Kompromisslösung:Jetzt wird zweigleisig gefahren

Vaterstettens Gemeinderat bestätigt die Parsdorfer Umgehungsstraße, gleichzeitig wird der Bürgermeister ermächtigt, andere Trassen prüfen zu lassen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Nach einem Eklat im Gemeinderat, wochenlangem öffentlichen Streit und zwei Gemeinderatssitzungen steht nun fest: Alles bleibt, wie es ist. Die Großgemeinde führt das Planfeststellungsverfahren für die Umfahrung von Weißenfeld und Parsdorf fort. Allenfalls gibt es eine kleine Ergänzung dazu, Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) wird vom Gemeinderat ausdrücklich ermächtigt, eine andere Streckenführung prüfen zu lassen.

Kompromisslösung: Der Verkehr in Weißenfeld soll weniger werden, darin sind sich in Vaterstetten alle einig. Doch um die Frage, wo die Autos stattdessen fahren sollen, wird seit Jahren gestritten, nun lässt der Bürgermeister eine weitere Variante prüfen.

Der Verkehr in Weißenfeld soll weniger werden, darin sind sich in Vaterstetten alle einig. Doch um die Frage, wo die Autos stattdessen fahren sollen, wird seit Jahren gestritten, nun lässt der Bürgermeister eine weitere Variante prüfen.

(Foto: Christian Endt)

Der Tagesordnungspunkt begann mit einer höflichen Untertreibung des Bürgermeisters: "Es gibt im Moment Diskussionen und unterschiedliche Bewertungen darüber, wie groß eine Umfahrung sein muss, wie intensiv sie in die Landschaft eingreifen darf." Denn was sich nach einem höflichen Meinungsaustausch anhört, begann vor drei Wochen auf der Januarsitzung des Gremiums mit einem Knall. Reitsberger erklärte, er sehe die - von ihm stets kritisierte - Trasse für die Ortsumfahrung als überholt an und werde darum eine andere Streckenführung prüfen lassen. Bis dieses Ergebnis vorliege, solle die Verwaltung das laufende Planfeststellungsverfahren nicht weiter bearbeiten und auch keine Grundstücksverhandlungen führen.

Dies - und die Tatsache, dass Reitsberger darüber nur unter "Bekanntgaben" informierte - hatten zu großer Verärgerung im Gremium geführt. Besonders bei SPD und CSU, welche die von Reitsberger abgelehnte Trasse favorisieren. Einige Tage nach der Sitzung hielt der Bürgermeister daher eine Stellungnahme für nötig: Er werde lediglich eine möglicherweise bessere Option prüfen lassen, aber selbstverständlich nichts tun, was das aktuelle Verfahren stoppe oder verzögere. Dieses Ziel hatten sich da indes schon andere gesetzt: Zwei Wochen nach Reitsbergers Bekanntgabe kündigten die Grünen-Ortsvorsitzenden Günter Glier und Monika Kalberlah sowie Hanns Burghard von der Vaterstettener Ortsgruppe des Bundes Naturschutz ein Bürgerbegehren gegen die geplante Umfahrung an, sollte der Gemeinderat an dieser festhalten.

Kompromisslösung: Grünen-Ortsvorsitzender Günter Glier macht derzeit gegen die weiträumige Umfahrung von Weißenfeld und Parsdorf mobil.

Grünen-Ortsvorsitzender Günter Glier macht derzeit gegen die weiträumige Umfahrung von Weißenfeld und Parsdorf mobil.

(Foto: Christian Endt)

Was das Gremium am Donnerstag mit großer Mehrheit getan hat. Zwar stellten die Grünen den Antrag, das Planfeststellungsverfahren sofort einzustellen, dafür stimmten neben ihrer eigenen Fraktion aber lediglich die beiden AfD-Gemeinderäte. Mit großer Mehrheit bestätigte das Gremium seinen Beschluss, die Planfeststellung fortzuführen und außerdem die Brücke über die A 94 für rund 60 000 Euro so umplanen zu lassen, dass sie der möglicherweise in einigen Jahren zehnspurigen Autobahn genügt.

Diese Umbaupläne am Autobahnkreuz waren der Anlass, dass sich Reitsberger und die Freien Wähler für eine neue Trasse ausgesprochen hatten. Darum verweigerte die FW-Fraktion auch ihre Zustimmung zur Brückenplanung. Es sei zwar "vernünftig, das Verfahren weiterlaufen zu lassen", so FW-Gemeinderat Herbert Uhl, nicht jedoch, Geld "für die Planung einer Brücke auszugeben, die vielleicht nie kommt".

Dass die Brücke und die damit verbundene weiträumige Umfahrung kommt - und kommen muss - davon zeigten sich die Fraktionschefs von SPD und CSU überzeugt. Zunächst einmal, so Sepp Mittermeier (SPD) sei er froh, dass der Bürgermeister nach seiner ersten "180-Grad-Wende" in der vergangenen Sitzung inzwischen eine weitere gemacht habe und das Verfahren ausdrücklich nicht blockieren wolle. Er bezweifelte auch, dass die von Reitsberger vorgeschlagene Strecke südlich von Weißenfeld und entlang der Autobahnen günstiger und flächensparender sei als die beschlossene Trasse. Zwar kostet diese 22 Millionen Euro und erfordert etwa sieben Hektar Grund, allerdings sei der Landverbrauch der "Bürgermeister-Variante" kaum geringer, zumindest wenn man die Strecken einrechnet, die nicht auf Vaterstettener Flur liegen - und Anschlussstrecken voraussetzt, die noch gar nicht gebaut sind. Auch funktioniere die neue Trasse nur nach einem Ausbau des Autobahnkreuzes, von dem niemand wisse, wann und wie er kommt.

Zu den Kosten verwies Mittermeier wie sein Fraktionssprecherkollege von der CSU, Michael Niebler, auf den mit dem Investor des Parsdorfer Gewerbegebietes vereinbarten Zuschuss von 4,5 Millionen Euro - wenn der nördliche Abschnitt der Straße bis 2023 fertig ist. "Wenn das nicht kommt, prophezeie ich das Ende des Projekts für die nächsten 50 Jahre", so Niebler. Dass nun eine weitere Variante geprüft werden soll, fand unter den veränderten Vorzeichen aber Zuspruch von Befürwortern der weiträumigen Umfahrung: "Man kann doch das eine tun, ohne das andere zu lassen", sagte Renate Will (FDP), "es soll ja gründlich geplant werden." Er sehe durch die neue Prüfung auch "keinen Widerspruch zum Beschluss", so Niebler, aber am Schluss - nach 30 Jahren und 1,3 Millionen Euro, die in die Planung bereits investiert wurden - "müssen wir vorankommen". Was bedeutet, die Ziele der Planung - eine gleichmäßige Entlastung der Ortschaften Weißenfeld, Parsdorf und Hergolding - müssten erreicht werden, durch welche Trasse auch immer.

Dazu, ob auch die Vaterstettener selbst auf die Planung Einfluss nehmen könnten, hat die Verwaltung eine eindeutige Position: Laut Bauamtsleiterin Brigitte Littke sei ein Bürgerbegehren zu dem Thema unzulässig. Zwar muss diese Einschätzung die Rechtsaufsicht im Landratsamt treffen - im Vaterstettener Rathaus ist man aber der Meinung, dass dadurch, das die Straße letztlich dem Landkreis übergeben werden soll und es bereits eine entsprechende Vereinbarung gibt, der Straßenbau eine Landkreisangelegenheit sei, über die nicht die Bürger einer einzelnen Gemeinde befinden dürften. Der Initiator des Bürgerbegehrens sieht dies erwartungsgemäß anders: Er habe bereits seinen Briefkasten für die Unterschriften aufgehängt und bereite den Online-Auftritt seiner Initiative vor. "Wir machen jetzt so lange weiter, bis uns jemand sagt, es geht nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: