Konzertkritik:Jazz im Rock

Andi Wildings "Groovetet" in der Grafinger Turmstube

Von Claus Regnault, Grafing

Der Turm bebte unter dem Ansturm elektronisch-lauter Klänge und das brave Grafinger Publikum lauschte zunächst etwas konsterniert über die Zumutung dieses - jedenfalls für Grafing - Neuen dieser Musik, der Musik des eigens aus Wien angereisten Groovetet von Andy Wilding. Es eröffnete in der Triobesetzung aus Wilding, E-Gitarre, Joe Gridl, E-Bass, und Martin Kleibl, Drums, den Jazz im Turm. Das sind drei ausgefuchste Könner, die in sieben von Wilding komponierten Titeln zunehmend den wachsenden Beifall der vollzählig erschienen Zuhörer gewannen.

Aber was war das: Jazz im Rock oder verrockter Jazz, jedenfalls wenig songhaft, eher instrumental gedachte Musik, die sich in ausgedehnten Improvisationen eindrucksvoll entwickelte. Da waren zwei Titel, die im Ohr blieben: Wildings Hommage an seinen verjährten Lehrer, den großen Alten der Gitarre, Karl Ratzer, betitelt "Ratzer, Karl der Große", der seinem Schüler das stilbestimmende Wort mit auf den Weg gegeben hatte, er werde ihm "den Pat Metheney" schon austreiben. Und tatsächlich spielt Wilding einen ganz eigenen, durch "Stop and Go" rhythmisierten Stil. Der andere Titel "Andy 007", für den Wilding zur klassischen Stratocaster-Gitarre eines Jimmy Hendrix griff, die Coverversion eines seiner anderen Vorbilder, des New Yorkers Adam Rodgers, eine durch raffinierte Taktwechsel gekennzeichnete Komposition. Blues kam in Wildings Musik nur in Spurenelementen vor, am ehesten noch in seiner frühen Komposition "Ride the Tiger", in der alle drei Musiker zu fulminanten Improvisationen ausholten.

Darüber hinaus bot der Abend aber noch eine andere Gruppe, das Münchener Tightgeist-Quartett unter Leitung des Trompeters Matthias Lampert mit Tim Birkenbach, Bass, Alex Tischer, Drums, und Sven Becker, Gitarre. Und da feierten die Blueskadenz und Pat Metheny ihre vertraute Wiederkehr. Das war Straight-Funk von vier gleichbegabten Jazzern mit wunderbar ausgesungenen Soli des Gitarristen Becker.

Es war ein toller Abend, nicht nur für die Gitarristen, sondern auch für die Schlagzeuger, die allesamt kundig Bewegung einschlugen, vor allem der großartige Martin Kleibl. Selbst der Bassist Joe Gridl wechselte, gleichermaßen kundig, in der Jam-Session zum Schlagzeug. Und die heimische Gruppe schlug sich in dieser Gesellschaft wacker, unser Joachim Jann sich die Seele aus dem Leib blasend und Frank Haschler mit ungemein und immer besser swingendem Schlagzeug.

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