Landratswahl in Ebersberg:Tiefgarage ins verseuchte Erdreich

Der SPD-Kandidat Ernst Böhm eckt bei Bürgermeistern mit scheinbar einfachen Lösungen für schwerwiegende Probleme im Bausektor an

Von Barbara Mooser

Für diese Idee erntet Ernst Böhm, Landratskandidat der SPD, bei den meisten Veranstaltungen viel Applaus und Anerkennung: Er schlägt vor, das schadstoffverseuchte Erdreich auf dem Gelände des ehemaligen Bahnschwellenwerks in Kirchseeon auszuheben und darauf Tiefgaragen, Wohnungen und vielleicht sogar eine Berufsschule zu bauen. Auch ein spezielles Areal in Grafing-Bahnhof würde sich nach Ansicht des Kandidaten ideal für eine dichte Bebauung mit Sozialwohnungen eignen. Doch die Bürgermeister der betroffenen Kommunen sehen diese Vorschläge mit Skepsis - und teilweise auch Verärgerung. "Mich regt das auf. Der Vorschlag impliziert, dass alle, die sich bisher mit dem Thema beschäftigt haben, lauter Deppen waren", sagt Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel (CSU).

Seit elf Jahren beschäftigt ihn mittlerweile das Thema, auch seine Amtsvorgängerin Uschi Bittner (SPD) hat zwölf Jahre lang vergebens nach einer Lösung für das teilweise mit Teeröl und Schwermetallen kontaminierte Gelände gesucht. Dass das Grundstück mitten im Ort und nahe an der S-Bahn sich theoretisch ideal für eine Bebauung eignen würde, darin gibt der Bürgermeister dem SPD-Kandidaten, der seit vielen Jahren als Unternehmer in der Baubranche tätig ist, völlig recht. Aber praktisch sei das nun einmal bei weitem nicht so einfach, wie das Böhm nun kommuniziere, unterstreicht Ockel. Denn der Grad der Verseuchung sei nach wie vor unklar. Das Umweltministerium habe daher bereits vor Jahren eine Beprobung im 500-Quadratmeter-Raster empfohlen. "Aber schon da traut sich niemand dran, weil die Kosten immens wären", sagt Ockel. Potenziellen Interessenten sei die Gefahr zu groß gewesen, dass sich bei der teuren Bodenuntersuchung herausstelle, dass das Areal unmöglich rentabel zu entwickeln sei. Selbst in einer Zeit, in der Immobilien im Münchner Umland extrem gefragt seien, hätten mögliche Investoren daher immer wieder Rückzieher gemacht: "Jeder, der sich intensiv damit auseinandergesetzt hat, ist vor der Aufgabe zurückgeschreckt."

Selbst wenn sich jemand fände, der bereit wäre, dieses Projekt anzugehen, "dann muss sich immer noch jemand finden, der bereit ist, auf einem Areal, das einmal eine Altlast war, sein Häuschen zu bauen", gibt Ockel zu bedenken. Auch eine großflächige Bebauung mit Sozialwohnungen könnte sich der Bürgermeister nur schwer vorstellen: "Ich weiß nicht, ob der Gemeinderat zig hundert Sozialwohnungen an dieser Stelle haben wollte." Zudem habe die Wohnungsgenossenschaft der Marktgemeinde gerade erst wieder erklärt, dass Tiefgaragen im sozialen Wohnungsbau nicht finanzierbar seien - und gerade darauf gründe sich ja die Idee Böhms. Dass das Problem mit dem Gelände irgendwie zu lösen wäre, das glaubt indes auch der Kirchseeoner Bürgermeister: "Die Frage ist nur, zu welchem Preis." Sollte sich der Landratskandidat aber in seiner Funktion als Unternehmer für das Gelände interessieren und selbst seinen Vorschlag in die Tat umsetzen wollen, "dann wird er bei uns mit offenen Armen empfangen", verspricht Ockel.

Auch im Grafinger Rathaus kommen manche Ideen Böhms nicht gut an. "Ich unterstütze viele seiner Thesen, aber nicht alle", sagt Bürgermeister Rudolf Heiler (FW). Auch er wundert sich darüber, dass Böhm immer wieder dichte Wohnbebauung, idealerweise mit Sozialwohnungen, auf zwei Arealen in Grafing-Bahnhof propagiert. "Ich bin ein klarer Verfechter des sozialen Wohnungsbaus, aber es gibt Grenzen", so Heiler. Abgesehen davon, dass er kein Freund von extremer Verdichtung sei, gebe es nahe der Flächen, von denen Böhm immer spreche, keinerlei Infrastruktur für eine derartige Bebauung. "Städtebaulich gleicht das einer Katastrophe", sagt Heiler. Hinzu komme, dass sich eines der Areale in einem landschaftlich sensiblen Bereich befinde. Eine massive Wohnbebauung sei hier gar nicht denkbar. Abgesehen davon, sagt der Grafinger Bürgermeister: "Wir sind jedem für Anregungen dankbar. Aber die Planungshoheit geben die Gemeinden nicht aus der Hand."

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