Messerattacke in Grafing:Angreifer macht verwirrende Aussage - Zweifel an Schuldfähigkeit

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  • Nach der tödlichen Messerattacke am S-Bahnhof Grafing bei München gehen die Ermittler von einem Einzeltäter ohne Bezüge zum islamistischen Terrorismus aus.
  • Der 27-jährige Messerstecher aus Hessen habe nach seiner Festnahme einen wirren Eindruck gemacht, seine Schuldfähigkeit werde geprüft.
  • Bei dem Angriff kam am frühen Morgen ein Mann ums Leben, drei weitere Menschen wurden teils schwer verletzt.

Im Falle des Messerstechers von Grafing gibt es nach bisherigen Ermittlungen Zweifel an der Schuldfähigkeit. Die Aussagen des 27-Jährigen bei den Vernehmungen seien "verwirrend" gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich bei einer Pressekonferenz am Nachmittag. Der Beschuldigte soll am Mittwoch dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, ihm wird Mord sowie versuchter Mord in drei Fällen vorgeworfen.

Am frühen Morgen war der Mann in Grafing Bahnhof mit einem Messer auf mehrere Männer losgegangen, ein Opfer erlag kurz darauf seinen schweren Verletzungen, drei weitere Männer wurden in Krankenhäuser gebracht.

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Polizei
:Toter bei Messerattacke in Grafing Bahnhof - Täter hatte offenbar psychische Probleme

Ein 27-Jähriger aus Hessen hatte am frühen Morgen wahllos um sich gestochen und dabei einen Mann getötet. Zunächst hatten Hinweise auf eine politische Motivation schließen lassen.

Von Anja Blum, Katharina Blum, Thorsten Rienth und Susi Wimmer

Bei seinem Angriff hat der 27-Jährige der Polizei zufolge "Ungläubiger, du musst jetzt sterben!" und "Allahu-Akbar" (Allah ist groß) gerufen. Bei der Festnahme habe er ein Messer am Gürtel getragen, sagte Polizeivizepräsident Günther Gietl vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord. In der Nähe des Tatorts seien ein Personalausweis, ein Führerschein, persönliche Unterlagen, ein Rucksack und Schuhe gefunden worden. Die Schuhe hatte der Mann offenbar ausgezogen, weil er glaubte, dass darin Wanzen seien, sagte er bei der Vernehmung.

Bislang ist es den Ermittlern nicht gelungen, einen Bezug des in Hessen gemeldeten Mannes nach Bayern oder Grafing herzustellen. Nach Angaben von Kriminaldirektor Lothar Köhler vom bayerischen Innenministerium fuhr der Täter am Montag per Zug von Hessen nach München.

Dort habe er am Montagabend erst versucht, ein Hotel zu nehmen. Weil er kein Geld hatte, sei er zunächst am Münchner Hauptbahnhof geblieben und habe sich später in die S-Bahn nach Grafing gesetzt, wo er um 1.38 Uhr nachts ankam. Der Ort war nach Angaben von LKA-Vizepräsidentin Petra Sandles ein "zufällig gewählter Tatort". Um 4.45 Uhr habe der Mann dann "mehr oder weniger planlos" auf Passanten eingestochen, so Köhler.

Über eine politische Radikalisierung gibt es keine Erkenntnisse. Weder aus dem Staatsschutzbereich noch von Nachrichtendiensten gebe es Hinweise darauf, dass der Täter "in irgendeiner Form" Bezüge zu islamistischen, salafistischen Gruppierungen oder Personen hatte, sagte Kriminaldirektor Köhler. Es gebe auch keine Hinweise auf Videos, die zu einer Radikalisierung des 27-Jährigen beigetragen haben könnten. Der Mann aus dem Raum Gießen sei seit zwei Jahren arbeitslos, zuvor habe er als Schreiner gearbeitet.

Noch unklar ist, ob der Mann zur Tatzeit unter Drogeneinfluss stand. Er habe selbst angegeben, Drogen genommen zu haben. Laut Kriminaldirektor Köhler gibt es Hinweise, dass er vor zwei Tagen im Raum Gießen Drogen konsumiert habe und dass dies mit ein Grund für seine Verwirrtheit sein könnte. In jüngster Zeit habe der Mann Cannabis konsumiert, sagte Köhler. Er wisse aber nicht, welche Drogen der Mann in Hessen genommen habe. Es sei bisher kein Strafverfahren gegen ihn wegen Besitzes von Betäubungsmitteln bekannt.

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