Lesen:Ungebremste Strahlkraft

Woche der Büchereien Eröffnung

Zum ersten Mal ist die Woche der Büchereien im Frühjahr statt im Herbst. Daher rührt auch das diesjährige Motto: Jahreszeiten.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die "Woche der Büchereien" startet mit einer humorvollen Podiumsdiskussion

Von Viktoria Spinrad, Vaterstetten

Der Landrat ist die Sonne und fackelt Australien ab. Zu viel forcierte Strahlkraft, die von Robert Niedergesäß ausgeht. Das mag auch an der Taschenlampe liegen, die er als menschliches Sonnen-Modell in der Hand hält. Diese richtet er beharrlich auf den unteren Teil des Globus, mit dem Sebastian Schlagenhaufer als Erd-Modell um ihn herumschwirrt. Eine Stelle auf dem Globus scheint es dem Sonnenkönig von nebenan besonders angetan zu haben: Down Under. Schlagenhaufer schlägt Alarm: Australien brennt - und der Landrat ist Schuld. Was wussten Landtagsabgeordnete Doris Rauscher (SPD) und Thomas Huber (CSU)? Der Landtag führt den Untersuchungsausschuss "Down Under" ein. Und US-Präsident Donald Trump twittert: "What the hell is going on in Austria?"

Oder: Was war da in der Vaterstettener Bücherei los, als sich etwa 100 Leute vor Lachen kaum noch einkriegen konnten? Es war die wunderbar überspitzte Eskalation, die der Grafinger Schauspieler und Kabarettist Sebastian Schlagenhaufer darbot. Um das Jahreszeiten-Thema der Woche der Bücherei zu veranschaulichen, hatte er den Landrat als Sonnen-Modell auf die Bühne gebeten. Eine Mission, die sich für den Schirmherrn der Woche nicht ganz einfach gestaltete. Schlagenhaufer nahm dessen pointiertes Strahlverhalten als Vorlage für einen klimatischen und politischen Super-GAU - das Publikum dankte es ihm mit tosendem Applaus.

Überhaupt führte Schlagenhaufer mit viel Humor durch die Auftaktveranstaltung der Themenwoche, zu der neben zahlreichen Büchereimitarbeitern auch die gesamte Polit-Prominenz des Landkreises gekommen war. Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) gab sonderbare Erziehungstipps, der Landrat musste vor dem Geigenstock Regina Grafs ausweichen - und auch Doris Rauscher (SPD) musste für Improvisations-Spielchen herhalten: "Fällt die Sommerhitze über die Frida...", gab die Landtagsabgeordnete anhand von Wetter- und Namenszetteln vor - "... wird's auch im Januar so heiß, wie es noch nie war", ergänzte Schlagenhaufer unter Beihilfe des Publikums.

Eine etwas schlüpfrige Bauernregel, die Georg Reitsberger gefallen haben dürfte, hatte er sich in der Podiumsdiskussion zuvor schließlich als Fan von Bauernregeln geoutet. "Die faszinieren mich", ließ der Bürgermeister und Landwirt wissen. Eher amüsiert als fasziniert zeigte sich das Publikum bei seiner Antwort auf die Frage des Moderators, ob es gedruckte Bücher in Zeiten von Tablets und E-Readern überhaupt noch brauche: "Wenn Kinder da sind, muss der Struwwelpeter oder der Suppenkasper als Erziehungshilfe herhalten", erklärte er, um sich dann doch von seiner versöhnlichen Seite zu zeigen: "Büchereien müssen ein Stück Heimat sein." Eine Heimat, zur Not eben "auch für Preißn", wie Michael Sanetra, Leiter der Landesfachstelle des katholischen Medienhauses Sankt Michaelsbund witzelte. Wofür es Büchereien heute noch braucht, da war man sich einig: Als Stätte für Begegnung und Integration, wo man mit einem "Gabi, was gibt's Neues?" von dem Wissensschatz der Angestellten und der Bücher profitiert.

Damit alle Bürger in Zukunft leichter von dem Gesamtbestand aller Büchereien im Landkreis profitieren können, sollen diese in Zukunft offiziell zu einem Netzwerk verschmelzen. Konkret sei ein gemeinsamer digitaler Katalog geplant, erklärte Christina Walser, Leiterin der Vaterstettener Bücherei in einer Pause. "Viele Schüler können sich die Deutschlektüren nicht mehr leisten", sagte sie. Mit einem "kleinen Fernleihring" und damit einem erweiterten Pool soll auch dieses Problem angegangen werden.

Ein Problem sieht Schlagenhaufer auch im All, besonders was den Weltraumschrott angeht, der vom Himmel auf die Erde fällt. "Wir gehen verantwortungslos mit dem Weltall um", so der Kabarettist. Nicht nur, wenn wir Hunde wie Laika ins All schicken - die russische Hündin überlebte den Ausflug bekanntlich nicht. Was aber ist mit ihren Hinterlassenschaften? Die müssen auf dem Astra-Satelliten für Fernsehempfang gelandet sein - "wohl gleich bei dessen Einführung. Also Leute", appellierte Schlagenhaufer an seine Zuhörer, "lest lieber!"

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