Kunst in der Stadthalle:Haut und Fransen

Bei der Ausstellung des "Clubs der Grafinger Maler" gibt es einiges Experimentelles zu sehen, aber auch ganz klassische Stillleben und Aquarelle

Von Heloise Olufs, Grafing

Während sie spricht, bewegen ihre Hände den Pinsel ganz sanft und schnell über den nackten Oberkörper. Die Vorderseite der jungen Frau, die sich als Model für dieses Live-Body-Painting zur Verfügung gestellt hat, ist schon von allen nur erdenklichen Farben bedeckt, nun wird ihr Rücken mit einem großen menschlichen Auge versehen. Hinter diesem kreativen Spektakel steckt die Künstlerin Eva-Maria Schulz, eine der insgesamt 24 Künstlerinnen des "Clubs der Grafinger Maler", die am Wochenende ihre Werke in der Stadthalle ausgestellt haben.

Für die Vernissage hat sich Schulz also etwas ganz Besonderes ausgedacht, um auf ihre Werke aufmerksam zu machen. Um sie und ihr junges Kunstwerk steht den ganzen Abend lang eine kleine Traube von Zuschauern, die zu fasziniert von der bunten Verwandlung des eigentlich so normalen Körpers sind, als dass sie sich abwenden könnten. Schulz hat das Body-Painting längst zum Beruf gemacht und nimmt, meist in Teams von bis zu sieben Künstlern, auch an Wettkämpfen teil. "Diese Kombination von Malerei und dem lebenden Körper, wie die Haut mit der Farbe verschmilzt", das beflügele sie so an ihrer Arbeit, schwärmt Schulz, "das Ganze lebt dann richtig." Lange hält das Kunstwerk natürlich nicht, also bleibt der Malerin von der oftmals stundenlangen Arbeit letztlich nur ein Foto.

Weil Fotografien bei den Ausstellungen der Grafinger Maler aber nicht erlaubt sind, hat Schulz dieses Jahr zur Collagen-Technik gegriffen, um ihr Schaffen zu zeigen: Ihre Werke kombinieren Fotos vom Body-Painting mit Malerei. So hat sie beispielsweise das Foto eines weiblichen Körpers, den sie wie Granit hat aussehen lassen, auf eine Leinwand gedruckt und dann das Motiv eines Elefanten mit Acrylfarbe in die obere Ecke gemalt. Denn sowohl der Stein als auch das Tier stünden für Stärke, sagt die Künstlerin. Gleichzeitig entsteht ein spannender Kontrast zwischen dem Grau des Granits und den bunten Farben des Elefanten. Auch bringt der rennende Dickhäuter Bewegung und Dynamik in die Collage, die ansonsten mit der wie in Stein gemeißelten Frau eher statisch wirkt.

Wenn man sich Schulz' Werke anschaut, könnte man auf den ersten Blick meinen, dass sie aus dem Rahmen der Ausstellung fallen, denn sie unterscheiden sich sehr von den vielen klassischen Bildmotiven und Techniken, die zu sehen sind. Die Ausstellung zeigt ein großes Repertoire an gelungenen Stillleben und Blumen-Arrangements in Öl sowie feine Aquarelle, die italienische Landschaften - wie etwa den Markus-Platz in Venedig oder die Riviera - darstellen. Dennoch gibt es viele Werke, die sich in ihrer Einzigartigkeit leicht zu denen von Schulz gesellen können: von Vinyldrucken, die bedrohliche und gleichzeitig wunderschöne Kristallstrukturen zeigen, bis hin zu Resinbilder, die an das Blutsystem des menschlichen Körpers erinnern.

Club der Grafinger Maler

Ein Tiefdruck von Heike Wildmoser.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vom Prinzip her sei es gewollt, dass "sich hier jeder darstellen kann", betont Anny Schmidtke, Vorsitzende des Clubs der Grafinger Maler. "Jeder, der ausstellen will, darf das auch", zumal es kein bestimmtes Motto für die Frühjahrsausstellung und keine Auswahlkriterien gibt. Zu verkaufen sind alle Bilder der Schau, aber eigentlich "malen wir nicht, um zu verkaufen, sondern weil es uns Freude macht", so Schmidtke.

Sichtlich Freude an ihrer Arbeit und daran, diese mit den Besuchern zu teilen, hat auch Franziska Polzer-Foreman, die strahlend vor ihren Werken steht: ungewöhnliche, vielschichtige Bilder aus Stoff. Die Technik dahinter hat Polzer-Foreman selbst entwickelt und nennt sie "Coudrage". Auf einen bespannten Rahmen näht sie viele bunte Schichten Stoff übereinander. Wenn durch dieses Arrangieren des höchst gefügigen Materials Muster und Formen entstanden sind, schneidet die Künstlerin einzelne Schichten hier und da mit einer Schere auf und franst die Ränder aus. Letztendlich bleiben so leicht dreidimensionale, bunte Kreationen übrig, die durch ihre Fransen und vielen Schichten in den Raum hineinwachsen. Immer wieder ist Polzer-Foreman selbst fasziniert von ihren Ergebnissen, erstens, weil das Machen eines neuen Werks für sie immer "ein sehr experimenteller Vorgang" ist, und zweitens, weil die Stoffbilder "Linien, Farben und ein gewisses Raumgefühl miteinander verbinden".

Letztlich ist es also egal, ob man eher klassische, experimentelle oder moderne Kunst liebt: Die Ausstellungen der Grafinger Maler sind lohnenswert, weil hier stets etwas für jeden Geschmack dabei ist.

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