Konzertkritik:Herrlich winterlich

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Knapp 20 Stimmen zählt der "Neue Chor Anzing", der zum Konzert im Gemeindehaus zumeist kontemplative Vocalmusik beisteuert. (Foto: Christian Endt)

Der "Neue Chor Anzing" ergänzt sein besinnliches Programm um Geigenmusik und Humor

Von Peter Kees, Anzing

Man nehme eine weltbekannte Melodie, mixe sie mit beliebten Klassikern - und heraus kommt ein musikalischer Spaß. So zu hören zum Finale eines Konzertes in Anzing: Unter Leitung von Andrei Artemenko nahm sich der Neue Chor Anzing a cappella Schuberts "Forelle" vor und interpretierte das Kunstlied nicht nur im Original, sondern auch im Stile einiger berühmter Komponisten. Um dies bildlichen darzustellen, zeigte man auf einem Notenständer eine Bildcollage aus Franz Schubert und einer Forelle. Gleich zur ersten Variation tauschte ein Chorist dieses Bild aus: Jetzt war Mozart neben der Forelle zu sehen, dazu sang man also nun "In einem Bächlein helle..." und das Publikum erkannte gleich die berühmte "Kleine Nachtmusik", gemixt mit jener doch so eingängigen Schubertschen Melodie. Das Spiel ging über Beethoven ("Die Himmel rühmen"), Carl Maria von Weber ("Lied der Brautjungfern" und "Jägerchor" aus dem "Freischütz"), Richard Wagner ("Pilgerchor" aus "Tannhäuser" und "Hochzeitchor" aus "Lohengrin"), einen alpenländischem Gesang, eine Variation im Wiener Stil, eine Forella Italiana, eine Wolga-Forelle bis hin zu Franz Liszt mit seinen "Ungarischen Tänzen". Geschrieben, besser arrangiert hat diese Humoreske der steirische Komponist Franz Schöggl (1930 bis 1982).

Doch der Anzinger Abend war kein Faschingskonzert, vielmehr war er mit dem Titel "Winterklänge" überschrieben. Und so begann das Programm denn auch wesentlich kontemplativer, mit einem "Gloria" von Vivaldi nämlich, bei dem der knapp zwanzig Stimmen starke Chor von vier Geigen und Olga Kigel am Klavier begleitet wurde.

Die Geige spielte überhaupt an diesem Abend eine besondere Rolle. Gleich nach dem Chor-Intro nämlich standen gleich fünf Violinisten (Andrei Artemenko, Eva Brummer, Constantin Gersing, Esther Krautner und Christian Schmucker) als Ensemble Camerata auf der Bühne und ließen ein viersätziges Telemann "Concerto" erklingen, gefolgt vom Star des Abends, dem Geiger Andrei Sitnikov - Stimmführer der zweiten Violinen bei den Würth Philharmonikern - mit der ersten "Partita für Violine Solo" von Johann Sebastian Bach. Ein zarter, warmer Geigenton empfing die Zuhörer da. Dass das Publikum hier zu früh applaudierte, war allerdings nicht allein dessen Unerfahrenheit zu verdanken, sondern auch der vehementen Tongebung des Geigers beim Schlussakkord des Satzes. Im zweiten Teil des Konzert stand jener Geiger nochmals als Solist vor dem Publikum, diesmal am Klavier begleitet von Olga Kigel. Eine der bekanntesten und wohl meistgespielten Violinsonaten Mozarts - jene in e-Moll und damit die einzige in einer Moll-Tonart - interpretierten die beiden. Mozart hat dieses zweisätzige Werk möglicherweise zum Tode seiner Mutter komponiert, die ihn nach Paris begleitete und dort 1778 starb, dem Jahr, dem auch die Sonate entstammt. Melancholisch und doch äußerst prägnant ist die Stimmung dieses Stücks, das die beiden Musiker sehr reizend vortrugen.

Nun handelte es sich bei dem Abend aber eigentlich um ein Chorkonzert - und so war der Neue Chor nicht nur mit jenem musikalischen Spaß und dem Vivaldi-Gloria zu hören, sondern durchmischte die Instrumentalmusik mit dem beliebten "Ave verum" von Mozart, begleitet von der Pianistin und der Camerata, sowie a cappella mit einem "Veni Jesu" von Luigi Cherubini. Dem Winter galt das Vorgetragene im Saal des Anzinger Gemeindehauses, der übrigens durch eine sehr angenehme Akustik auffiel, und so war das Programm entsprechend besinnlich, mit Ausnahme jenes humorvollen Ausblicks auf das nahende Frühjahr zum Schluss. Wenn man etwas kritisieren möchte, so vielleicht das zu grelle Neonlicht. Denn das ist weder winterlich, noch frühlingsverkündend.

© SZ vom 26.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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