Konzertkritik:Zart, sanft, heilsam

Porträtkonzert der Ebersberger Musikschule: Eva Rautenberg, Brita Schirmer und Lorén Rosenbaum laden zu einem Abend mit musikalischen, lyrischen und kulinarischen Häppchen

Von Peter Kees, Ebersberg

Man verließ den kleinen Saal der Musikschule im Klosterbauhof am vergangenen Samstag irgendwie beseelt. Zart, warmherzig, besinnlich war die Stunde, die man gerade erlebt hatte. Die Pianistin und Musikschullehrerin Eva Rautenberg hatte - zum Auftakt einer Reihe von Porträtkonzerten der Ebersberger Musikschule - gemeinsam mit der Geschichtenerzählerin Brita Schirmer und der Gourmet-Reiseköchin Lorén Rosenbaum zu einem Abend mit Improvisation, märchenhaften Geschichten und kulinarischen Köstlichkeiten geladen.

Bereits beim Eintritt wird eine Tasse wohlschmeckender Schokolade gereicht, sodass die Zuhörer sich an ihrem Getränk erwärmen können, bis die drei Damen mit ihrem Programm "Seelenfutter" auf dem Podium beginnen. "Was ist das Ende der Nacht?" Brita Schirmer erzählt die Geschichte eines fragenden Jungen, dem schließlich ein Rabbi antwortet: "Wenn man ins Gesicht eines Menschen blickt und eine Schwester oder einen Bruder erkennt." Sanft, beinahe Gamelan-artig gibt Eva Rautenberg einen musikalischen Kommentar dazu: Mit kleinen Schlegeln bespielt sie nach der Erzählung die Saiten des offenen Flügels. Sie improvisiert fast meditativ. Lorén Rosenbaum geht dabei wie schwebend durchs Publikum und reicht jedem Zuhörer eine kleine Portion krossen Salats, der vorzüglich mundet.

Konzertkritik: Besinnlich: Die musikalischen Einlagen von Pianistin Eva Rautenberg.

Besinnlich: Die musikalischen Einlagen von Pianistin Eva Rautenberg.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Als das Klavier wieder schweigt, erzählt Brita Schirmer - vielleicht ein wenig zu gestenreich - ihre nächste Geschichte: von Rosana, die von ihrem Liebsten einen wunderschönen Rosenstrauch geschenkt bekommt. Ihre Mutter indes goutiert dies nicht und schickt sie in die Küche. Rosana sticht sich an den Blumen - und mischt versehentlich Blut mit in die Soße, ein Liebeselixier. Schließlich verlässt das Mädchen die Mutter und zieht mit ihrem Liebsten fort, in eine "ungewisse, aber freie Zukunft", wie es heißt. Sie möchte nicht so werden wie die Mutter: kalt und bitter. Mit repetitivem Rhythmus und eher modulationsarmer Harmonik setzt das Klavier wieder ein, diesmal bearbeitet Rautenberg die Tasten. Erneut Improvisation, ein wenig an Minimalmusik erinnernd. Die Köchin geht durchs Publikum und reicht "Grünkohl in Flammen."

Gaumenfreuden, Klavierklänge und Geschichten wechseln sich also ab. Schirmer erzählt zum Beispiel auch von einem Fischer, der seinen mageren Fang mit der Schwanenkönigin teilt und deshalb reich beschenkt wird: Der Mann erhält ob seiner Güte die Schwanenkönigin zur Frau - mit der Auflage, immer einen Teil seines Fangs den wilden weißen Vögeln zu opfern. So wird er glücklich und reich. Eines Tages aber lässt der Fischer die Gabe weg. Sein Schicksal wendet sich: Die Schwanenkönigin verlässt ihn und er wird wieder arm. Die gemeinsame Tochter aber führt ihn schließlich in eine ferne Welt jenseits des Ozeans, wo er heute noch zufrieden lebt.

Konzertkritik: Geschichtenerzählerin Brita Schirmer verwöhnte ihr Publikum beim Porträtkonzert der Musikschule in Ebersberg mit lyrischen Leckerbissen.

Geschichtenerzählerin Brita Schirmer verwöhnte ihr Publikum beim Porträtkonzert der Musikschule in Ebersberg mit lyrischen Leckerbissen.

(Foto: Christian Endt)

Der prägende Urstoff dieses Programms ist das lyrische Element, das wie ein Zauber den ganzen Abend über in der Luft hängt. Um Liebe und Frieden geht es; auch in der Erzählung von Rashim Illa, der sich - von einem Märchen inspiriert - eine Frau backen will. Dafür muss er nur monatelang kneten, ehe die große Liebe tatsächlich erscheint. Ein wenig jazzig klingt die dieser Geschichte folgende Musik, zu der Rosenbaum "verrückten Käsekuchen" serviert. Hübsch ist auch die Legende von der Frau, die auf der Suche nach dem ewigen Leben ist, schließlich einen Eremiten trifft, der ihr das Rätsel löst: "Du darfst nie wieder Musik hören, nie wieder jemanden lieben, nicht essen." "Und dann werde ich ewig leben?" "Nein, aber es wird Dir so vorkommen." Kadenz-artig, fast im Rezitativton setzt das Klavier ein: tiefe, lang gezogene Akkordfolgen, darüber im Diskant eine Art Vogelgezwitscher. Erneut ein Häppchen Essen.

Zum Schluss landet das Programm bei einer Kindergeschichte. Eva Rautenberg spielt ein selbst komponiertes, höchst sensibles und im Ton wunderbar getroffenes Schlaflied, Lorén Rosenbaum serviert "Rosengekicher". Um Heilung scheint es den drei Frauen an diesem Abend zu gehen, um das Gesunden der Seele. Kein Wunder: Brita Schirmer ist Körper- und Traumatherapeutin, Lorén Rosenbaum Therapeutin und Heilpraktikerin und Eva Rautenberg hat neben ihrem Beruf als Klavierlehrerin auch mit Heilarbeit zu tun. Was indes fehlte, war Reibung.

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