Markt Schwaben:Auf dem Sprung nach ganz oben

Markt Schwaben: Mit seinem belgischen Pferd Domburg van de Rechri springt Simon Widmann von einem Podestplatz zum nächsten. Die Trophäen hängen bei ihm daheim in Markt Schwaben.

Mit seinem belgischen Pferd Domburg van de Rechri springt Simon Widmann von einem Podestplatz zum nächsten. Die Trophäen hängen bei ihm daheim in Markt Schwaben.

(Foto: Christian Endt)

Der Markt Schwabener Simon Widmann gilt in seiner Altersklasse als bester Springreiter Bayerns. Vergangenes Jahr hat der 20-Jährige sieben Turniere in ganz Europa gewonnen. Auch wegen eines prominenten Lehrmeisters.

Von Max Nahrhaft, Markt Schwaben

Der Gang durch den Stall liegt im Halbdunkeln, lediglich eine matte Neonröhre spendet schummriges Licht. Zu beiden Seiten des Ganges stehen Pferde in ihren mit Stroh ausgelegten Boxen, im Hintergrund trällert Chart-Musik aus dem Radio. Mitten drin steht Domburg van de Rechri aus Belgien. Straffe Muskelpartien, braune Mähne, glänzende Augen, spitze Ohren.

Unzählige Preise hat er schon gewonnen, international ist er auf Turnieren unterwegs und springt von einem Podestplatz zum nächsten. Damit zählt es zu den besten Pferden von Simon Widmann. Der 20-Jährige ist Mitglied des Bundeskaders - in seiner Altersklasse ist der Markt Schwabener der beste Springreiter Bayerns.

"Die Pferde sind echte Athleten", sagt Widmann. "Die Kunst ist, richtig mit dem Pferd zusammenzuarbeiten." Und das kriegt er ganz gut hin. Das vergangene Jahr war besonders erfolgreich für ihn und seine Tiere. Mit seinen drei Sportpferden war er auf Turnieren in ganz Europa unterwegs, von denen er sieben gewonnen hat. In seinem Alter gilt er zwar als der erfolgreichste Reiter in Bayern, doch auf Bundeslandebene möchte er schon gar nicht mehr antreten. Sein Fokus liegt auf Turnieren im Ausland. Frankreich, Italien, Österreich, Tschechien oder in der Slowakei, dort stellt er seine Fähigkeiten unter Beweis.

"Natürlich schaut man bei den Wettkämpfen zuerst auf seine eigene Leistung, ich reite auf professionellem Niveau", sagt Widmann. In der Wettkampfsituation tritt man zwar gegen die Kontrahenten an, doch wichtiger ist es, die eigenen Nerven im Griff zu haben. "Bei mehreren Tausend Zuschauern im Stadion musst du alles um dich herum ausblenden, sonst läuft es schief", sagt Widmann.

Dabei ist er gerade auf diesem professionellem Niveau die völlige Ausnahme. Während die meisten seiner Mitstreiter mit den Preisgeldern auf den Turnieren ihren Lebensunterhalt bestreiten, macht er das nur als Nebenjob. Denn als Student der Betriebswirtschaftslehre sollte er eigentlich in erster Linie in Vorlesungen und Prüfungen vertieft sein.

Widmann reitet nicht erst seit der Studentenzeit. Aufgewachsen ist er auf einem Pferdehof am Rande von Markt Schwaben, der von seinen Eltern betrieben wird. So kam er schon im Kindesalter mit Pferden in Berührung und saß mit sechs Jahren das erste Mal auf deren Rücken. Vater Martin Vogel - ehemals selbst Springreiter - ist seit jeher auch sein Trainer. Widmann sagt: "Wenn ich hier nicht aufgewachsen wäre, hätte ich das heutige Level nicht erreicht."

Einer seiner Lehrmeister ist Deutschlands erfolgreichster Springreiter Ludger Beerbaum

2008 hat er sein erstes Turnier geritten, da waren die Hindernisse 1,10 Meter hoch, schon zwei Jahre später nahm er an den deutschen Meisterschaften teil und war Reiter im Bundeskader. Dann fehlte ihm aber das geeignete Pferd und erst mit 17 Jahren konnte er mit seinem neuen Pferd "Chicago", das er noch heute reitet, die nächste Hürde nehmen - wortwörtlich: die 1,40 Meter-Hindernisse. Seitdem ging es steil bergauf. Gerade hat ihn der Bundestrainer als einen von acht Reitern wieder für den Bundeskader ausgewählt. Auf den Anstecker mit dem goldenen Bundesadler an seiner Jacke ist er besonders stolz. Eine "große Ehre" sei das für ihn.

Für all das ist viel Arbeit und Leidenschaft nötig, für ihn und die Pferde. Vier Stunden Reittraining stehen für Widmann täglich auf dem Programm, an sieben Tagen die Woche. Die Sprünge selbst übt er gar nicht mehr zu Hause, wichtig ist in erster Linie Kondition und Ausdauer der Pferde. "Wenn das Pferd drei Tage lang nichts gearbeitet hat, spüre ich das nach den ersten Metern", sagt der 20-Jährige. Noch viel wichtiger als das regelmäßige Training ist die innige Beziehung zwischen Pferd und Reiter. Wenn Widmann auf dem Rücken eines neuen Pferdes sitzt, merkt er sofort, ob es "funkt". "Man muss sich mögen und ein gutes Gefühl haben", sagt er, "das Pferd spürt, wenn du Angst hast."

Das Springreiten könne man nicht einfach erlernen, ein gewisses Grundtalent müsse vorhanden sein. Deswegen fällt es ihm auch schwer, in Worte zu fassen, was gute Reiter ausmacht. Den Sprung über die Hürde schafft das Pferd nämlich alleine. "Bis dahin muss ich es dem Pferd möglichst leicht machen. Mit den Schenkeln gebe ich Impulse, damit es am richtigen Punkt abspringt", erklärt er.

Während des Sprungs muss er dann die Spannung halten, damit das Pferd nicht aus der Ruhe kommt. Inzwischen sind seine Reitkünste so weit ausgefeilt, dass er die höchsten Hürden von 1,60 Meter nehmen kann. Dazu beigetragen hat auch die Lehrlingszeit bei Ludger Beerbaum, dem erfolgreichsten deutschen Springreiter. Acht Monate hat er in dessen Stall in der Nähe von Münster trainiert und konnte dort "von den Besten der Besten" lernen, wie er sagt.

Zwar hat der Reitsport momentan noch Vorrang für ihn, doch ewig möchte er das nicht machen. Trotz seiner Erfolge kann er sich nicht vorstellen, später ausschließlich mit Reiten sein Geld zu verdienen. "Im Moment läuft's eben", sagt Widmann. Aber ob das in einigen Jahren noch genauso sein wird, wer weiß das schon. Für das begonnene Jahr jedenfalls ist sein großes Ziel die Europameisterschaft in Bratislava. Widmann: "Wenn alle Pferde gesund bleiben, sollte das schon klappen. Meine Motivation ist der Erfolg."

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