Kreative Ideen für bessere Mobilität:Aus alt mach anders

Günter Glier E-Antrieb für Fahrrad

"Das muss doch auch günstiger gehen": Günther Glier aus Vaterstetten mit seinem Klapprad samt selbstgebautem Elektroantrieb.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Vaterstettener Günter Glier erfindet stets neue Geräte, die den Menschen helfen sollen

Von Jessica Morof, Vaterstetten

Ein bisschen provisorisch sieht es schon aus, was Günter Glier da an seinem silbernen Klapprad installiert hat: eine schwarze Box mit Akku, Motor und Gummirad, einige Kabelverbindungen und ein in der Sonne glitzerndes Messingscharnier. Und das soll als Elektroantrieb reichen, um das ganze Klapprad inklusive Fahrer anzuschieben? Kaum vorstellbar. Aber tatsächlich: Als Glier sich auf sein Radl schwingt und den Schalter für den Antrieb betätigt, fährt er ohne zu treten los. In Eigenregie hat sich der Tüftler aus Baldham einen externen Antrieb für sein Fahrrad gebaut. "Ich wollte einfach mal wissen, ob es möglich ist", erklärt der 72-Jährige. Er habe herausfinden wollen, ob es nicht eine günstige Alternative zu den teuren und schweren Elektrorädern gebe.

Seine Konstruktion wiegt etwa 20 Kilo: 14 für das Klapprad und etwa sechs für den Antrieb. Der besteht aus einem auseinandergebauten Kinder-Elektroroller, auch Scooter genannt. Dessen Elektronik war kaputt, doch die brauchte der Baldhamer Tüftler ohnehin nicht. Deshalb hat er alles abgeschraubt, bis nur noch das Antriebsrad mitsamt der Batterie übrig blieb. Dieses hat er mithilfe des Scharniers am Rahmen des Klapprads befestigt. Das Gummirad des Scooters befindet sich nun direkt auf Höhe der Radnabe und berührt den Boden. Den Schalter hat Glier am Lenker befestigt. Betätigt er diesen, dreht sich das Gummirad und schiebt so das große Fahrrad mit an.

Der Akku des ehemaligen Scooters hat 24 Volt Leistung; damit könne er das Klapprad mit etwa 15 Kilometer pro Stunde anstoßen, sagt der Pensionär und Tüftler. "So ein Antrieb könnte etwa bei Unterführungen und leichten Anstiegen unterstützen", erklärt Glier. Sein Ziel war es, ein Hilfsmittel für jene Menschen zu kreieren, die sich bewegen möchten, dabei aber Unterstützung brauchen. Denn für manche sei es auf ebener Strecke durchaus möglich, Rad zu fahren, leichte Anstiege seien ihnen jedoch zu anstrengend. Manche schafften vielleicht auch den Hinweg zum Supermarkt ohne Antrieb, den Rückweg mit vollen Körben dann aber nicht mehr. Für all das bräuchten sie allerdings nicht gleich ein teures Elektrorad anschaffen, sagt Glier.

Für seine Konstruktion, die sich auch leicht ab- und an ein anderes Rad anmontieren lasse, hat Glier ausschließlich ausrangierte Teile benutzt. Den kaputten Roller hat er für gerade einmal 60 Euro erstanden, das Scharnier gehörte einmal zu einer Gartentür, den Rest hat er aus seiner Sammlung im Keller genommen. "Ich werfe nichts weg, was vielleicht noch einen Sinn hat", sagt der 72-Jährige. Schließlich sei er in einer Spar-Generation aufgewachsen. "Und ich war schon immer ein Techniker", fährt der selbsternannte Erfinder fort. Deshalb bastle er ständig an neuen Werkzeugen oder Geräten.

Dabei gehe es ihm jedoch meist nicht darum, diese dann selbst zu benutzen, sagt Glier, der vor seiner Pensionierung als Systementwickler gearbeitet hat. Er leiste sozusagen nur die Denk- und Vorarbeit: "Ich will wissen, wie die Dinge funktionieren."

Immer wieder überlege er sich neue Produkte, die den Menschen das Leben erleichtern könnten. Häufig sind die Erfindungen des Ortsvorsitzenden der Grünen in Vaterstetten auch geeignet, um Energie zu sparen. So zum Beispiel ein Wärmetauscher, der ohne hohen Energieverlust die warme Luft im Haus erneuern könnte. Hat Glier sich ein Produkt in den Kopf gesetzt, dann entwickelt er eine Zeichnung und versucht, einen Prototypen zu bauen. Klappt das, hofft er, dass Hersteller darauf aufmerksam werden und sich an die Produktion machen. Bisher ist das allerdings noch nie gelungen.

Ähnlich lief es auch bei dem Radantrieb. "Das müsste doch auch anders gehen", dachte sich Glier mit Blick auf gängige Elektroräder. Dann hat er sich den Roller beschafft, auseinandergebaut und innerhalb eines Tages montiert. Das Fazit: "Es geht." Ein normales Rad könne relativ einfach mit einem externen Antrieb aufgerüstet und motorisiert werden. Das sei praktisch, so Glier, und noch dazu günstig.

Für den Straßenverkehr ist diese Konstruktion allerdings nicht zugelassen. Günter Glier hat sie bislang nur im eigenen Hof getestet. Die Befestigungen sind weder stark noch sicher genug, und auch Schwierigkeiten wie Schlaglöcher, kleine Hindernisse wie Gehsteigabsätze oder Steine sind noch nicht einkalkuliert. Trotzdem ist der Tüftler zufrieden. Mit seinem Erfindungsgeist habe er gezeigt, was möglich wäre - umsetzen müssten es allerdings andere. Ob der kleine Elektroantrieb also je die Produktreife erlangen wird, ist momentan eher fraglich.

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