Kommentar:Zeit zur Einsicht

Nach den rassistisch motivierten Drohungen gegen den Zornedinger Pfarrer sollte sich die CSU nicht weiter wegducken. Denn auch wenn sie bestimmt nicht Urheber der Drohungen ist, so trägt sie doch Mitverantwortung

Von Carolin Fries

Selbstverständlich sieht die CSU keinen Zusammenhang. Mit den rassistisch motivierten Morddrohungen an den Pfarrer will man nichts zu tun haben. Doch damit machen es sich die Christsozialen zu leicht. Die Bezirksvorsitzende Ilse Aigner behauptet sogar, wer irgendeine Verbindung "unterstelle", sei böswillig. Doch es ist nicht böse, eine Verbindung zu sehen und zu benennen, die es nun einmal gibt. Drei Jahre lang hat der Pfarrer aus dem Kongo in Zorneding leben können, ohne rassistische Anfeindungen erleben zu müssen. Erst als die frühere CSU-Ortsvorsitzende gehetzt und ihr damaliger Vize beleidigt hatten, bekam er anonyme Post und wurde massiv bedroht.

Dass es wochenlang gedauert hat, bis die Parteioberen im Landkreis Sylvia Boher zum Rücktritt aufgefordert haben, ja ihre Äußerungen zunächst als "freie Meinungsäußerung" eingeordnet haben, hat das Seine dazugetan. Die Botschaft, die beim Bürger ankam, war: Hier in Zorneding darf man das. Da half auch alles inhaltliche Distanzieren nichts. Warum artikulierte niemand seine Meinung, dass man es nicht für richtig hält, dass Boher weiter im Namen der CSU Politik macht? Stattdessen schaute man weg, sah nicht, wie sich die Fraktionen im Zornedinger Gemeinderat verzweifelt zu wehren versuchten und eine Zusammenarbeit mit der CSU infrage stellten. "Für uns bleibt alles wie immer", bedauerte ein Gemeinderat der Freien Wähler. Eine Aussage, die sich auf den ganzen Ort hätte beziehen können.

Kaum einer brachte klare Worte über die Lippen in Zeiten, die klare Worte und Taten erfordern. Viel zu zaghaft reagierte man in der CSU auf Hass-Kommentare in Internetforen und Zeichen der Unterstützung. Die zahlreichen Aufforderungen, doch endlich klar Stellung zu beziehen, kehrte man unter den Tisch. Politisch setzte man in Zorneding sogar noch eins drauf: Man erteilte dem Helferkreis Asyl bei der Bürgerversammlung ein Redeverbot, lehnte die Integration unterstützende Wlan-Hotspots ab.

Niemand unterstellt der CSU, den Pfarrer bedroht zu haben. Das wäre tatsächlich böswillig. Doch was vorgefallen ist, muss beim Namen genannt werden dürfen. Wegschauen ist keine Lösung. Das gilt insbesondere für die CSU. Sylvia Boher entschuldigte sich damals im Gemeinderat mit den Worten: "Fehler passieren, es ist wichtig, dass man sie einsieht." Es wäre nun an der Zeit.

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