manche Bewohner ländlicher Regionen kennen: Es gibt einfach kein Netz. Zumindest nicht überall. Ausgerechnet Vertreter jener Partei, die nicht müde wird, die unmittelbar bevorstehende Komplettverschiebung des Freistaates in virtuelle Räume zu verkünden, scheinen im Sitzungssaal digital abgehängt. Denn interessanterweise scheint vom Funkloch ausschließlich die CSU-Fraktion betroffen zu sein - was von den Vertretern der übrigen Parteien nicht ganz ohne Witzeleien zur Kenntnis genommen wurde. Man sei eben schneller und habe schon alle Daten aus dem Landratsamtsnetz gesaugt, war etwa aus den Reihen der Grünen zu hören.

Die Verwaltung sicherte eine schnelle Lösung des Problems zu, das schwarze Loch im Sitzungssaal soll schon bald der Vergangenheit angehören. Dann kann wieder vernetzt werden, bis die Spinnen vor Neid von der Wand purzeln.

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