Landkreis Ebersberg:Nordfriesland lässt grüßen

Lesezeit: 2 min

Wenn es nach den Befürwortern der Windenergie geht, könnten im Raum Haar und Vaterstetten noch viele Rotoren entstehen - etwa im Parsdorfer Hart und im Weißenfelder Bruch.

Lars Brunckhorst

Rund um Vaterstetten könnte es bald aussehen wie in Nordfriesland - wenn tatsächlich alle Standorte verwirklicht werden, an denen momentan Windräder geplant sind. Denn neben dem Rand des Ebersberger Forsts bei Purfing und einem Streifen zwischen Ottendichl und Weißenfeld hat die Windenergiebranche zum Beispiel auch den Parsdorfer Hart ins Auge gefasst. Die Münchner Firma Green City Energy, die den Windpark im Forst errichten will, steht nach eigenen Aussagen bereits in Verhandlungen mit Grundstückseigentümern des kleinen Wäldchens zwischen Purfing und Hergolding. Zwei Windräder könnten dort nach Ansicht des Unternehmens entstehen, die mit 140 Metern Nabenhöhe identisch wären mit den geplanten Rotoren im Forst. Der Arbeitskreis Energiewende Vaterstetten geht sogar noch weiter: In seinem Bericht "Strom und Wärme für Vaterstetten", den er im Februar 2010 dem Gemeinderat vorlegte, führt der Arbeitskreis insgesamt neun mögliche Standorte für Windkraftanlagen im Gemeindegebiet auf. Zwei davon liegen am Parsdorfer Hart, einer - ähnlich dem Vorschlag aus Haar - zwischen Weißenfeld und Ottendichl (siehe Grafik). Nicht alle Standorte sind jedoch nach Ansicht des Arbeitskreises gleich gut geeignet. Der beste Standort liegt demnach östlich von Hergolding (Nummer1). Der schlechteste befindet sich nach Ansicht der Arbeitskreismitglieder dagegen ausgerechnet zwischen Purfing und Wolfesing, also nahe am Forst. Die Qualität eines Standorts ergibt sich für die Vaterstettener Energiewende-Experten aus der Höhenlage und dem Abstand zu Wohngebieten. Doch während die Pläne für Windkraftanlagen im Forst und an der Gemeindegrenze zwischen Vaterstetten und Haar ernst zu nehmen sind, zeichnet sich schon im Vorfeld ab, dass der Parsdorfer Hart verschont bleiben soll. Aus dem Vaterstettener Gemeinderat mehren sich die Stimmen, wonach eine weitere Windkraftanlage auf engem Raum den Anwohnern nicht zuzumuten sei. Es dürfe keine "Zangenbewegung" geben, sagte etwa CSU-Fraktionschef Michael Niebler jüngst im Gemeinderat. Sollte der Windpark am Rande des Forstes gebaut werden, könnten deshalb zwischen Purfing und Baldham-Dorf nicht die nächsten Windräder entstehen. Auch in ihrem Positionspapier zum Windpark Ebersberger Forst warnt Vaterstettens CSU vor einer "Überforderung" einzelner Gemeindeteile. Das Argument der Purfinger, ihnen drohe eine doppelte Belastung, wenn neben den sechs geplanten Windrädern im Forst weitere Windkraftanlagen zwischen Baldham-Dorf und Purfing hinzu kämen, sei "beachtlich", heißt es darin. Die CSU fordert daher ein "tragfähiges Gesamtkonzept" für die ganze Gemeinde. Auch der Sprecher der Projektgruppe Windenergie, der Grünen-Kreisrat Max Maier, sagte unlängst im Umweltausschuss des Kreistags, es sei den Purfingern nicht zumutbar, dass von zwei Seiten Windräder an ihren Ort angrenzten. Andererseits: Verhindern kann die Politik Windräder im Parsdorfer Hart nicht. Vorausgesetzt, die Vorschriften des Immissionsschutzes werden eingehalten, haben Investoren und Grundeigentümer einen Anspruch auf Genehmigung ihres Vorhabens. Daran ändert auch das Standortgutachten nichts, das die Gemeinde Vaterstetten derzeit erstellen lässt. Auf dessen Grundlage kann die Gemeinde lediglich Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen ausweisen, um deren Bau zu steuern. Verhindern kann eine solche Planung Windräder außerhalb dieser Flächen aber auch nicht. Der Parsdorfer Hart hätte für die Gemeinde Vaterstetten außerdem einen entscheidenden Vorteil gegenüber einem Windpark im Forst: Dessen Ertrag würde wohl nicht auf die Öko-Bilanz Vaterstettens angerechnet, weil der Forst außermärkisches Gebiet ist. Vaterstetten braucht aber dringend zwei bis drei Windräder, wenn die Gemeinde ihre Selbstverpflichtung erfüllen will, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken - so hat es Robert Niedergesäß mit seinem Beitritt zum Europäischen Konvent der Bürgermeister zur Erreichung der EU-Klimaziele vorgegeben. Auch deshalb dürften, unabhängig von einem Windpark im Ebersberger Forst, andere Standorte im Gemeindegebiet in den nächsten Monaten wieder stärker ins Visier rücken: Die Flächen zwischen Parsdorf und Grub etwa oder eben Grundstücke entlang der Autobahn A 99. Zwar sagte Vaterstettens Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) vor wenigen Tagen zur SZ, wenn die Gemeinde Haar ihren Standort zwischen Ottendichl und dem Weißenfelder Bruch durchsetzen wolle, wäre der Versuch eines Konsenses "ad absurdum" geführt - Tatsache aber ist: Die Überlegungen der beiden Gemeinden liegen gar nicht soweit auseinander.

© SZ vom 12.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: