Landsham:Rendezvous mit einem Werwolf

Fasching ist nur einmal im Jahr? Nicht so bei Randy Mikels. In seinem Kostümladen in Landsham wird man immer fündig

Von Annalena Ehrlicher, Landsham

Erstaunlich viel kann man über die Gesellschaft lernen, indem man mit Randy Mikels spricht. Mikels ist der Geschäftsführer der Verkleidungs- und Dekoläden "Karneval Universe" und "Horror Shop", die Filialen in München und Landsham haben. "Die Verkleidungstrends hängen natürlich ganz stark damit zusammen, was in den Medien gerade präsent ist", erklärt er. Dabei sei es egal, ob es um Horrorclowns, Schlümpfe - oder den amerikanischen Präsidenten gehe.

"Fasching spiegelt auch immer den Zeitgeist wider", erklärt er. Die Donald-Trump-Masken beispielsweise seien ausverkauft. Aber auch Filme und soziale Phänomene schlagen sich in den Kostümen nieder. "Mit dem neuen Fluch-der-Karibik-Film werden zum Beispiel die eh nicht tot zu kriegenden Piraten wieder besonders beliebt", so Mikels. Ansonsten gehe der Trend in dieser Faschingssaison dahin, dass die Röcke der Frauenkostüme wieder länger sein dürften. "Sexy Hexe geht inzwischen auch wieder mit knielangem Rock", scherzt er. Besonders beliebt seien heuer - gerade bei den Damen - Einhornkostüme. Ein anderer Verkaufsschlager sind die sogenannten Carry-me-Kostüme, bei denen es so aussieht, als werde der Verkleidete von jemandem oder etwas getragen. Diese gehen jedoch ganz schön ins Geld: Circa 120 Euro muss man dafür einplanen.

Mikels ist ein kräftiger Mann Anfang 50, Piercing zwischen den Augenbrauen, Tribal-Tattoos an Armen und Oberkörper. Die potenziell bedrohliche Ausstrahlung solchen Körperschmucks entfaltet sich bei dem gebürtigen Münchener jedoch nicht: Seine Stimme ist leise, fast gedämpft, während er übers Geschäft plaudert. Mikels lacht viel, auch nach mehr als 30 Jahren im Geschäft scheint die Mischung aus Latexgeruch und Neonlicht im Laden ihn noch ehrlich zu begeistern. "Es macht ja auch Spaß! Unsere Kunden sind zum Beispiel fast alle super nett - die kommen ja her, weil sie Lust zu feiern haben", sagt er.

4000 Quadratmeter Lagerfläche und zwei Etagen, auf denen die Ware dekoriert ist, umfasst Mikels fantastisches Kabinett in Landsham. Als Pförtner fungiert ein etwa zweieinhalb Meter hoher Werwolf im Holzfällerhemd, den Mikels und seine Kollegen selbst aus Schaumstoff und Latex gebaut haben. "Selbst die Anlage hier ist im Grunde schon wieder zu klein", so Mikels, "wir könnten eigentlich das Vierfache zeigen." Verkleidungen, Deko- und Spaßartikel liefen schließlich das ganze Jahr über. "Natürlich nutzen wir auch jeden Anlass: Junggesellenabschiede, St. Patrick's Day, Oktoberfest und diverse Mottopartys - das alles wird immer beliebter", erklärt er. Dennoch gibt es zwei Anlässe, zu denen Mikels zusätzlich zu den acht dauerhaften Mitarbeitern Leute anheuern muss, weil so viel los ist: Halloween und - wenig überraschend - Fasching.

Mikels' Team führt, im harmlosen Sinn, ein Doppelleben: Die Labels Horror Shop und Karneval Universe dienen im Internet der Orientierung der Kundschaft. Während der Horror Shop eine Spielwiese für Halloween- und Grusel-Fans ist, können sich auf der Karneval-Universe-Seite problemlos auch Kinder alleine umschauen. In Landsham laufen die Stränge zusammen in einem Laden, der durch seine schiere Größe bereits überwältigend ist.

Es sind jedoch die liebevolle Dekoration, die Atmosphäre und Fülle von Artikeln, die das Konzept so erfolgreich machen. "Wir leben das alle", sagt Mikels, "darauf legen wir bei den Mitarbeitern wert." Kein Zweifel: Selbst die Büroräume sind mit extravaganter Deko geschmückt.

Die Entwicklungsgeschichte von Mikels' Verkleidungs-Panoptikum spricht Bände: Ende der 80er Jahre eröffnete er in München ein Piercing-Studio, das er im Horror-Stil dekorierte - so gut, "dass die Kunden immer die Deko kaufen wollten", erzählt er grinsend. "Also haben wir den Horror Shop eröffnet." Über Umwege kam er schließlich vor vier Jahren an den Ladenkomplex in Landsham, in dem sich zusätzlich eine Arena für die Spaßsportart Lasertag sowie ein Piercingstudio befinden.

Karneval Universe Landsham

Auch klassische Karnevalsmasken gehören zum Sortiment.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am Anfang mussten sich die Landshamer und Plieninger erst an den Shop mit dem ungewöhnlichen Programm und den gepiercten und tätowierten Mitarbeitern gewöhnen. Die Polizei sei hin und wieder geschickt worden, um zu prüfen, ob Mikels' Showroom jugendgefährdend ist. "Inzwischen trauen sich aber alle rein", beteuert der Geschäftsführer. Auch Stammkunden aus dem Landkreis hat der Verkleidungsspezialist inzwischen. Obwohl ein Großteil des Geschäftes über den Internetverkauf abläuft, wird der Laden ganzjährig frequentiert. "Hier können wir halt auch einen ganz anderen Service bieten", sagt Mikels. So geben er und seine Mitarbeiter Schminkkurse für besonderes Make-up, egal ob gruselig, karnevalesk oder modisch. "Wenn das Gesicht nur geschminkt ist, kann man essen, trinken und sich vernünftig unterhalten - und man schwitzt nicht wie unter einer Maske", zählt der gelernte Friseur und Hobby-Visagist die Vorteile von Make-up auf.

Zur Hochsaison - "jetzt zieht es langsam schon an" - sind die Mitarbeiter verkleidet, während sie die Anstürme im Laden bewältigen. Kommt man da selbst noch zum Feiern? Mikels schüttelt den Kopf, während er offen lacht: "Man ist danach so platt, dass man nicht mehr wirklich unterwegs sein will." Doch während Kostümierung für die meisten Menschen eine Besonderheit sei, die einen Anlass brauche, bestehe für seine Mitarbeiter das ganze Jahr aus einem Maskenball.

"Verkleidungen haben einen riesigen sozialen Aspekt", sagt Mikels. Für Faschingsumzüge suchen sich Gruppen gerne ein gemeinsames Kostüm, aber auch Mottopartys werden immer beliebter. "Und dann gehen die Leute raus und feiern." Das sei besser als daheim am Computer zu sitzen. Außerdem: "Wenn die Leute feiern, streiten sie nicht."

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