Markt Schwaben:Zwölfjährige gewinnt Drehbuchwettbewerb

Markt Schwaben: Drehbuchwettbewerb am Markt Schwabener Gymnasium: Es freuen sich Peter Rohmfeld, Annika Zöbisch, Jonas Schlögl, Tassilo Bergen, Jessica Kaltofen, Gewinnerin Amelie Süßmeier, Sabine Lippl, Laura Anderka und Gudrun Schäffner.

Drehbuchwettbewerb am Markt Schwabener Gymnasium: Es freuen sich Peter Rohmfeld, Annika Zöbisch, Jonas Schlögl, Tassilo Bergen, Jessica Kaltofen, Gewinnerin Amelie Süßmeier, Sabine Lippl, Laura Anderka und Gudrun Schäffner.

(Foto: Christian Endt)

Amelie Süßmeier gewinnt mit einem Text über Mobbing den Drehbuchwettbewerb des Markt Schwabener Gymnasiums. Im kommenden Schuljahr wird ihre Idee verfilmt.

Von Victor Sattler, Markt Schwaben

"Ich sehe was, was du nicht siehst." Das dürfen zunächst einmal alle jungen Geschichtenerzähler von sich behaupten. Auf die 15-jährige Kaya trifft es aber in besonderem Maße zu, denn Kaya, die lange Zeit unter dem Mobbing ihrer Mitschüler litt, findet eine magische Brille, durch die sie die Gedanken, Gefühle und Erinnerungen der anderen lesen kann. Eine Superkraft von derartigem Kaliber bedeutet immer große Verantwortung - und so stößt die Brille bei dem Mädchen nach anfänglichen Rachegelüsten eine echte Persönlichkeitsentwicklung an. Kaya ist die fiktive Protagonistin eines gleichnamigen Treatments, mit dem die zwölfjährige Amelie Süßmeier nun den Drehbuchwettbewerb am Markt Schwabener Gymnasium gewonnen hat.

Bei der Preisverleihung am Donnerstag bedurfte es keiner Wunderbrille, um die Nervosität in den Gesichtern auszumachen, als sieben Urkunden und zwei DVD-Hauptpreise den Besitzer wechselten. Aber auch Stolz und Freude über die eigene Arbeit waren spürbar, selbst bei jenen, die es nicht aufs Siegertreppchen schafften - "es war ein knappes Rennen", sagte Peter Rohmfeld, Leiter der Filmgruppe am Franz-Marc-Gymnasium.

Gemeinsam mit Kollegin Gudrun Schäffner, die für die Drehbuchgruppe zuständig ist, gab er sich größte Mühe, die Beiträge aus allen Genres gleichermaßen zu würdigen; egal ob Action, Fantasy, Surrealismus oder Roadmovie. Von pinkfarbenen Monsterwürmern bis hin zu genmanipulierten Superkriegern war alles dabei. Ähnlich wie Amelie Süßmeiers "Kaya" nähert sich der zweite Platz mit kindlichem Ansatz einem komplexen Sachverhalt: "Die Kaugummikönigin" der nur zehnjährigen Sabine Lippl wagt sich an das Thema Sucht heran, Besessenheit und Entzug spürt hier, wer einmal von dem magischen Kaugummi probiert. Für diese von der Jury erkannte Transferleistung gab es ebenfalls eine DVD.

Als eine von zwölf Jurorinnen und Juroren hatte die renommierte Drehbuchautorin Annemarie Schoenle aus Poing die Filmideen der Schüler bewertet. Auf die leichte Schulter nahm die Adolf-Grimme-Preisträgerin diese Aufgabe aber nicht, sondern setzte einen langen Kriterienkatalog an: Spannungsbogen, tiefere Aussage und Figurenentwicklung, aber auch, ob sich das Treatment realistisch umsetzen lasse, zog Schoenle dabei in Betracht.

Mobbing ist ein zentrales Thema an Schulen

"Man ist als Juror natürlich immer subjektiv, das macht es nicht leicht", sagt sie, "aber ich habe mich bei jedem wieder gefragt: Wie hat er oder sie über den Stoff nachgedacht?" In Amelie Süßmeiers Plot erkennt Schoenle nicht bloß einfühlsames Denken, sondern auch besondere Brisanz: "Mobbing ist ein aktuelles Thema, mit dem die Schüler tagtäglich zu tun haben. Nicht zuletzt, weil am Franz-Marc-Gymnasium viel darüber gesprochen und aufgeklärt wird."

Mobbing, ein Problem aus der direkten Lebenswirklichkeit der Schüler - diese Relevanz erkennt auch Lehrerin Schäffner. Folglich könnten Schüler noch etwas lernen, wenn sie sich bald gemeinsam an die Weiterentwicklung von Amelies Treatment setzten - selbst jene, die weit älter sind als die Ideenstifterin. Nachdem ein fertiges Drehbuch ausgestaltet wurde, kann gecastet werden. Die Umsetzung in Dreh und Schnitt übernimmt die Filmgruppe. Seit etwa sechs Jahren gebe es diese kursübergreifende Zusammenarbeit schon, erzählt Schäffner stolz: Die eine Gruppe produziert Texte, die zweite verwandelt geschriebenes Wort in bewegte Bilder.

Rohmfeld bereitete die junge Autorin am Donnerstag auf die ernüchternde Realität vor. "Die Filmgruppe wird dir auch mal sagen müssen: Ne, so nicht, das kostet hunderttausend Euro. Dann muss man einen Kompromiss finden", erklärt er. In diesem Sinne darf die beauftragte Filmgruppe zumindest aber aufatmen: Darüber, dass die Handlung nun in einer Schulklasse spielen wird - und nicht, wie etwa ein konkurrierendes Drehbuch, auf einem Vulkankrater-Campingplatz nahe Neapel.

Künstler sind eigenwillige Denker, anders verdrahtet als ihre Kritiker. Und wie das so oft ist, benennt auch Amelie Süßmeier eine Essenz ihrer Geschichte, die abweicht von jener, welche die Erwachsenen sehen. Denn das Mobbing, das hält sie für ein reines Randgeschehen - ihr Hauptaugenmerk lag vielmehr auf der magischen Brille, mithilfe derer Kaya Gedanken und Gefühle ihrer Mitschüler lesen kann. So stellt sich heraus, dass die Kunst selbst die Autorin zu dem Kniff mit der Wunderbrille inspiriert hatte: "Frau Schäffner hat gesagt, wir sollen sehr lebhaft erzählen, damit man die Figuren auch kennenlernt, wie sie sind", berichtet Amelie. "Weil man ja eben nicht in Menschen hineinschauen kann. Naja, da habe ich mich gefragt: Was, wenn man doch könnte?"

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