Konzert:Ein Fest, das alle Sinne gefangen nimmt

Storioni-Trio im Martinstadl Zorneding

Ergreifende Poesie hörbar macht das „Storioni Trio“ beim Kulturverein Zorneding-Baldham mit Schönbergs „Verklärter Nacht“.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das "Storioni Trio" glänzt im Zornedinger Martinstadl mit Schönberg und Schubert

Von Rita Baedeker, Zorneding

Dass Kammermusikabende weder hochtrabend noch bierernst sein müssen, hat am Sonntag einmal mehr das niederländische Storioni Trio bewiesen: drei Weltklassemusiker, die mit Werken von Franz Schubert und Arnold Schönberg die Saison des Kulturvereins Zorneding-Baldham im Martinstadl eröffneten.

Um das Eis zu brechen, berichtet Oliver Triendl, künstlerischer Leiter der Reihe, dass die Gäste den Konzerttermin nicht zuletzt wegen seiner in Musikerkreisen bekannten und offenbar beliebten Kochkünste gewählt hätten. Zum zweiten möglichen Termin, so Triendl, wäre er leider verhindert gewesen, das Dinner also ausgefallen. Und Geiger Wouter Vossen begrüßt das Publikum im nicht voll besetzten Saal mit einer Prise Ironie: Schönberg hat seine Komposition "Verklärte Nacht" als Streichsextett geschrieben, in Zorneding kommt die von seinem Schüler Eduard Steuermann gesetzte Fassung für Klavier-Trio zur Aufführung. Eine Sparversion, wie gemacht für die Niederlande mit ihrem kleinen Kulturbudget, ulkt Vossen.

Wer sich nun immer noch vor Schönberg fürchtet, kann gleich nach Schuberts teils schwerelosem, teils leidenschaftlichem "Notturno" bei einem spätromantischen Jugendwerk des Zwölf-Ton-Schöpfers entspannen und dabei einer komplexen Klangsprache nachspüren, die stilistisch an Brahms und Wagner erinnert. Als direkte Inspirationsquelle allerdings diente Poesie: Die "Verklärte Nacht" entstand nach einem Gedicht von Richard Dehmel und beschreibt ein Gespräch zwischen Liebenden: Die Frau gesteht, von einem anderen Mann schwanger zu sein.

Nach einigen Pianoakkorden des durchweg souverän gestaltenden Bart van de Roer erzeugen Geige und Cello (Marc Vossen) zu den ersten Zeilen des Gedichts ein sphärisches Klanggewebe. "Zwei Menschen gehn durch kahlen, kalten Hain . . ." Flageoletts, von Läufen untermalt, künden vom Zauber des Mondlichts. Die einzelnen Themen verzweigen und verwandeln sich, werden zum Echo, steigern einander. Der folgende Dialog wird illustriert von dominanten Cellopassagen, zarten Repliken der Geige, von emotionalen Brüchen, wechselnden Tempi.

Nach dem Geständnis der Frau die überraschende Reaktion des Mannes: "Das Kind, das du empfangen hast, sei deiner Seele keine Last, o sieh, wie klar das Weltall schimmert! (. . .) Zwei Menschen gehn durch hohe, helle Nacht" heißt es schließlich. Aufsteigende Pianoläufe, eine jubilierende Geige und ein strahlendes Cello untermalen die vorbehaltlose Liebe des Mannes, der die Frau von Schuldgefühlen erlöst. Das Storioni Trio macht aus der Komposition ein Fest, das alle Sinne gefangen nimmt. Das Ende verhaucht wie ein langes seliges Ausatmen.

Mit einem Meisterstück der Kammermusik, dem viersätzigen Klavier-Trio in B-Dur von Schubert, endet der Abend. Dieses Stück ist ein Werk voll kreisender Melodik, ausufernder Motive und kanonischen Wiederholung. Das Cello präsentiert ein Thema, die Violine greift es auf, das Klavier spinnt die Idee weiter. Auch die Wiener Tanzmusik mit ihrem pfiffigen Charme hat Schubert hier verarbeitet. Die klare Struktur der Sätze suggeriert Leichtigkeit; die jedoch wird immer wieder von lyrischen und dramatischen Themen, die ins Mark gehen, durchbrochen. Das Trio unterwirft sich ganz dieser Spannung, dem tänzerischen Gestus wie der Leidenschaft, es akzentuiert, druckvoll, farbenreich, doch immer ohne Pathos. Die Instrumente entfalten in den Händen dieser feinnervigen Musiker ihre ganze Klangfülle.

Die Zugabe, zwei Stücke aus den Klaviertrio-Variationen von Beethoven, erinnern daran, wie sehr Schubert Beethoven bewundert hat - so sehr, dass er sich einer Legende nach, wie Vossen erzählt, in dem Musikladen, in den Beethoven zu gehen pflegte, versteckte, ohne es je zu wagen, den Meister anzusprechen. Großer Applaus für einen großen Abend, der dann aber doch irgendwann enden muss: Oliver Triendls Kochkünste warten.

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