Lärmaktionsplan:Ruhe bitte

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Der Bahnverkehr nimmt zu. Das ist einerseits gut für Pendler und es entlastet die Umwelt. Anwohner, an denen im Minutentakt Güterzüge vorbeidonnern, fühlen sich indes gestört. Die Politik sollte das ernst nehmen

Von Wieland Bögel

Die Bahn kommt, so ein alter Werbeslogan des Schienenkonzerns. Und für die Region München müsste er längst lauten: Die Bahn kommt immer öfter. Der Zugverkehr im Ballungsraum hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommen und wird es wohl auch weiter tun. Was zunächst einmal eine gute Nachricht ist. Für die Pendler, für die Umwelt - aber leider nicht immer für die Menschen, die entlang der Bahnlinien wohnen.

Wer den Bahnhofsparkplatz in Aßling zum ersten Mal sieht, dürfte überrascht sein ob der großen Auslastung. An Werktagen ist er oft bis auf den letzten Platz belegt, zu einem großen Teil von Autos aus den Nachbarlandkreisen. Und nicht nur der Aßlinger Bahnhof ist für Pendler attraktiv, die sich das allmorgendliche Stop-and-Go im Münchner Berufsverkehr ersparen wollen. Viele Pendler verzichten aus Zeit- oder auch aus Kostengründen - schließlich ist eine Fahrkarte meist deutlich billiger, als die Gebühren in einem Münchner Parkhaus - auf die Autofahrt zur Arbeit und nehmen lieber die Bahn. Auch im Güterverkehr scheint die Schiene wieder eine echte Option zu sein. Nachdem dieser Transportweg über Jahrzehnte von Wirtschaft und Politik konsequent vernachlässigt wurde, sollen Projekte wie der Brenner-Basistunnel nun wieder mehr Güter von den überfüllten Straßen auf die Gleise bringen. Diese werden dadurch natürlich stärker genutzt. Dank moderner Signal- und Steuerungstechnik könnten die Abstände zwischen Zügen auf dem selben Gleis theoretisch auf wenige Minuten sinken.

Techniker und Klimaschützer freuen sich sicher über eine so effiziente Transportmöglichkeit, bei den Anliegern dürfte sich die Freude in Grenzen halten. Man muss nicht besonders lärmempfindlich sein, um von im Zweiminutentakt vorbeidonnernden Güterzügen genervt zu sein. Daher ist es richtig und wichtig, wenn die Betroffenen nun die Möglichkeit haben, sich zu Wort zu melden und - wenig überraschend - besseren Lärmschutz fordern. Diese Anregungen sollten nun aber auch ernst genommen werden statt, wie es einige befürchten, folgenlos in irgendeiner Datei oder Schublade zu landen, und wirkliche Verbesserungen bringen. Das wäre übrigens auch im Interesse der Bahn. Wenn sich die Anwohner darauf verlassen können, dass ein Ausbau der Strecke vor ihrem Schlafzimmerfenster eben nicht damit verbunden ist, dass sie nächtens vom Gerumpel der Züge aus dem Bett fallen, hat sich vielleicht auch die eine oder andere Klage vor den Verwaltungsgerichten erledigt.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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