Missbrauch: Vater verurteilt:Ende einer Lebenslüge

Wegen Vergewaltigung und Missbrauch seiner drei Kinder wird Peter H. zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Nach mehr als einem Jahrzehnt hatte seine Tochter Anzeige gegen ihn erstattet.

Andreas Salch

Sie waren alle drei noch kleine Kinder, als sie der eigene Vater sexuell missbrauchte. Mal auf dem Küchentisch der elterlichen Wohnung, im Keller oder bei Ausflügen mit dem Fahrrad. Die Kinder schwiegen. Jahrelang. Auch als Erwachsene erzählten sie niemandem davon, was ihnen ihr Vater angetan hatte. Doch dann kam alles ans Licht. Und Peter H., 63, der sich seit Anfang der Woche vor dem Landgericht München II verantworten musste, wurde mit seiner dunklen Vergangenheit konfrontiert. Am Donnerstag verurteilte die 1. Jugendkammer ihn wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern in 41 Fällen zu sieben Jahren und sechs Monaten Gefängnis.

Peter H. nahm das Urteil völlig regungslos zur Kenntnis. Seine Verteidigerin schien ihn darauf vorbereitet zu haben, dass er mit einer langen Haftstrafe wird rechnen müssen. In ihrem Plädoyer hatte sie vier Jahre und sechs Monate gefordert und gesagt, die Taten ihres Mandanten an seinen Kindern seien eine "Schweinerei." Eine "Schweinerei", für die dieser jedoch bis heute keine Erklärung habe. Bei seiner Vernehmung hatte Peter H. behauptet, seine Kinder hätten bei den sexuellen Übergriffen freiwillig mitgemacht. "Ich glaube, er glaubt das tatsächlich", sagte die Verteidigern und fügte hinzu. Ihr Mandant sei hier wohl einer "Lebenslüge" erlegen.

Dass sich der 63-Jährige nun doch noch vor Gericht mit dieser Lebenslüge auseinandersetzen musste, kam so: Im Sommer vergangenen Jahres telefonierte die Tochter mit ihrem Vater. Trotz der Übergriffe hatte sie den Kontakt zu ihm nie ganz abgebrochen. Als sie ihm von ihren Eheproblemen erzählte, fragte dieser sie, ob er es ihr "wieder mal richtig besorgen" solle. Daraufhin erstattete die 31-Jährige Anzeige.

Die Tochter trat in dem Verfahren als Nebenklägerin auf. Ihre beiden Brüder, die ebenfalls aussagten, schlossen sich der Nebenklage ihrer Schwester jedoch nicht an. Der Jüngere der beiden hatte bei seiner Vernehmung bei der Polizei erklärt, er habe das, was sein Vater ihm angetan habe, "abgehakt".

Der Tochter des Angeklagten zolle sie ihre "Hochachtung" dafür, dass sie schließlich doch zur Polizei sei und ihren Vater angezeigt habe, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft bei ihrem Plädoyer. Sie forderte neun Jahre Gefängnis. Peter H. hielt sie vor, er habe gegenüber seinen Kindern ein "Klima der Einschüchterung und Gewalt" geschaffen, so dass diese die sexuellen Übergriffe erduldet hätten. Vor der Verkündung des Urteils sagte der 63-Jährige bei seinem Letzten Wort: "Mir tut die ganze Sache leid, ich kann es nicht mehr ändern." Seine Tochter, die mit ihrer Anwältin auf der anderen Seite des Gerichtssaals saß, begann in diesem Augenblick zu weinen.

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