Landkreis:Teilweise Entwarnung

Terrain Energy schließt Fracking in der Region München aus. Doch das britische Unternehmen, das sich eine Explorationsfläche gesichert hat, glaubt trotzdem, im Süden der Landeshauptstadt Öl oder Gas fördern zu können

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Nahezu zwei Stunden wabert das Wort durch den Raum, kommt in beinahe jeder Frage der Mitglieder des Ausschusses für Energiewende, Landwirtschafts- und Umweltfragen vor und wird auch von Wolfgang Alt und Marcus Endres mantraartig wiederholt. Geologe Alt und Pressesprecher Endres sind gemeinsam mit Erik King, Geschäftsführer der britischen Firma Terrain Energy, in den Sitzungssaal des Münchner Landratsamtes gekommen, um über die Öl- und Gasexplorations-Vorhaben des Unternehmens im Süden Münchens zu informieren. Das Wort, das dabei immer wieder fällt, lautet: Fracking.

Wieder und wieder äußerten die Kreisräte und auch Landrat Christoph Göbel (CSU) ihre Bedenken gegenüber der umstrittenen Fördermethode, bei der unter hohem Druck Gas aus Gesteinsschichten gepresst wird und die vor allem bei Umweltschützern in der Kritik steht. Die Vertreter des britischen Konzerns Terrain Energy, der in Großbritannien und Irland sieben Ölfelder betreibt, versuchten indes die Bedenken der Kreisräte auszuräumen - mit zwei Argumenten: Einerseits verwies Geologe Alt darauf, dass Fracking in der Region um München überhaupt nicht möglich sei. "Es gibt hier keine Fracking-Potenziale. Es gibt keine Gesteine, die sich in Oberbayern für diese Fördermethode eignen." Diese Aussage musste Alt mehrmals wiederholen. Pressesprecher Endres ging noch weiter und versicherte, Terrain Energy habe Fracking nie betrieben - "und wird es auch nie machen". Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) machte deutlich, diese Aussage nicht zu vergessen: "Ich finde dieses Bekenntnis sehr gut. Wir werden Sie an dieses klare Bekenntnis aber auch gegebenenfalls erinnern."

Hebertshausen

Mit sogenannten Pferdekopfpumpen wie in Hebertshausen bei Dachau könnte auch im Landkreis München gefördert werden.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Denn die Gemeinde Brunnthal könnte vom Vorhaben des britischen Konzerns, im südlichen Landkreis Gas und Öl zu fördern, direkt betroffen sein. Terrain Energy hat sich zwei sogenannte Claims gesichert, in denen der Konzern seismische Untersuchungen vornehmen wird, um mögliche Gas- und Öl-Lagerstätten aufzuspüren. Zunächst werden sich diese sogenannten Explorationsbemühungen auf das Erlaubnisfeld "Starnberger See" beschränken, das vom See bis in den Landkreis München reicht. In diesem Feld liegen unter anderem die Gemeinden Ottobrunn, Neubiberg, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Brunnthal, aber auch Grünwald. Zum zweiten Erlaubnisfeld "Egmating" gehören Aying und Sauerlach.

Von Mai an soll in einem Teilstück des Feldes - betroffen sind hiervon die Gemeinden Schäftlarn, Baierbrunn, Oberhaching und Straßlach-Dingharting - eine sogenannte Gravimetriekampagne erfolgen. Mit dieser Schwerkraftmessungen, die ausschließlich auf allgemein zugänglichen Straßen und Wegen erfolge, werden laut Wolfgang Alt in einem Abstand von 500 Metern Daten erhoben. Das Messteam bestehe aus nur drei Personen, es entstünden keine Flur- oder Umweltschäden, versprach der Geologe. "Es wird bei der Erhebung dieser Daten keine Bohrungen geben", sagte Alt. "Bohrungen sind nur das letzte Glied in der Kette dieses Prozesses."

Info

Die betroffenen Kommunen südlichen von München verspüren ein gewisses Maß an Hilflosigkeit, wenn es um die Pläne der britischen Firma Terrain Energy zur Förderung von Öl und Gas geht. Denn wenn es um eine sogenannte Aufsuchungserlaubnis für Kohlenwasserstoffe durch das Amt für Bergbau geht, müssen die Städte und Gemeinden nicht einmal gehört werden. Dies will Natascha Kohnen, SPD-Landtagsabgeordnete und Generalsekretärin der Bayern-SPD, jetzt ändern. Mit ihren Fraktionskollegen hat Kohnen im Bayerischen Landtag einen Antrag eingereicht, damit Kommunen, die von Verfahren nach dem Bundesberggesetz (BBergG) betroffen sind, künftig vor Entscheidungen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.

Auslöser für Kohnens Initiative ist ein Antrag von Terrain Energy auf Aufsuchungserlaubnis im Gemeindegebiet Aying. Der Konzern hat sich zwei sogenannte Claims in der Region München gesichert, die vom Starnberger See über die Landkreise München, Miesbach, Ebersberg bis nach Bruckmühl im Kreis Rosenheim reichen. Dort will Terrain Energie mit seismischen Untersuchungen nach Öl- und Gasfeldern suchen. Kohnen hatte daraufhin vom bayerischen Wirtschaftsministerium wissen wollen, ob und wie Gemeinden an dem Prozess beteiligt würden. Das Ministerium antwortete, dass es sich bei Aufsuchungserlaubnissen um "öffentlich-rechtliche Konzessionen" handle; beteiligt würden dabei ausschließlich Behörden. Daraufhin brachte die SPD-Fraktion ihren Antrag ein, um "das kommunale Selbstverwaltungsrecht" der Kommunen zu stärken, wie es in dem Antrag heißt. "Gemeinden haben klar die Aufgabe, öffentliche Interessen wahrzunehmen", so Kohnen. "Darunter fällt auch das gemeindliche Planungsrecht." müh

Ein Prozess, mit dem Terrain Energy ein klares Ziel verfolgt. "Ja, wir gehen davon aus, hier Gas und oder Öl fördern zu können", sagte Pressesprecher Endres. "Wahrscheinlicher ist nach jetzigem Stand die Gasförderung." Allerdings: "Wann, wo und ob, das kann keiner von uns heute beantworten."

Brunnthals Bürgermeister Kern verwies darauf, dass es in seiner Gemeinde bereits in den Siebziger- und Achtzigerjahren Ölförderung gegeben habe. "Da kann ich doch mit meinem Laienwissen davon ausgehen, dass keine Vorkommen mehr vorhanden sind." Geologe Alt machte deutlich, dass dies nur durch neue Untersuchungen beantwortet werden könne: "Denn die Methodik, um mögliche Leads, also Vorkommen zu entdecken, hat sich seither stark verändert und verbessert." Die Fördermethode indes nicht: Dies geschehe nach wie vor mit Pferdekopfpumpen, also Tiefenpumpen. Für den Transport sei der Bau von Pipelines nötig.

Terrain Energy sieht laut Endres im Landkreis München "gute Chancen". Die Konzession des Unternehmens zur Erkundung des Feldes Starnberger See ist vom bayerischen Wirtschaftsministerium zunächst auf fünf Jahre beschränkt, kann aber verlängert werden. Der Landkreis und die Kommunen haben zunächst keine Möglichkeit, in das Verfahren einzugreifen; dies würde sich erst dann ändern, wenn Probebohrungen gestattet würden, sagte Landrat Göbel: "Denn dann geht es ums Wasser."

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