Landkreis Ebersberg:S-Bahn: Die Chaos-Woche ist perfekt

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Zwischen Zorneding und Haar fällt ein Baum in die Oberleitung, die Gleise sind zwischen sieben und 13 Uhr dicht. Bahn-Mitarbeiter entfernen die Teile schließlich mithilfe eines eigenen Montage-Triebwagens.

(Foto: Deutsche Bahn)

Am Freitag kippen Bäume auf Schienen und Oberleitungen, die S 4 fällt sechs Stunden lang aus. Für Bahn-Pendler aus dem Landkreis Ebersberg endet die Arbeitswoche wie sie begonnen hat.

Von Korbinian Eisenberger, Zorneding/Haar/Grafing

Das S-Bahn-Chaos in der Region hat am Freitagmorgen auch den Landkreis Ebersberg erreicht. Nachdem am Donnerstagabend Tausende Pendler in München festsaßen, verursachte der Frühjahrsschneefall bereits in den Morgenstunden erhebliche Probleme auf der S-Bahnstrecke Richtung Ebersberg: Wegen eines umgefallenen Baums waren die Gleise zwischen Haar und Zorneding bis Freitagmittag für sechs Stunden unbenutzbar. Nachdem gesperrte Bahnübergänge in Grafing ohnehin schon zu Verwirrungen und Problemen für S-Bahn-Pendler geführt hatten, ist die Chaoswoche im Landkreis Ebersberg damit perfekt.

Für die Zeit, in denen die S-Bahn nicht fahren konnte, richtete die Bahn zwischen Haar und Zorneding einen Schienenersatzverkehr mit Taxis und Bussen ein. Ein Bahnsprecher teilte am Freitagnachmittag mit, dass dafür Unternehmen aus München und der Region engagiert wurden. Erst nach 13 Uhr entspannte sich die Lage wieder.

Was war passiert? Im gesamten Münchner S-Bahn-Netz waren durch Schnee und Wind früh morgens Bäume umgestürzt, sodass es an mehreren Stellen zu Verspätungen und Ausfällen im Berufsverkehr kam. Sowohl am Bahnhof Fürstenfeldbruck als auch auf der Strecke zwischen Trudering und Zorneding waren Baumteile "durch die Schneelast in den Gleisbereich gekippt", wie die Bahn in einer Presseerklärung mitteilte. Gegen 7.30 Uhr war zudem ein Betrunkener im Gleisbereich der S 2 unterwegs, sodass es auch noch zwischen Berg am Laim und Riem zu Verspätungen kam.

Betroffen war aber vor allem die S 4, die von Geltendorf über Fürstenfeldbruck und Zorneding bis nach Ebersberg und zurück fährt. Die Störung bei Fürstenfeldbruck war dabei weniger gravierend: Dort wurden um 7.10 Uhr zwei Gleise gesperrt, es dauerte aber lediglich 40 Minuten, ehe die S-Bahn hier wieder fahren konnte. Deutlich mehr Komplikationen gab es an der Grenze der Landkreise München und Ebersberg. Dort war ein Baum in die Gleis-Oberleitung gefallen, bei Trudering und im Bahnhof Zorneding ragten außerdem Äste in die Leitung.

Landrat Niedergesäß lädt zur spontanen Krisensitzung ein

Mitarbeiter der Bahn entfernten die Baumteile schließlich mit einem Turmtriebwagen, einem Arbeitswagen für die Montage von Oberleitungen, was kompliziert und zeitaufwendig war. Die S-Bahn-Gleise zwischen Haar und Zorneding waren von sieben Uhr morgens an bis 13 Uhr am Mittag komplett gesperrt. Danach fuhren die Bahnen auch dort wieder, in den ersten ein bis zwei Stunden berichteten Passagiere aber noch von Verspätungen.

In der Region reagierten Chefs und Schulen vielerorts mit spontanen Ideen. Für gestrandete Schüler und jene, die es erst gar nicht in den Unterricht schafften, hatten Lehrer durchaus Verständnis. In einer zehnten Klasse der Baldhamer Realschule verschob ein Lehrer die letzte Mathe-Schulaufgabe vor der Abschlussprüfung von der dritten in die fünfte Stunde. Anderswo wurden über den Handy-Nachrichtendienst Whatsapp Fahrgemeinschaften gegründet, Schüler mit Führerschein und Auto sammelten andere auf, Autopendler nahmen Bahnfahrer mit.

Für viele S-Bahn-Pendler endet die Woche aber genau so, wie sie begonnen hatte: im Chaos. Bereits Anfang der Woche hatte es erhebliche Probleme gegeben, weil zwischen Ebersberg und Grafing seit Montag keine S-Bahn mehr fährt. Bei den Bussen, die ersatzweise zwischen den Bahnhöfen unterwegs sind, kam es zu Irritationen und Verspätungen - etwa, weil der Platz in den Fahrzeugen zeitweise nicht ausreichte, um alle Passagiere mitzunehmen. Oder, weil ein Bus auf halber Strecke liegen blieb - die 50 Insassen mussten zwei Kilometer zu Fuß nach Grafing-Bahnhof laufen. Einen Tag später wurde Kritik laut, weil in Grafing mehrere Bahnübergänge gesperrt waren, wodurch weite Umwege entstanden.

Die beste Nachricht für die Grafinger kommt am Ende einer besonders zähen Woche aus dem Ebersberger Landratsamt: Wegen der umfassenden Kritik an den Sperrungen soll sich die Situation verbessern, dafür hatte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne), den Ebersberger Landtagsabgeordnete Thomas Huber (CSU), sowie Vertreter der Polizei, der Bahnen und der Verwaltungen zu einem kurzfristigen Krisengespräch eingeladen.

Künftig sollen die Bauarbeiter den Grafingern übers Gleis helfen

Das Ergebnis: Drei der vier versperrten Bahnübergänge im Innenstadtbereich werden für den Fußgängerverkehr geöffnet, wenn dort nicht gerade Baumaßnahmen stattfinden. Gemeint sind damit die Münchner Straße, die Bahnhofstraße und die verlängerte Jahnstraße. Die Bauarbeiter sollen Passanten auch während der Arbeiten über die Gleise helfen, "so dies irgendwie darstellbar ist", hieß es in einer Mitteilung des Landratsamts.

Und: "Ein Bahnübergang bleibt, wie bereits anfangs von Landratsamt und Stadt gefordert, immer für den Autoverkehr offen (Bahnhofstraße oder Jahnstraße)." Zudem sollen die Busunternehmen im Schienenersatzverkehr ihre Fahrzeuge besser beschildern. "Ich hoffe, wir können die Situation somit für die betroffenen Bürger kurzfristig verbessern", so Landrat Niedergesäß.

Angespannt bleibt die Situation in Grafing dennoch, nicht nur wegen des Schienenersatzverkehrs. Nun wurde nämlich auch noch die Rotter Straße gesperrt, und zwar im Bereich zwischen dem Wieshamer Bach und der Volkshochschule, dies teilte die Stadt am Freitag mit. Die Straße sei "aktuell für den Verkehr komplett gesperrt", lediglich der Fußgängerweg sei noch offen. Grund für die Vollsperrung sind Verzögerungen bei der Verlegung der Bachkanäle und beim Abriss eines Hauses. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass die Rotter Straße Mitte Juni wieder für den Verkehr geöffnet werden kann.

Die Stadt appelliert an Fußgänger, weder Bauzäune, Schranken noch andere Abgrenzungen zu ignorieren. Nicht, dass etwas passiert. Chaos gibt es im Landkreis derzeit mehr als genug.

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