Mitten in der Wohnung:Brummender Bruchpilot

Als Tierfreund kann man sich schon manches Mal wundern. Zum Beispiel darüber, warum die Natur dicke Käfer hervorbringt, die zwar fliegen, aber nicht landen können

Von WOLFGANG SCHÄL

Wir müssen an dieser exponierten Stelle der Zeitung nicht die großen Ereignisse des Weltgeschehens schildern, ja eigentlich sind hier die kleinen Erlebnisse des Alltags gefragt, die dann aber im Idealfall möglichst zu heiterem Nachdenken anregen sollen. In diesem Sinne schildern wir einen Vorfall, der sich unlängst daheim bei geöffneter Balkontür ereignet hat. Mit tiefem Brummen nähert sich da ein unbekanntes Flugobjekt. War das eine Hornisse oder gar ein Maikäfer, der sich im Monat vertan hatte?

Man konnte gar nicht so schnell schauen, da bumste der undefinierbare Flieger an die gegenüberliegende Fensterscheibe, stürzte ab und bot sich so dem Blick des herbeigeeilten Kolumnisten. Es handelte sich um einen blaugrün schillernden Käfer, der den Absturz zwar unversehrt überstanden hatte, sich aber in einer misslichen Lage wiederfand: Er lag mit zappelnden Beinchen hilflos auf dem Rücken, außerstande, sich umzudrehen. Ehrensache, dass man als Tierfreund in einem solchen Fall hilft. Als probates Mittel erwies sich ein DIN A 4-Blatt, mit dem sich der Havarist problemlos auf die Beine stellen ließ. Wir haben ihn in die Freiheit entlassen, indem wir ihn am Balkon in die Luft geworfen haben, in der Hoffnung, dass er sich auf seine bescheidenen Flugkünste besinnen würde.

Der versprochene besinnliche Teil dieser kleinen Betrachtung läuft nun auf die Überlegung hinaus, ob es nicht eine Gemeinheit der Natur ist, einen Käfer fliegen zu lassen, ihn aber nicht zu befähigen auch zu landen. Denn welches Schicksal wäre ihm wohl ohne unsere Hilfe beschieden gewesen? Er wäre gewiss verhungert. Unser zoologisches Interesse aber war geweckt, und so haben wir gegoogelt, welcher Art der Kerbtiere der grüne Bruchpilot wohl angehört haben könnte, und sind zu dem Urteil gekommen, dass es nur der Gemeine Rosenkäfer (Cetonia aurata) gewesen sein kann, der laut Internet-Lexikon "seinen prunkvollen Auftritt mit tiefem Brummen ankündigt". Prunkvoll? Na gut. Eine Variante aber haben wir spontan ausgeschlossen, und dies wäre nun die etwas heitere Komponente: den von der Suchmaschine bildreich angebotenen grünen VW Käfer.

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