Markt Schwaben:Schwungvolle Zeitreise

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Auch im Mittelalter wurde gespielt, das ist eine der Erkenntnisse der Buben und Mädchen bei der Projektwoche. (Foto: Hinz-Rosin)

Grundschüler befassen sich mit der 900-jährigen Geschichte Markt Schwabens

Von Anselm Schindler, Markt Schwaben

Bunte Stoffwimpel hängen von der Decke. Und einige Meter darunter tanzen Kinder in weißen Kitteln zu mittelalterlicher Musik. An Nachmittagen geht es in der Markt Schwabener Grundschule für gewöhnlich ruhig zu, doch ausnahmsweise war jetzt einmal das Gegenteil der Fall. Kein Wunder. Denn in der Aula der Grundschule werden 900 Jahre Geschichte nachgespielt, -getanzt und -erzählt. Auch der Eingangsbereich der Aula ist gestopft voll, einige der Eltern strecken ihre Armen in die Höhe, um mit Smartphones zu filmen. Nach der Tanzeinlage verteilt sich die Menge; in verschiedenen Räumen können sich Lehrer und Eltern anschauen, was der Nachwuchs in der vergangenen Woche erarbeitet hat.

In Workshops, im Heimatmuseum, auf Unterrichtsgängen, beim Handwerken und bei verschiedenen Tänzen konnten die Kinder lernen, wie sich das Leben in Markt Schwaben in den vergangenen Jahrhunderten angefühlt haben muss. Leicht war es jedenfalls nicht, in einer Vitrine werden Pestmasken zur Schau gestellt, die von Kindern aus Pappmaché gebastelt wurden. Die pechschwarzen Masken bedecken große Teile des Gesichtes, sie sollten Ärzte vor der Infektion mit dem Pest-Erreger schützen. Im langen Schnabel der Masken steckten Heilkräuter und ätherische Öle. Geholfen hat das zumeist wenig.

Die Geschichte Markt Schwabens beginnt - glaubt man Historikern - im Jahr 1115. Vor genau 900 Jahren soll der Ritter Ulrich von Moosach dem Ebersberger Kloster "eine Mühle bei den Schwaben" geschenkt haben, wie sich aus Schriftstücken und Urkunden dieser Zeit herauslesen lässt. Und so wurden in den ersten Klassen fleißig Bilder von Mühlen gemalt. "Das macht es für die Kinder greifbar", erklärt Rektorin Susanne Anderl-Schottner. Neben der Mühle ist es aber vor allem die Burg Schwaben, der die Kinder Begeisterung schenken. Auch sie wurde von Schülern gebastelt, Beschriftungen erzählen von der Geschichte der Burg Schwaben, die im Jahr 1283 von Herzog Ludwig II erbaut wurde und schon nach wenigen Jahren dem Feldzug eines anderen Herzogs zum Opfer fiel.

Ein Stockwerk höher steht derweil Grundschullehrerin Johanna Kraxenberger inmitten einer Horde Kinder, die allesamt gleichzeitig "Frau Kraxenberger" zu rufen scheinen. Doch "die Anstrengungen lohnen sich", ist die Lehrerin überzeugt. "Die Kinder nehmen einfach am meisten mit, wenn sie selbst gestalten können", erklärt Kraxenberger. Um sie herum sind die Schüler gerade dabei, ihre Namen in schnörkeliger, historischer Schrift auf verschiedene Papiere zu zeichnen. Die Wände des Klassenzimmers sind voll mit Bildern, auch historische Urkunden haben die Kinder gemalt. Aus der Aula dringt gregorianischer Gesang herauf.

Wer aufmerksam durch Markt Schwaben schlendert, der kann schon an den Straßennamen erahnen, was der jeweiligen Straße einst ihre Bezeichnung gegeben hat. "Im Mai 1805 haben die da zum letzten Mal einen aufgehängt", erklärt der Viertklässler Max mit einem leicht angewiderten Blick und deutet auf ein Foto mit einem Straßenschild. "Am Galgenhölzl" steht darauf.

Es gibt in der Gemeinde aber auch weniger martialische Straßennamen. Die Drechslergasse und die Färbergasse gehören dazu. Oder der Hafnerweg, "wo der Hafner Töpfe hergestellt hat und Teller und Vasen", wie Viertklässler Max den umstehenden Schülern und Eltern erklärt. Das Konzept hinter der Projektwoche, die 900-jährige Geschichte Markt Schwabens greifbar zu machen, scheint aufzugehen. Selbst einige der Eltern summen die Melodien des mittelalterlichen Gesangs vor sich hin, als die Treppen vom Schulgelände Richtung Herzog-Ludwig-Straße hinabsteigen. Und wer aufgepasst hat, der weiß jetzt auch: Herzog Ludwig war der Erbauer der Burg Schwaben.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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