Missachtete Verbote:Abkürzung als Anliegen

Die Stadt Ebersberg hat Wohngebiete für den Durchgangsverkehr gesperrt - doch kaum ein Autofahrer hält sich daran.

Martin Mühlfenzl

An der Kreuzung Heinrich-Vogl-Straße und Ulrichstraße in Ebersberg ist dieser Tage häufig ein absurdes Schauspiel zu verfolgen: Autofahrer nehmen die Abbiegung in Richtung Krankenhaus, bremsen ab, blicken erstaunt auf ein neues, bisher an dieser Stelle unbekanntes Schild - und setzen ihren Weg dennoch vollkommen unbeirrt fort.

Mit Eröffnung der Südumgehung hat die zuständige Straßenmeisterei die Stadtteile Friedenseiche, Eggerfeld und Moossteffl für den Durchgangsverkehr gesperrt. "Anlieger frei"-Schilder kennzeichnen seit Anfang Dezember die Zufahrten zu den drei Ortsteilen und sollen den Verkehr aus den betroffenen Wohngebieten heraus halten. Doch eine Verweildauer von nur wenigen Minuten an den Zufahrtsstraßen - an der Ulrich-, Balde- oder der Semptstraße - macht deutlich, dass die Schilder kaum Wirkung zeigen.

Besonders vor Augen geführt wird dies an der Ecke Heinrich-Vogl-Straße und Ulrichstraße, die vielen Autofahrern wohl weiterhin als Abkürzung in Richtung Münchner Straße dient. "Nichts hat sich geändert", bestätigt Grünen-Stadtrat Philipp Goldner. "Alles ist genau so geblieben, wie wir es befürchtet haben." Zwar habe auch seine Fraktion der Umwandlung der Stadtteile Eggerfeld und Friedenseiche in verkehrsberuhigte Zonen zugestimmt, vom Ausbleiben der erhofften Wirkung sei er aber von Beginn an ausgegangen: "Weil es nicht reicht, wenn man nur Schilder aufstellt. Da hält sich niemand dran."

Ein Verkehrsschild habe für Autofahrer, die seit Jahren ein und dieselbe Abkürzung und Route wählen, eben keinerlei abschreckende Wirkung. Dies bestätigt auch SPD-Stadträtin Angela Warg-Portenlänger, die als Anwohnerin in der Semptstraße täglich mit dem Verkehr zu kämpfen hat. "Bei uns rauschen die Autos nach wie vor durch - selbst an Kindern vorbei, die gerade auf dem Weg in die Schule sind", berichtet die Sozialdemokratin. "Es hat sich noch nichts geändert. Und ich bin auch skeptisch, ob das überhaupt passiert."

Eine Chance, so vermutet Ebersbergs Rathauschef Walter Brilmayer (CSU), biete die komplette Umstellung des innerstädtischen Verkehrskonzeptes in der Kreisstadt im Frühjahr. Wenn es die Temperaturen erlauben, wird der seit zehn Jahren bestehende Einbahnstraßenring in Ebersberg wieder aufgehoben: "Dann fließt der Durchgangsverkehr besser durch die Stadt und die Wohngebiete werden deutlich entlastet."

Dem widerspricht hingegen Goldner in aller Deutlichkeit: "Auch das neue innerstädtische Verkehrskonzept wird überhaupt keine Wirkung haben." Einzig die mit der Einführung von verkehrsberuhigten Zonen einhergehende Löschung der Zufahrtsstraßen aus den Navigationssystemen könne eine marginale Entlastung bringen: "Aber das wird letztendlich auch nur der Tropfen auf den heißen Stein sein."

Unisono wollen Warg-Portenlänger und Goldner daher für den Rückbau der Straßen in den betroffenen Wohngebieten plädieren, "wenn nach der Umstellung in der Innenstadt deutlich wird, dass sich nichts ändert", wie die SPD-Stadträtin erläutert. "Dann müssen bauliche Maßnahmen vorgenommen werden, die es vollkommen unattraktiv machen, durch Anlieger-Wohngebiete zu fahren."

Bürgermeister Walter Brilmayer sieht bei der Einhaltung der Verkehrsregeln hingegen die örtliche Polizeiinspektion in der Pflicht: "Wenn kontrolliert wird, werden die Autofahrer abgeschreckt. Das wird uns sicher weiter helfen." Allein Verkehrskontrollen wird es in großer Zahl nicht geben, widerspricht Dirk Anders von der Polizeiinspektion dem Rathauschef: "Es ist vollkommen utopisch, zu glauben, wir könnten ständig an allen Ecken für Ordnung sorgen.

Dafür haben wir nicht die nötigen personellen Ressourcen." Dies werde bereits bei der alten Ortsverbindung nach Grafing über den Kapser Berg deutlich: "Auch diese Durchfahrt ist nur für Anlieger geöffnet - und wir könnten mit Kontrollen eine Menge Geld einnehmen." Allein es fehlt das Personal.

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