Markt Schwaben:"Ich habe Liebe benötigt"

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Georg Hohmann (links) mit Leslie Schwartz. (Foto: Christian Endt)

Leslie Schwartz besucht das Franz-Marc-Gymnasium

Von Sebastian Hartinger, Markt Schwaben

"Egal wo ihr Rassismus vorfindet, kämpft dagegen. Wir sind Gottes Kinder, und sollten uns auch so benehmen." Mit diesen Worten verabschiedete der gebürtige Ungar Leslie Schwartz, der mit 14 Jahren ins KZ Dachau kam und den Mühldorfer Todeszug überlebte, die Schüler der neunten Klasse des Franz-Marc-Gymnasiums. 2010 war das Gymnasium die erste Schule, die er besuchte, um von seinen Erlebnissen und Erfahrungen während des Holocausts zu berichten. Mittlerweile sei er an mehr als 1000 Gymnasien in Dänemark, Schweden, USA und Deutschland gewesen, erzählte er.

Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) las zu Beginn eine kurze Rede Schwartzs vor. Im Anschluss wurde ein Film über den Mühldorfer Todeszug gezeigt. In einem Geschichtsprojekt hatten Schüler des Franz-Marc-Gymnasiums vor vier Jahren zu den Vorfällen am Ende des Zweiten Weltkrieges recherchiert. Nachdem die Alliierten immer näher rückten, wurden unter anderem die Häftlinge des Mühldorfer Außenlagers, in dem sich zu diesem Zeitpunkt auch Leslie Schwartz befand, in Viehwaggons gezerrt. Ziel sei es gewesen, dass die Gefangenen das Ende des Krieges nicht erleben sollen, so Schwartz. Aufgrund eines Lokschadens musste der Zug in Poing halten. Es verbreitete sich das Gerücht, dass der Krieg zu Ende sei. Die Häftlinge konnten fliehen, wurden aber nach einer Stunde von den SS-Wachen gewaltsam zurückgetrieben. Schwartz wurde dabei von einer Kugel am Hals getroffen. Der Zug fuhr weiter Richtung München, und wurde zunächst von den Alliierten unter Beschuss genommen. Erst nachdem sie ihre Häftlingskleidung auf den Waggon geworfen hätten, hätten die Amerikaner ihren Irrtum erkannt, erzählte Schwartz. Am 30. April wurden sie schließlich in der Nähe des Tutzinger Bahnhofs befreit.

Leslie Schwartz hat im KZ seine Mutter, seinen Stiefvater und seine beiden Schwestern verloren. Nach der Befreiung wurde er in einem Militärlazarett von einem deutschen Arzt behandelt. 1946 emigrierte er in die USA.

Ein Schüler fragte ihn, ob er nach all dem Erlebten noch an Gott glauben könne. "Es ist schwer noch an etwas zu glauben", sagte Schwartz. "Aber es muss einen Grund geben, warum ich überlebt habe. Vielleicht um das zu tun, was ich jetzt mache." Erst mit 80 Jahren sei er über diese Gräueltaten hinweg gekommen: "Mir wurde klar, dass ich Liebe benötigte. Diese Liebe habe ich von euch Schülern erfahren. Es ist wichtig für mich, meine Geschichte an junge Menschen weiterzugeben. Wir sind da angekommen, wo wir begonnen haben. Es liegt an euch, dass so etwas nie wieder passiert."

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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