Landkreis Ebersberg:Letzte Rettungsaktion für den Nachtexpress

Landkreis Ebersberg: Immer weniger Fahrgäste nutzen den Nachtexpress. Offenbar bevorzugen es Jugendliche, sich ein Taxi zu teilen.

Immer weniger Fahrgäste nutzen den Nachtexpress. Offenbar bevorzugen es Jugendliche, sich ein Taxi zu teilen.

(Foto: Endt)

Die Fahrgastzahlen haben rapide abgenommen, das Defizit steigt: Bis Ende 2015 will der Landkreis das Angebot auf jeden Fall noch sichern, doch auch Alternativen sollen geprüft werden.

Von Barbara Mooser

18 Jahre ist der Nachtexpress inzwischen alt, und somit gewissermaßen volljährig. Doch ob auch in Zukunft noch Busse ausgehwillige junge Leute sicher durch die Nacht zur S-Bahn und zurück nach Hause bringen, ist mehr als unklar: Das Interesse hat so stark nachgelassen, dass nur eine zusätzliche Finanzspritze des Landkreises das Angebot für dieses und nächstes Jahr noch retten kann. Sollten die Fahrgastzahlen nicht wieder zulegen, könnte der Nachtexpress aber auch eingestellt werden - sicherheitshalber sollen alle Beteiligten sich bereits jetzt über Alternativen Gedanken machen.

Eingeführt worden war der Nachtexpress, um gerade den Jugendlichen aus dem ländlichen Süden eine sichere und preisgünstige Alternative zum Trampen oder zur Fahrt mit dem Auto zu bieten, wenn sie sich ins Nachtleben stürzen wollen. Auf drei Linien fahren die Busse von spätnachts bis in die frühen Morgenstunden die kleinen Orte an und bringen Fahrgäste zur S-Bahn und wieder zurück. Lange Jahre verzeichnete der Nachtexpress ständig steigende Fahrgastzahlen; weil das Interesse so groß war, wurde das Angebot sogar ausgeweitet: Zunächst fuhren die Busse nur in den Nächten von Samstag auf Sonntag, 2010 wurde die Bedienung der Linien auch auf die Nächte von Freitag auf Samstag ausgedehnt. Wer mitfahren will, zahlt den moderaten Preis von zwei Euro, das Ticket gilt dabei die ganze Nacht.

"Dieses Jahr ist es schlichtweg die Katastrophe"

Doch offenbar hat das Angebot mittlerweile deutlich an Attraktivität verloren. Die Mitglieder des Vorstandstrios des Nachtexpress sprachen am Dienstag in der Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschuss des Landkreises deutliche Worte: "Dieses Jahr ist es schlichtweg die Katastrophe", sagte Georg Schweiger. Seit 2011 haben immer weniger junge Leute das Angebot genutzt, in diesem Jahr hat sich der Negativtrend noch einmal massiv verstärkt. Im Juli 2011 wurden beispielsweise noch 619 Fahrkarten verkauft, in diesem Jahr waren es nur noch 250.

Ähnlich sieht die Entwicklung in den anderen Monaten aus: Im Juni sank die Zahl der verkauften Fahrkarten auf 201, während es vor drei Jahren in diesem Monat noch 550 gewesen waren, im April ging die Zahl der verkauften Karten innerhalb von drei Jahren von 750 auf 224 zurück. Die Verantwortlichen haben bereits versucht, die Ursachen für das rapide sinkende Interesse an dem Angebot zu ergründen.

Eine der Hauptursachen, das glauben jedenfalls der Busunternehmer und die Vorstandsmitglieder, dürfte die Tatsache sein, dass sich viele Jugendliche lieber ein Taxi von der S-Bahn nach Hause teilen. Handys machen es einfach, sich für die gemeinsame Heimfahrt zu verabreden - das gab es früher, in der Startphase des Nachtexpress, schlichtweg noch nicht. Doch auch auf den neuen Fahrplan des Nachtexpress, der seit Anfang des Jahres gilt, müssen sich Jugendlichen nach Einschätzung der Verantwortlichen erst noch einstellen. Möglicherweise könnte auch eine Rolle spielen, dass alle großen Discotheken im Landkreis inzwischen geschlossen sind.

127 000 Euro für den Betrieb - jährlich

Klar sind jedenfalls die Konsequenzen dieser Entwicklung: "Wir können das Defizit als Verein nicht auffangen", sagte Christa Stewens in der Ausschusssitzung. Auch Spenden können die Lücke in der Finanzierung nicht ausgleichen. 127 000 Euro kostet der Betrieb des Nachtexpresses derzeit jährlich, durch den Fahrkartenverkauf kommen in diesem Jahr vermutlich nur 6000 Euro herein. Bisher hat der Landkreis den Betrieb mit 105 000 Euro gefördert, nun hat der Umwelt- und Verkehrsausschuss zugestimmt, das Defizit für die Jahre 2014 und 2015 zu tragen. 15 000 Euro zusätzlich pro Jahr sind hierfür derzeit eingeplant.

Einig waren sich die Kreisräte aber auch, dass es mittelfristig so nicht weiter gehen kann. Dann wäre auch eine Einstellung des Angebots denkbar. Vorher allerdings wollen die Verantwortlichen noch einmal alles tun, um das Interesse für den Nachtexpress wiederzubeleben. Werbemaßnahmen im Landkreis-Magazin und an den Schulen sind geplant, dabei soll der Fahrplan auch mit Hilfe eines QR-Codes heruntergeladen werden können. Auch soll stärker deutlich gemacht werden, dass nicht nur junge Leute die Busse benutzen dürfen, sondern dass sie jedem offen stehen.

Gleichzeitig will man aber auch Alternativen zum Nachtexpress prüfen. "Vielleicht lassen sich andere Möglichkeiten finden, die dem Verhalten der Jugendlichen näher kommen", sagte Ilke Ackstaller (Grüne). Alexander Müller (FDP) stimmte zu. Möglicherweise, so sein Vorschlag, könne man ja Taxigutscheine an die Jugendlichen ausgeben. Eine endgültige Entscheidung, ob der Nachtexpress weiter bestehen wird, soll im Herbst 2015 fallen. Bis dahin sollte klar sein, ob die Maßnahmen zur Rettung des Projekts greifen.

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