Mitten in der Region:Nicht so viel Wind machen

"Leise rieselt der Schnee", heißt es im Weihnachtslied. Leider hält sich das Klima nicht daran

Von Viktoria Großmann

Das bisschen Wind, das gerade über den Landkreis fegt, wacklige Vordächer abreißt, Mülltonnen umwirft und weihnachtliche Girlanden aus Tannengrün und roten Kugeln in bedenkliche Schwingungen versetzt, ist ja dem Wetterbericht schon gar keine Meldung mehr wert. Vor Ostern stürmte Orkantief Niklas so wild, dass Bäume umfielen und der S-Bahn-Verkehr eingestellt wurde. Winterzeit ist Windzeit, man gewöhnt sich daran. Was da fegt und einem den Nieselregen ins Gesicht reibt, ist wahrscheinlich ein Symptom dessen, worüber in Paris gerade verhandelt wird, und das erinnert einen daran, dass es leider überhaupt nicht hilft, diesem Wetter mit einem Flug in den Süden entfliehen zu wollen. Fliegen ist böse und führt auf lange Sicht zu noch mehr Sturm, sintflutartigen Regengüssen und überhaupt weniger Winter.

Versuchen wir es also mit den positiven Seiten dieses empfindlichen Menschen Kopfweh verursachenden Dauergebläses. Von jeher ist der Wind ein willkommener Sündenbock. Schon Hänsel und Gretel benutzten ihn als Ausrede: "Wer knuspert an meinem Häuschen?" - "Der Wind, der Wind, das himmlische Kind." Die Hexe fällt nicht darauf herein und fängt die Geschwister trotzdem. Vielleicht war es damals im Märchenwald noch nicht bekannt, dass Wind ganze Dächer abdecken und mit Leichtigkeit ein Lebkuchenhaus einreißen kann. Auch wer Antworten sucht, weiß seit den Sechzigern, dass er diese beim Wind suchen kann. Der pfeift sich eins - die Antworten sind bis heute nicht gefunden und auch in Paris wird in hochgesicherten Gebäuden kaum einer das Sturmheulen vernehmen. Wie kann man da auf frischen Wind in der Debatte hoffen?

Bei aller Mühe: Die positiven Seiten von Sturmtiefs sind überschaubar. Sie verteilen Müll in den Straßen, machen viel kaputt, Radfahren schwer und liefern der S-Bahn einen Grund mehr, nicht zu fahren. Es heißt im Weihnachtslied nicht: "laut heult der Sturm", sondern "leise rieselt der Schnee". Wenn wir das wollen, müssen wir wohl alle versuchen, ein bisschen weniger Wind zu machen.

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