Markt Schwaben:Wettkampf der Wortkünstler

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Slammerin Veronica Rieger, einer der Stars der Szene, eröffnete den Abend in der Theaterhalle. (Foto: Christian Endt)

150 Gäste beim ersten Markt Schwabener Poetry Slam

Von Sandra Langmann, Markt Schwaben

"Ich stehe an der Uni. Ihr seht Kaffeebecher und bunte Mappen. Doch ich sehe den Bettler am Rande der Gesellschaft." Nachdenklich und wortgewandt eröffnete Veronica Rieger mit ihrem Text "Ich sehe was, was ihr nicht seht" am Freitag den ersten Poetry Slam in Markt Schwaben. Die Veranstalter hatten Rieger, die als aufstrebender Stern in der bayerischen Slammer-Szene gilt, gewissermaßen als Stargast eingeladen wurde. Auch wenn die junge Garmischerin mit diesem Begriff, wie sie selbst sagte, nicht so gut zurechtkam, zog sie das Publikum schnell in ihren Bann. Etwa 150 Zuseher hatte die Slam-Premiere in die Markt Schwabener Theaterhalle gelockt. Weit mehr, als Thomas Steinbrunner, der 21-jährige Organisator und Vorstandsmitglied im Theaterverein, der als Moderator durch den Abend führte, erwartet hätte. Nachdem die Slammer-Szene in München immer größer werde und zahlreiche Poetry Slams bereits im Umland stattgefunden hätten, sei es nun an der Zeit gewesen, einen Slam in Markt Schwaben zu veranstalten, sagte er.

Acht Autoren hatten an diesem Abend die Möglichkeit, ihre selbst verfassten Texte vorzutragen und ihr Können unter Beweis zu stellen. Aufgeteilt in drei Gruppen traten die Slammer gegeneinander an. Da sie durch Zufallsprinzip ausgewählt wurden, gestalteten sich die Inhalte der Texte sehr unterschiedlich und abwechslungsreich. So erzählte Marie von einem melancholischen Novembertag, während Bert das Reimen nicht lassen konnte. "Scheiterhaufen, auf dem Hexen schnaufen" fügten sich in einen Text, in dem lustige Alltagssituationen geschildert wurden. Als "echter Münchner" slammte Aaron von "Acht Cent" und brachte damit das Publikum zum Lachen.

Auch drei Jurymitglieder wurden per Zufallsprinzip ausgewählt und gesellten sich zu zwei weiteren Juroren auf die Bühne, auf der Sofas und ein Couchtisch eine gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre entstehen ließen. Aufgrund der hohen Wertungen stellte Thomas Steinbrunner fest, dass die lustigeren Themen bei der Jury besser ankamen. Clemens schlug ernste Töne an und erhielt 35,1 Punkte, während Damiano mit einem Tatsachenbericht über seine Zeit als Lehramtspraktikant an einer Mädchenschule 44 von 50 möglichen Punkten erreichte.

Bert, Aaron und Damiano schafften es schließlich ins Finale. Eilig wurden wieder die gefalteten Zettel aus der hinteren Hosentasche gekramt und mit vor Euphorie zitternden Händen vorgetragen. Damiano vertrat in seinem Finalbeitrag die überraschende These, dass die "Islandisierung Europas" vor der Tür stehe und Deutschland sich in Acht nehmen müsse. Bert reimte vom Besen, der nicht nur als übliches Haushaltsgerät eingesetzt wird, sondern auch als böse Gestalt in Goethes "Zauberlehrling" sein Unwesen treibt.

Die Herzen der Jury eroberte überraschenderweise letztlich aber doch Aaron, in bunter Joggingjacke und schwarzer Mütze, mit einem ernsten Slam über "Armut". Ist derjenige arm, der Bauchschmerzen hat, weil er nichts zu essen hat? Oder der, der Bauchschmerzen hat, weil er zu viel gegessen hat? Auch Thomas Steinbrunner zeigte sich beeindruckt von dieser Leistung und überreichte seinem Slammer-Kollegen neben Pokal und Gutschein auch ein großes Gemälde von Goethe, dem Slammer-König, wie er sagte.

Stolz kündigte er an, dass er nach diesem erfolgreichen Abend im März gerne wieder einen Poetry Slam aufziehen würde.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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