Konzert mit Schlagzeug:Rhythmische Friedensbotschaft

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Adel Shalaby und sein Munich Percussion and String Ensemble haben sich dem Rhythmus und seiner archaischen Kraft verschrieben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Adel Shalabys "Munich Percussion and String Ensemble" spielt im Alten Speicher Musik zwischen Orient und Okzident

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Alles fordern, alles geben! Im Munich Percussion and String Ensemble, das der in Kairo geborene Perkussionist, Dirigent und Pädagoge Adel Shalaby an der Musikhochschule München leitet, ist das Brennen für die holde Kunst kein Strohfeuer und keine Sache des Augenblicks, sondern selbstverständlicher Anspruch, wie Shalaby betont. Erleben kann man die emotionale Energie dieses Orchesters kommenden Samstag, 9. Juni, im Alten Speicher in Ebersberg beim Konzert "Zwischen Orient und Okzident".

Studenten und Mitglieder beider Welten haben sich in einem Raum im Gasteig für eine Demonstration ihrer leidenschaftlichen Hingabe an die Musik versammelt: Marco, der italienische Wurzeln hat, Cristina aus der rumänischen Stadt Oradea, Shutong aus Shanghai und sein chinesischer Landsmann Zitong. Sie stehen für die Internationalität des Orchesters, in dem Studenten aus vielen Ländern spielen. Zu Abendland und Morgenland gesellt sich der Ferne Osten.

Zum Auftakt stoßen die vier einen Schrei aus, so intensiv, dass sämtliche im Raum verteilte Trommel-Felle einschließlich derjenigen in den Ohren vibrieren. Ein Schrei ist ein Gefühlsausdruck, so international wie Lachen und Weinen. Singen, Schreien, Tanzen, all das sei geeignet, aus den Musikern das Beste herauszulocken, sagt Shalaby zur Erläuterung seiner Unterrichtsmethode. "Man hat mehr Erfolg, wenn man mit viel Ausdruck spielt", ergänzt Marco, das hebe auch das Selbstbewusstsein. Aber bis dahin sei es ein langer Weg, fügt er hinzu.

Wie bei keinem anderen Musikinstrument, verwandelt sich beim Trommeln und Schlagen emotionale und physische Energie in Rhythmus und Klang, bisweilen gesteigert zur Raserei. Einst ermöglichten Trommeln die Verständigung über weite Entfernungen. Nachrichten und Warnungen wurden auf diese Weise übermittelt, Liebes- und Kriegserklärungen. Das rhythmische Schlagen dringt durch Mark und Bein, erschüttert die Seele.

Die archaische Kraft der Trommeln demonstrieren Marco und Shutong in einem artistischen Tanz der Schlägel auf Basstrommel, Bongo und Heul-Gong, so der Name eines Klangschalen-Instruments aus China. Auch Pauke, Vibrafon, Marimbafon, die in Ägypten beliebte Handtrommel "Darabuka", "Bendir", eine nordafrikanische Rahmentrommel, Congas und Bongos gehören zur Ausrüstung des Orchesters. Zur melodischen Abrundung all der perkussiven Klangarten und -Künste spielt im Orchester eine Gruppe ausgewählter Streicher der Hochschule mit. Die Mehrzahl der Stücke wird eigens für diese ungewöhnliche Besetzung arrangiert. Dass man auch ein für Gitarre und Orchester geschaffenes Werk wie das "Concierto de Aranjuez" von Joaquin Rodrigo hinreißend auf dem Vibrafon aufführen kann, demonstriert Cristina bei einer kurzen Kostprobe.

Im Alter von sechs Jahren entdeckte Adel Shalaby seine Leidenschaft für Schlagzeug und Perkussion. Zum Missfallen des Vaters studierte er Musik, erst in Kairo, später in Deutschland. An der Münchner Musikhochschule machte der heute 65-Jährige 1986 sein Meisterklassen-Diplom, zwei Jahre später gründete er das Orchester. Seit 16 Jahren lebt er in Zorneding. Vor sechs Jahren entstand die Idee des aktuellen Programms "zwischen Orient und Okzident". Das Orchester spielt beim Stadtgründungsfest in München, es gastiert an den Opernhäusern in Muscat im Oman und Kairo, in China und Abu Dhabi. Zum Konzert in Ebersberg werden weitere acht Musiker aus Ägypten erwartet.

Adel Shalaby und sein Orchester bauen Brücken zwischen Musikstilen und -traditionen in Ost und West. "Die Leute in meiner Heimat lieben Musik, die bewegt und das Herz berührt", erzählt Shalaby. Die arabische Musik mit ihren Vierteltönen und ungeraden Takten, ihren funkelnden Melodien schlägt auch abendländische Zuhörer in Bann, fördert die Lust an der Bewegung. Doch längst schon wird beispielsweise auch Carl Orffs Musik, werden etwa die Carmina burana, in Kairo mit großem Erfolg aufgeführt. "Orffs Musik kommt dort gut an, weil sie sehr energetisch ist", sagt Shalaby.

Für die jungen Musiker sind die Kontakte zu Menschen anderer Nationen eine Bereicherung fürs ganze Leben. Marco zum Beispiel gefällt es, in Länder zu reisen, "die man nur aus den Nachrichten kennt". Der interkulturelle Dialog, der übers Musizieren in Gang komme, sei meist von Dauer. "Die Kollegen aus anderen Nationen machen uns mit ihrer Musik bekannt, zeigen uns, wie man ihre Instrumente spielt, so lernen wir ihre Mentalität besser kennen", schwärmt er. Und Shutong sagt, die junge weltoffene Musiker-Generation in China schätze vor allem die neue Musik.

Wo immer auf der Welt das Orchester auftritt, erntet es überschwängliche Reaktionen. "Wir erzielen eine starke Wirkung auf Menschen, die den Frieden lieben", sagt Adel Shalaby und neigt nachdenklich den Kopf. "Die anderen, die mit den negativen Vorurteilen, die kommen erst gar nicht zu unseren Konzerten, aber die vermissen wir auch nicht."

Als Sonderkonzert des Kulturvereins Zorneding-Baldham spielt das "Münchner Percussion und String Ensemble" am Samstag, 9. Juni, 19 Uhr, im Alten Speicher in Ebersberg. Motto des Konzerts: "Zwischen Orient und Okzident". Auf dem Programm stehen Werke unter anderem von Omar Khainat, Alexej Gerassimez, Emmanuel Séjourné und anderen. Karten für 25, ermäßigt 15 Euro, gibt es bei Heide Schneider, Telefon 08106 221 54 und heide-schneider@casa-di-heide.de

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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