Markt Schwaben:Wenn der Bürgermeister zur Laubsäge im Mammutbaumwald wird

Markt Schwaben: Im Prinzip sind sich beide Lager einig: Bilder wie diese nahe des alten Markt Schwabener Tennisplatzes wollen sie im Ort so selten wie möglich sehen.

Im Prinzip sind sich beide Lager einig: Bilder wie diese nahe des alten Markt Schwabener Tennisplatzes wollen sie im Ort so selten wie möglich sehen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach einer emotionalen Debatte lehnt Markt Schwabens Gemeinderat den Antrag auf eine Baumschutzverordnung ab. Es ist so gut wie unmöglich, die zerstrittenen Lager zu beruhigen. Georg Hohmann versucht es trotzdem.

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

In dem oberbayerischen Ort Markt Schwaben gibt es drei verschiedene Umgangsformen mit Bäumen: Es gibt den Vernunftmenschen, der bei jedem Schnitt mit der Säge abwägt, ob es ihn wirklich braucht. Der zweite Vertreter weiß die Vorzüge eines Baums zwar zu schätzen, wenn aber seine Schattenseiten negativ auffallen, dann erinnert er sich daran, dass er eine Kettensäge im Keller hat. Und es gibt den ruchlosen Frevler, der sägt und fällt, wie es ihm gerade passt.

Diese Analyse der Beziehung zwischen Baum und Dorfbewohner stammt aus der Markt Schwabener Gemeinderatssitzung vom Dienstagabend, aufgestellt hat sie Grünen-Gemeinderat Andrä le Coutre.

"Es gibt eben nicht nur Vernünftige", sagte le Coutre, weswegen er und die Grünenfraktion eine Baumschutzverordnung einführen wollen - also ein Regelwerk, das festlegt, bis zu welcher Größe Bäume gefällt werden dürfen und wann die Grenze erreicht ist. Am Ende lehnte der Gemeinderat den Antrag mit 15 zu sieben Stimmen ab - zur Erleichterung der CSU. Ihre Argumente überzeugten am Ende mehr.

So banal es angesichts der globalen Nachrichtenanlage auch klingen mag: Baumschutzverordnungen erhitzen die Gemüter, seit es sie gibt. Schon vor 20 Jahren stritten sich die Markt Schwabener Gemeinderäte deswegen, damals galt im Ort noch eine Baumschutzverordnung. Auf Drängen der CSU wurde sie schließlich abgeschafft, seither darf in der Gemeinde jeder selbst bestimmen, wann er in seinem Garten einen Ast absägt oder einen Baum umhackt.

Beide Lager wollen das gleiche, nur über unterschiedliche Wege

Die Befürworter der Verordnung kritisieren seither, dass die Kontrolle verloren gegangen ist, dass man in seinem Garten tun und lassen kann, was man will - was schlecht für den Baumbestand sei. Die Gegner der Verordnung warnen vor mehr Verwaltungsaufwand. Außerdem befürchten sie, dass die Nachricht einer neuen Baumschutzverordnung bei den Bürgern zu Kurzschlusshandlungen führen könnte: Dass, bevor sie in Kraft tritt, schnell noch die Motorsäge zum Einsatz kommt.

Im Prinzip verfolgen jedoch beide Lager das gleiche Ziel: Beide wollen Bäume vor menschlicher Willkür schützen. Uneins sind sich die Fraktionen jedoch darin, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Entsprechend emotional ging es im Sitzungssaal im Markt Schwabener Feuerwehrhaus zur Sache.

Selten waren die Stimmen so laut, selten verfärbten sich die Köpfe in solch bedenklichem Ton wie am Dienstagabend. Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) sah sich bereits nach den ersten Wortmeldungen dazu genötigt, um mehr Sachlichkeit und weniger Emotionalität zu bitten. Die Worte des Verwaltungschefs waren zwar gut gemeint. Genauso gut hätte er aber versuchen können, einen Mammutbaum mit einer Laubsäge zu fällen.

Ein Votum, das auf die Vernuft des Bürgers vertraut

Markt Schwabens Zweiter Bürgermeister Albert Hones hatte den verbalen Schlagabtausch aus der Ecke der CSU mit einem flammenden Plädoyer für einen liberalen Umgang mit Baum und Bürger eingeleitet. "Wir hatten noch nie einen so schönen und großen Baumbestand wie jetzt", sagte er. Und das, so Hones, liege vor allem daran, dass es keine Regeln für Baumfällungen mehr gebe.

Le Coutres Grünen-Kollege Joachim Weikel hielt sogleich dagegen: "Ich bezweifle stark, dass der Ort deswegen grüner geworden ist", so Weikel. "Es hat sich schon früher gezeigt, dass die Verordnung den Bäumen gut tut".

In Markt Schwaben bleibt somit vorerst alles beim Alten, so wie in Ebersberg, wo es ebenfalls keine Baumschutzverordnung gibt - anders als etwa in Vaterstetten oder Poing, wo Strafen fällig werden, wenn man die Regeln missachtet. In Markt Schwaben haben sie sich mit ihrem Votum dafür entschieden, auf die Vernunft der Bürger zu vertrauen.

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