Konzert:Vielsaitiger Groove

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Die "Roxaiten" beschwören mit ihrer rockig-fetzigen Spielweise den wilden Geist der Unabhängigkeit. (Foto: Christian Endt)

Die "Roxaiten" präsentiert in der Glonner Schrottgalerie Rock mit Geige und Cello

Von Peter Kees, Glonn

Rockmusik in kammermusikalischer Besetzung stand am Freitag auf dem Programm in der Glonner Schrottgalerie. Roxaiten nennt sich die Band mit Klaus Beslmüller (Gitarre, Harp und Gesang), Martin Deubel, Sophia Beslmüller (beide Violine und Gesang), Isabella Jullien (Klavier), Lukasz Kolny (Cello und E-Bass) und Andi Hofmann (Schlagzeug). Ihr Repertoire: Rock aus vergangenen Tagen a la Led Zeppelin, Queen, Deep Purple, Neil Young oder den Rolling Stones. Das Besondere: Neben Gitarre, Klavier und Schlagzeug kommen zwei Geigen und ein Cello zum Einsatz. Geboten war also vielsaitiger Groove.

Leider war die Schrottgalerie nur mäßig besucht. Vielleicht deshalb schien der Anfang etwas uninspiriert. Laut war es zudem, die beiden Geigen und das Cello konnte man kaum hören, das Schlagzeug übertönte alles. Sicher war das auch den räumlichen Gegebenheiten geschuldet, schließlich sitzt man in der Schrottgalerie doch recht familiär beieinander und ein Schlagzeug ist eben dynamisch nicht zu steuern. Jedenfalls dauerte es etwas, bis die Band sich warm gespielt hatte und jenen für Amerika so typischen Flair der 60er, 70er und 80er rüberbrachte, den Geist von Freiheit und Protest.

Spätestens mit einem Song der Stones aber war dann das Eis gebrochen - und so wähnte man sich in jener Zeit der großen Freiheitsgefühle und genoss die Sehnsucht nach Autonomie. Ob mit "Hotel California", einem Song gegen den Ölsandabbau in Kanada und Alaska, oder der Geschichte vom Henker, der trotz mehrmaliger Bestechungsversuche den Delinquenten schließlich hängt, obwohl er Gold und Freundin längst an sich gerissen hatte - unbewegt lassen einen diese Nummern nicht. Und dabei wirkten die Musiker fast ein wenig so, als ob sie selbst jener Zeit entsprungen wären. Regisseur Aki Kaurismäki hätte womöglich sein Vergnügen an ihnen gehabt. Wer weiß, in welchem Film er die Band besetzt hätte. Ihre Leidenschaft für diese Art der Musik jedenfalls wurde im Lauf des Abends immer deutlicher.

Wie es mit den Roxaiten einmal losging, erzählte Klaus Beslmüller aus Grafing, im bürgerlichen Leben Architekt: Man hatte sich formiert, war noch nie auftreten, verhandelte aber schon mit der Schrottgalerie - ohne preis zu geben, dass dies der allererste Auftritt werden sollte. Er wurde es - und so spielen die Roxaiten seit neuen Jahren zusammen und treten auch immer wieder mal in der Schrottgalerie auf.

Das mit der kammermusikalischen Besetzung ist allerdings so eine Sache. Zwei Geigen und ein Cello bilden zwar ein Trio - allerdings spielt die Geige in vielen Rockbands eine Rolle. Und der Cellist der Roxaiten griff nur bei den wenigsten Songs zum Cello, meist nahm er den E-Bass zur Hand. Rechnet man das Klavier der Kammermusik hinzu, so ist auch das nur die halbe Wahrheit, denn auch das Keyboard - und nichts anders spielt Isabella Jullien - ist in fast jeder Band vertreten. Mit einem Kammerkonzert hatte der Abend also nichts zu tun, schon der Sound war dem völlig entgegengesetzt, nicht fein und durchsichtig, sondern eben fetzig-rockig. Die Ansage "Rockmusik aus vergangenen Zeiten auf Instrumenten mit Saiten" stimmte dennoch, auch Gitarren und E-Bässe sind schließlich besaitet.

Gleichwohl, die sechs Musiker haben eine ganz eigne musikalische Sprache gefunden. Als sich einmal sogar Bachklänge in die Rockmusik mischten, ein Ausschnitt aus einem Konzert für zwei Violinen, schien die Ankündigung dann doch für einen Augenblick zu gelten. Allerdings war hier weder die Technik der beiden Geiger, noch ihre Intonation wirklich überzeugend, verhaspelten sie sich doch an einigen Stellen. Dennoch: Der wilde Geist der Unabhängigkeit, der riss Musiker wie Publikum an diesem Abend gleichermaßen mit.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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