Konzert:Swingender Salut

Felix Sapotnik

Schöngeist am Saxofon: Ihren Jubiläumsabend hat die Musikerinitiative Jazz Grafing in die professionellen Hände von Felix Sapotnik gelegt. Er hat extra für den Abend eine hochkarätige Band zusammengestellt.

(Foto: Veranstalter)

Jubiläum am International Jazz Day: Die Grafinger Musikerinitiative feiert mit hochkarätiger Besetzung in der Stadthalle ihr zehnjähriges Bestehen

Von Anja Blum

Grenzüberschreitend Menschen zusammenbringen - das möchte der International Jazz Day, den die Unesco 2011 ins Leben gerufen hat. Seitdem wird er jedes Jahr am 30. Mai zelebriert, auf dem ganzen Globus. So soll diese Kunstform, deren Wurzeln in den Gospels der schwarzen Sklaven auf den Farmen der amerikanischen Südstaaten liegen, gewürdigt werden und vor allem ihre Macht, den Dialog zwischen den Kulturen zu fördern und eine immense Vielfalt des Ausdrucks zu ermöglichen. "Jazz ist eine leidenschaftliche Stimme gegen alle Formen der Unterdrückung und spricht eine Sprache, die für alle Kulturen sinnstiftend ist", sagt Herbie Hancock, Pianist und Unesco-Botschafter.

Sofort unterschreiben würden dies wohl die Musiker der Initiative Jazz Grafing, denn sie spüren die positive Kraft des Jazz seit vielen Jahren, sozusagen am eigenen Leib. Ihr Miteinander als Freizeitmusiker, ihre Kommunikation in Worten und Tönen, sei für jeden einzelnen Ausdruck der persönlichen Freiheit, sagt Sprecher Frank Haschler. "Wir sind ja alle sonst sehr eingebunden, aber hier können wir tun und lassen, was wir wollen." Erst kürzlich habe man einer Ballade mal ein schnelles Tempo verpasst, ein Experiment, über das ein Profi wohl nur den Kopf schütteln könnte. "Aber wir spinnen halt ein bisschen", sagt Drummer Haschler und grinst. Aber auch die Völkerverständigung, die der Jazz ermöglicht, ist den Grafingern schon lange zur Selbstverständlichkeit geworden. Sei es ein Pianist aus Südafrika, ein Sänger aus den USA oder ein russischer Saxofonist: Stets findet man über Harmonien und Rhythmen spielend leicht zusammen. "Die gemeinsamen Sprachen sind Englisch und Jazz - wobei letzteres ein Diskurs ist, der unter die Haut geht", schwärmt Haschler.

Insofern verwundert es kein bisschen, dass sich die Grafinger Initiative heuer zum zweiten Mal am Jazzday beteiligt, und den Anlass diesmal für eine ganz besondere Veranstaltung nutzt: für ein Jubiläumskonzert nämlich, denn die Truppe feiert diesen April ihr zehnjähriges Bestehen. In die Hände des Ausnahmesaxofonisten Felix Sapotnik hat man diesen Abend in der Grafinger Stadthalle gelegt, ihn gebeten, eine Band zusammenzustellen, die solch eines Geburtstagsfestes würdig ist. Der inzwischen im Landkreis heimisch gewordene Österreicher ist ein mit allen Wassern gewaschener Profi, der bereits mit Sonny Stitt, Herb Geller, Sam Rivers oder Mark Murphy spielte.

Dementsprechend vielversprechend klingen die Namen, die Sapotnik für das Grafinger Jubiläum gewinnen konnte: Dem Saxofonisten zur Seite steht zunächst einmal der US-Pianist Bob Degen. Der Mitt-Siebziger, schon lange wichtiger Teil der Frankfurter Szene, ist für Haschler so etwas wie ein Star seiner eigenen Jazzjugend. Begleitet werden Sapotnik und Degen von Peter Bockius am Kontrabass und Guido May am Schlagzeug, alle zusammen sind eine bislang ungehörte Band. "Dieses Quartett wurde eigens für diesen Abend zusammengestellt", sagt Haschler nicht ohne Stolz, zu erwarten sei ein Set aus lauter eigenen Stücken, subtiler, harmonischer Modernjazz. "Sapotnik ist nämlich ein Schöngeist." Doch damit nicht genug: Als weiterer Höhepunkt ist Jenny Evans angekündigt. Die Jazzsängerin aus England, die die Münchner Szene bereits seit 40 Jahren prägt, wird mit der Band im zweiten, populäreren Set Standards präsentieren. Wie die Veranstaltung enden wird, ob es eine Jam-Session geben wird, ist noch offen. "Man weiß schließlich nie, wer alles kommt", orakelt Haschler voller Vorfreude.

Der Abend bietet also ein hochkarätiges internationales Konzert, soll aber auch eine Begegnungsstätte für alle Jazzfreunde, und solche, die es werden wollen, sein. Und wie es sich für ein Jubiläum gehört, wird dabei auch zurückgeblickt auf all das, was sich seit April 2008 in Grafing und Umgebung entwickelt hat. Seitdem nämlich gibt es Jazz Grafing, eine Musikerinitiative ohne Gewinnabsichten, die regelmäßig Jam-Sessions und Konzerte organisiert, sowie alle zwei Jahre ein internationales Jazzfestival. Ihre Mitglieder wurden bereits von mehreren bayerischen Gemeinden und Vereinen eingeladen, um zu erklären, wie ehrenamtliche Kulturarbeit erfolgreich sein kann. Der Kern des Teams besteht derzeit aus fünf Personen, hinzu kommen etliche weitere Freiwillige, die mit anpacken, wann immer es nötig ist.

Zu den Sessions kommen stets etwa 15 Musiker aus dem Landkreis oder auch von weiter her, um nach einer konzertanten Eröffnung spontan miteinander zu improvisieren. In den vergangenen zehn Jahren traten bei 112 Sessions weit mehr als 340 Musiker aus gut 20 Nationen auf. Das Konzept des freien Eintritts und der Gagen auf Spendenbasis funktioniere dabei sehr gut, sagt Haschler - dank eines treuen und wachsenden Kenner-Publikums, das die hochwertigen Acts stets adäquat entlohne. Der überregionale Ruf der Reihe ist mittlerweile derart gut, dass die Veranstalter aus einer Vielzahl von Bewerbungen aussuchen können. Laut Haschler sind bereits alle Termine bis Ende 2019 vergeben. Darüber hinaus organisiert die Initiative immer wieder Konzerte auf Eintrittsbasis, die ebenfalls sehr gut angenommen werden. Das Highlight schlechthin aber ist das Festival EBE-Jazz, dessen Ideengeber und Spiritus Rector die Grafinger 2015 waren. Es war so erfolgreich (mehr als 3 500 Zuhörer, Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung, Teilnahme des Bayrischen Rundfunks, ausgeglichene Bilanz), dass man entschied, das Festival zu einer biennalen Reihe werden zu lassen. An der Fortsetzung 2019 wird mit den bewährten Partnern - dem Alten Kino, den Jazzmusikern Martin Zenker und Josef Ametsbichler sowie der Musikschule - bereits gearbeitet.

Darüber hinaus jedoch will die Initiative nicht weiter wachsen. "Das Pflänzchen hat Wurzeln geschlagen, aber ein Baum soll daraus nicht werden", so Haschler, "ein Bonsai ist uns genug". Denn schon jetzt stecke sehr viel Arbeit hinter all den Aktivitäten, mehr sei ehrenamtlich schlicht nicht zu stemmen. Außerdem stellt man die Qualität über die Quantität: "Es soll einfach alles klein, lokal und gepflegt bleiben." Und das ist auch gut so, denn andernfalls würde die Freiheit des Jazz wohl bald nicht mehr zu spüren sein.

Jubiläumskonzert von Jazz Grafing am Montag, 30. April, um 20 Uhr in der Grafinger Stadthalle. Eintritt 15 Euro, Karten gibt es bei Schreibwaren Braeuer oder im Rathaus, (08092) 703-11, oder per Mail an j.hoiss@grafing.bayern.de, sowie unter www.ticket-regional.de

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