Kultur:Mit der Stimme kitzeln

Thomas Peters Schauspieler Vat

Sanft und überlegt wirkt Thomas Peters im Gespräch, bei seinen Lesungen bietet er sowohl Humor als auch eine gewisse Ernsthaftigkeit.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Schauspieler Thomas Peters aus Vaterstetten hat die kleine Bühne für sich entdeckt: Sein Herz hängt seit einigen Jahren besonders am Vorlesen

Von Theresa Parstorfer

Die Schauspielkarriere von Thomas Peters hat tatsächlich im Arbeitsamt begonnen. Von dort nämlich nahm er, ohne überhaupt mit einem Sachbearbeiter zu sprechen, eine Liste mit Münchner Schauspielschulen mit nach Hause. 24 Jahre alt war er da - und gerade ziemlich ratlos. Denn sein Traum, Musiker zu werden und "die Stadien dieser Welt zu füllen", - ein Grund für sein Verlassen des Vaterstettener Gymnasiums - war gerade zerplatzt. Seine Band, in der er Bass gespielt, gesungen und die meisten Songs geschrieben hatte, hatte sich kurz zuvor aufgelöst. Irgendwas sei verloren gegangen, erinnert sich Thomas Peters, nachdem sie ihren Proberaum hatten aufgeben müssen.

"Völlig naiv", sei er dann also zur Agentur für Arbeit gegangen, erzählt der heute 48-Jährige, und habe diese Liste mit Schauspielschulen gefunden, ohne zu wissen, dass es eine Unterteilung in staatliche und private gibt, oder dass er mit seinen 24 Jahren schon knapp an der absoluten Obergrenze für männliche Bewerber kratzte. Was er aber wusste, war, dass es da "diesen einen Moment" gegeben hatte: Als er zum ersten Mal mit einer Laientheatergruppe in Haar auf eine professionelle Bühne getreten war. "Das war irgendwie schon magisch", sagt er. Also bewarb er sich bei einer privaten und einer staatlichen Schauspielschule. Erstere nahm ihn auf - und mittlerweile ist seine eigene Liste schon ziemlich lang.

Die Liste von Städten und Theatern, die in Peters' Lebenslauf stehen. Sie beginnt in Hannover und endet in Trier. Dazwischen liegen Stationen wie Ingolstadt, Augsburg, Hannover, Hanau und München. Und Rollen wie die Vogelscheuche in der "Zauberer von Oz", die Hauptrolle in "Don Carlos" und Mackie Messer in der "Drei Groschen Oper". Der Vaterstettener ist also "schon lange im Geschäft", wie er selbst schmunzelnd feststellt. Und dennoch fügt er nüchtern hinzu: "Machen wir uns nichts vor, niemand kennt mich". Peters sagt das ohne Bitterkeit oder Enttäuschung. Es ist lediglich eine Feststellung. Denn ganz sachlich betrachtet, ist es schon eine nicht zu unterschätzende Leistung, seit mehr als 20 Jahren seinen Lebensunterhalt mit Theaterschauspielerei an durchaus renommierten Häusern in ganz Deutschland verdient zu haben. Feste Engagements sind selbst für ausgebildete Schauspieler schließlich keine Selbstverständlichkeit.

Bis 2012 war Peters am Münchner Gärtnerplatztheater, dann wurde sein Vertrag nicht verlängert, weil das Haus renoviert werden sollte. Traurig war er darüber zwar nicht, da er sich schon seit einiger Zeit "wieder etwas mehr Freiheit" gewünscht hatte und außerdem weg wollte vom Musiktheater. Jedoch bereitete ihm die ungewisse finanzielle Situation einiges Kopfzerbrechen, und so bewarb sich der Vaterstettener bei der Blindenhörbücherei in München als Sprecher. "Dabei habe ich das Vorlesen für mich entdeckt", sagt Peters und strahlt. Denn eine Leseratte sei er zuvor nie gewesen, habe sich nie in Büchern vergraben. Durch diese Erfahrung lernte er jedoch den "Wert von Sprache an sich" zu schätzen und noch dazu, "wie viel man allein mit der Stimme aus einem Text herauskitzeln kann".

So keimte schließlich die Idee in ihm, selbst Lesungen zu konzipieren. Über seine Frau, die in der Bücherei in Vaterstetten arbeitet, konnte er die erste organisieren. Eine reine Axel-Hacke-Lesung war das. Mittlerweile sammelt Peters für seine Lesungen allerdings Texte von den unterschiedlichsten Autoren, Prosa, Lyrik, politische Statements, sogar vor deutschem Rapp scheut er nicht zurück. Im Gegenteil: Begeistert spricht er zum Beispiel von der Kraft des Textes "Hurra die Welt geht unter" von der Band K.I.Z..

Wenn Thomas Peters vor Publikum liest, bietet er eine bunte Kompilation aus Texten, interaktiven Momenten, anekdotenhaften Erzählungen und tiefgründigen Überlegungen. Passenderweise trägt er eine Lesebrille, und wenn er über deren Rand ins Publikum blickt, wird sein Wunsch erkennbar, den Zuhörern wirklich etwas mit auf den Weg zu geben. "Ich glaube, meine Stärke ist schon, dass ich ein gutes Maß an komödiantischem Talent habe - allerdings gepaart mit einer gewissen Ernsthaftigkeit". Peters ist ein sehr großer, sehr dünner, blonder Mann. Alles an ihm wirkt lang und gleichzeitig sanft und überlegt. Wenn er spricht, richtet er den Blick entweder aufmerksam auf sein Gegenüber oder aber ins Leere, als würde er dort die wohlformulierten Sätze finden, die dann aus seinem Mund kommen.

Bereits zum dritten Mal hat Peters heuer die "Woche der Büchereien" eröffnet. "Das sind immer tolle Themen. Heimat zum Beispiel - genial", sagt er, "aber vor allem am Anfang auch super schwierig. Da hast du dieses Thema, dieses eine Wort, und dann musst du dich entscheiden, in welche Richtung du es treiben willst - und doch gäbe es immer tausend andere Wege." Bei den Lesungen habe er die Möglichkeit, Regisseur, Hauptdarsteller, Bühnen- und Kostümbildner zugleich zu sein, sagt Peters. Außerdem habe er in jüngster Zeit die schönsten Momente während dieser Abende erlebt, "weil da so viel zurückkommt von den Zuschauern". Deshalb wünscht er sich für dieses "Nischenprodukt" - im Gegensatz zu seinem Schaffen als Schauspieler - durchaus ein wenig mehr Öffentlichkeit. "Es verlangt natürlich einiges an Mut von den Veranstaltern, Thomas Peters aufs Plakat zu schreiben, ohne dass irgendjemand weiß, wer ich bin", sagt er nachdenklich.

Trotzdem wird er seine spät gefundene Leidenschaft für Texte und die Freiheit, Themen auf ganz persönliche Weise zu verfolgen, auch weiterhin ausleben. In diesem Sinne lädt er am kommenden Dienstag zu einem literarischen Kurzurlaub mitten im Weihnachtsstress in die Grafinger Bücherei ein, mit wunderbar komischen, absurden, aber auch besinnlichen Texten, unter anderem von Polt, Nöstlinger, Evers und Dickens. Das Motto: "Gönnen Sie sich diesen Abend - das Fest wird hart genug." Außerdem schreibt Peters im Moment selbst - an einem ersten Drehbuch.

"Nach dem Fest ist vor dem Fest": Weihnachtslesung von Thomas Peters, am Dienstag, 12. Dezember, um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Grafing

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